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Ärztemangel auf dem Land: Was tun gegen die Probleme?
![Wenn der Landarzt schließt, bleiben viele Patienten unversorgt. Wenn der Landarzt schließt, bleiben viele Patienten unversorgt.](https://www.augsburger-allgemeine.de/resources/1715673836705-1/ver1-0/img/placeholder/16x9.png)
Mit der Landarztprämie will Bayern Medizinerinnen und Mediziner dazu bringen, sich auf dem Land niederzulassen. Denn dort fehlen vor allem Haus- und Kinderärzte. Gelingt das?
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46 Millionen Euro hat die Bayerische Staatsregierung in den vergangenen zehn Jahren ausgegeben, um Ärztinnen und Ärzte aufs Land zu locken. Mit dieser Summe hat der Freistaat einerseits ein Stipendium für Studierende der Medizin finanziert. Es geht an jene, die sich verpflichten, später auf dem Land zu arbeiten. Zum anderen gibt es seit etwas über zehn Jahren die Landarztprämie. Sie fließt etwa an Hausärzte, Kinderärztinnen, Gynäkologen oder Hautärztinnen, die sich in einem Ort niederlassen, in dem höchstens 20.000 Menschen leben. Nur: Ist die Rechnung aufgegangen?
1037 Mal wurde die Förderung ausbezahlt, die bis zu 60.000 Euro betragen kann. Der bayerische Gesundheitsminister Klaus Holetschek sagt: "Wir haben schon frühzeitig erkannt, dass die medizinische Versorgung insbesondere auf dem Land weiter gestärkt werden muss. In kleineren Gemeinden wird es immer schwerer, Nachfolger für frei werdende Praxen zu finden. Deshalb setzen wir auf gezielte Fördermaßnahmen."
Robert-Bosch-Stiftung warnt: Hausarzt-Versorgung bis 2035 gefährdet
Die Robert-Bosch-Stiftung teilt die Sorge des Gesundheitsministers. In einem Bericht kommt sie zu dem Schluss, dass die hausärztliche Versorgung vor allem auf dem Land bis zum Jahr 2035 "immer stärker gefährdet" sein wird. Und Holetschek ergänzt, schon jetzt seien in Bayern 440 Hausarzt- und 125 Facharztstellen unbesetzt. Als Gründe dafür listet die Bosch-Stiftung auf, dass sich weniger Studierende entschließen, Hausärztinnen oder Hausärzte zu werden. Dazu kommt, dass jene, die in einer Praxis arbeiten möchten, lieber angestellt sind, als eine eigene Praxis zu leiten. Die Folge: Das Durchschnittsalter der Hausärztinnen und Hausärzte steigt und der Anteil derjenigen, die arbeiten, obwohl sie 65 Jahre oder älter sind, hat sich zwischen 2009 und 2020 fast verdoppelt.
Auch Kinder sind betroffen. Denn bei den Kinder- und Jugendärzten ist die Situation nicht besser. Im Schnitt sind niedergelassene Kinderärzte in Bayern 52,6 Jahre alt – etwas mehr als ein Viertel ist älter als 60. In der Region liegt der Altersschnitt mit 52,9 Jahren etwas höher. 28 Prozent der Ärztinnen und Ärzte sind älter als 60 Jahre. Jünger als 45 Jahren sind dagegen nur knapp 19 Prozent.
Medizinermangel auf dem Land: Kinderärzte weisen Neu-Patienten ab
Eine Lücke ist also absehbar, denn frei werdende Kinderarzt-Praxen sind schwer zu besetzen. Dazu kommt: Schon jetzt klagen Kinderärzte über Überlastung. So berichtet etwa Anke Steuerer, Kinderärztin in Augsburg und Vorstandsmitglied des Bayerischen Kinderärzteverbandes, dass in einigen Praxen in der Region ein Aufnahmestopp herrsche. Die Ärzteschaft sorgt sich, ihre bestehenden Patientinnen und Patienten nicht mehr angemessen versorgen zu können, kämen neue hinzu.
Warum ihnen so wenig Zeit bleibt? Zum einen sind die Geburtenzahlen gestiegen, sodass es mehr Kinder gibt. Dazu hat die Anzahl der Untersuchungen pro Kind zugenommen. Was die Ärzte jedoch am meisten beschäftigt: Etwa ein Drittel ihrer Arbeitszeit verbringen sie gar nicht mehr mit der Betreuung von Kranken, schätzt Steuerer. Stattdessen erledigen sie etwa bürokratische Dinge, stellen Atteste aus oder suchen Personal.
Lösungsansätze gibt es durchaus. Und die Zahlen zeigen, dass die Landarztprämie über die Jahre immer mehr Zuspruch fand: Wurden zur Einführung 2012 noch 73 Förderungen vergeben, waren es zehn Jahre später schon 173 Anträge. Holetschek sagt dazu: "Das Förderprogramm ist beliebt und zeigt Wirkung." Zudem wurde die Facharztausbildung der Kinderärzte reformiert. Der medizinische Nachwuchs verbringt nun einen Teil seiner Zeit in einer Praxis. Ärzteverbände schlagen zudem vor, mehr Studienplätze zu schaffen und den Numerus Clausus zu erhöhen. "Bis ein Arzt in der Praxis ankommt, dauert das ab dem Abitur mindestens 12 Jahre", sagt Steuerer. Wer die drohende Lücke schließen will, muss also jetzt damit anfangen.
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