Nur wenige Vorgänge, mit denen sich Bischof Bertram Meier beschäftigt sind, hat sie nicht gelesen. Als Amtsleiterin hat Schwester Anna Schenck ständig die Hand direkt am Puls der Diözese Augsburg. In aller Diskretion lotst die 44-Jährige die Anliegen dann an die richtigen Adressaten –und sondiert die Themen, die jetzt dran sind und ein richtungsweisendes Wort des Bischofs verlangen. Seit einem halben Jahr hält die Ordensfrau aus der Congregatio Jesu (früher Maria Ward Schwestern) die Fäden im Augsburger Bischofshaus in der Hand.
Amtsleiterin des Augsburger Bischofs: Auf Anna Schenck vertraut Bertram Meier
Meier hat sie gezielt in die neue Aufgabe berufen, um der Stelle mehr Gewicht und Profil zu geben. Was früher Sekretariat war, ist nun eine Schaltzentrale – unter Leitung einer Frau. Beides hebt Schwester Anna Schenck, die damit nach langer Abwesenheit wieder in ihre Heimatstadt Augsburg zurückgekehrt ist, in der katholischen Kirche heraus.
Während Bischof Meier kontaktfreudig hinausgeht ins Bistum, „ist mein erster Platz hier am Schreibtisch“, sagt sie über ihr Zimmer in dem historischen Domherrnhaus am Hohen Weg. Schwester Anna ist dort stets erreichbar und ansprechbar. Ihre Telefonnummer ist öffentlich. „Gut brauchen kann ich jetzt, dass ich gelernt habe, mich zu vernetzen, Netzwerke aufzubauen und auch vernetzt zu denken“, erklärt die managementerfahrene Ordensfrau. Sie versteht sich als „der erweiterte Wahrnehmungsraum des Bischofs“. Besonders bei Querschnittsthemen möchte sie die verschiedenen Beteiligten im Blick behalten – und im Prozess mitnehmen. Es geht ihr nicht nur ums Organisatorische, sondern immer auch um das Inhaltliche.
Bertram Meier - der Bischof von Augsburg
Geboren wurde Bertram Meier am 20. Juli 1960 in Buchloe und wuchs in Kaufering (Landkreis Landsberg) auf. Sein evangelischer Vater weckte in ihm das Verständnis für ökumenische Fragestellungen.
Studiert hat Meier Philosophie und katholische Theologie ab 1978 zuerst an der Universität Augsburg und ab 1980 an der Päpstlichen Universität Gregoriana in Rom. Er wohnte im traditionsreichen Collegium Germanicum.
Geweiht zum Priester wurde Meier am 10. Oktober 1985 in Rom.
Die Doktorarbeit über den bayerischen Kirchenvater Johann Michael Sailer (1751–1832) entstand von 1986 bis 1989.
Kaplan war Meier 1989 in Neu-Ulm und 1991 in Neuburg an der Donau.
Päpstliche Diplomatenakademie Für eineinhalb Jahre war Bertram Meier 1990/91 von der Diözese für die Weiterbildung an der Päpstlichen Diplomatenakademie in Rom abgeordnet.
Dekanatsjugendseelsorger Ein Jahr war Meier 1991/92 Jugendseelsorger im Dekanat Neuburg an der Donau.
Stadtpfarrer war er von 1992 bis 1996 in Neu-Ulm (dort auch Dekan und Regionaldekan).
Vatikanisches Staatssekretariat Als Leiter der deutschsprachigen Abteilung des vatikanischen Staatssekretariats wurde er 1996 bis 2002 vom Heimatbistum freigestellt.
Domkapitular in Augsburg wurde er bereits 2000, er leitete die Referate Ökumene, Weltkirche und Ordensgemeinschaft und wurde 2012 stellvertretender Generalvikar und 2014 Hauptabteilungsleiter Seelsorge.
Bischof Papst Franziskus ernannte ihn am 29. Januar 2020 zum Bischof von Augsburg.
Früher bei McKinsey und im Libanon - jetzt sitzt Anna Schenck bei Augsburgs Bischof Bertram
Reichlich Professionalität bringt sie mit: „Ich habe schon in verschiedenen Bereichen gearbeitet, mein Schwerpunkt lag dabei meistens darin, Projekte zu managen, zu organisieren und zu strukturieren.“ Bevor sie 2010 in den Orden eintrat, war Anna Schenck Unternehmensberaterin bei McKinsey, gehörte zum Führungsstab des Kölner Weltjugendtags 2005, war im Krankenhausmanagement tätig und Sprecherin für Altenhilfe und Pflege der Caritas in Niedersachsen.
Nicht zuletzt, kurz vor ihren ewigen Gelübden, die sie im Juli ablegte, im Einsatz für den Jesuitenflüchtlingsdienst im Libanon. All das hat ihren Sinn für Menschlichkeit geschärft: „Persönlich ist es mir ein Anliegen, den Einsatz für die Armen, Ausgegrenzten und am Rande Stehenden bei allen kirchlichen Themen im Blick zu behalten.“
Es brandet ja „die ganze Bandbreite“ beim Bischof an – von Akten aus Nuntiatur und Bischofskonferenz bis zum ergreifenden persönlichen Brief. Vieles kann man routiniert juristisch bearbeiten. „Aber manchmal sieht man den Menschen und seine Not; das muss man ganz anders behandeln“, sagt die Amtsleiterin. Es gilt, die Dinge zu strukturieren, damit sie der Bischof schon vorbereitet auf den Tisch bekommt. Ihre Dienstzimmer liegen unmittelbar beieinander und die Verständigung geschieht auf kurzem Wege.
Frau in einer Männerwelt: Amtsleiterin Anna Schenck ist gut vernetzt
Schwester Anna Schenck ist es gewohnt, als Frau in einer Männerwelt zu agieren. Oft sei sie die einzige Frau im Team gewesen. Und dies „verändert die Atmosphäre“. Frauen pflegen eine andere Kommunikation, markig-männliche Formulierungen verstummen. Bischof Meier will erklärtermaßen das weibliche Element in seiner Diözese stärken. Darum hat er Schwester Anna und die Leiterin des Seelsorgeamts, Angelika Maucher, sogar in den Priesterrat als Ständige Gäste berufen.
Das sieht die Amtsleiterin des Bischofs zunächst nüchtern als eine gute Vernetzung. Aber natürlich bringt sie sich auch als Ordensfrau mit einer bestimmten Geisteshaltung ein. Mary Ward sandte die „Englischen Fräulein“ mitten unter die Menschen. Sie leben die Spiritualität des Jesuiten-Gründers Ignatius von Loyola, die darauf ausgerichtet ist, die Realität zunächst wahrzunehmen, wie sie ist, und darin dann Gott zu suchen und zu finden. „Das wird mir sicherlich sehr helfen – neben dem Vertrauen darauf, dass es letztlich Gott ist, der uns führt und wir nicht alles selbst tun müssen“, sagt Schwester Anna.
Lesen Sie dazu auch:
- Adventskalender - 9. Dezember: Bischof Bertram Meier rät zum Briefe schreiben
- Bischof Meier verurteilt religiöse Symbole bei Corona-Protesten
- Bischof Bertram Meier: "Gott will, dass die Kirche menschlicher wird"
Wir wollen wissen, was Sie denken: Die Augsburger Allgemeine arbeitet daher mit dem Meinungsforschungsinstitut Civey zusammen. Was es mit den repräsentativen Umfragen auf sich hat und warum Sie sich registrieren sollten, lesen Sie hier.