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Katholische Kirche: Kirchenreformen: Ist der Synodale Weg jetzt tot?

Katholische Kirche

Kirchenreformen: Ist der Synodale Weg jetzt tot?

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    Der Augsburger Bischof Bertram Meier ist einer der bayerischen Bischöfe, die den Vatikan um die Klärung ihrer Fragen zum "Synodalen Ausschuss" baten.
    Der Augsburger Bischof Bertram Meier ist einer der bayerischen Bischöfe, die den Vatikan um die Klärung ihrer Fragen zum "Synodalen Ausschuss" baten. Foto: Nicolas Armer, dpa (Archivbild)

    Nach einer erneuten Intervention aus dem Vatikan steht der innerkirchliche Reformprozess "Synodaler Weg" zwischen den deutschen katholischen Bischöfen und engagierten Laien mehr denn je vor dem Scheitern. Er war ins Leben gerufen worden, um den systemischen Ursachen der Missbrauchsfälle in Reihen der Kirche wie Klerikalismus etwas entgegenzusetzen. Nun hat ein Kernvorhaben des Synodalen Wegs, der sogenannte Synodale Rat, keine oder eine ungewisse Zukunft.

    Das neue Gremium aus Bischöfen und Laien sollte ein "Beratungs- und Beschlussorgan" sein, das die Reform-Beschlüsse des Synodalen Wegs verstetigen sollte – etwa durch „Grundsatzentscheidungen von überdiözesaner Bedeutung“. Die Intervention wurde kurz vor der fünften und abschließenden Synodalversammlung in Frankfurt am Main bekannt, die für Anfang März terminiert ist. Zur aktuellen Entwicklung haben maßgeblich fünf Bischöfe beigetragen: mit Bertram Meier (Augsburg), Gregor Maria Hanke (Eichstätt), Rudolf Voderholzer (Regensburg) und Stefan Oster (Passau) vier bayerische. Sowie der Kölner Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki.

    Die Landsbergerin Viola Kohlberger engagiert sich beim innerkirchlichen Reformprozess "Synodaler Weg".
    Die Landsbergerin Viola Kohlberger engagiert sich beim innerkirchlichen Reformprozess "Synodaler Weg". Foto: Robert Kiderle (Archivbild)

    Fünf Bischöfe haben nach Rom geschrieben – und die Antwort fällt unmissverständlich aus

    Die Gruppe aus überwiegend katholisch-konservativen Geistlichen hatte vor Weihnachten in einem Brief angefragt, ob man als Bischof am Vorbereitungsgremium des Synodalen Rates – dem „Synodalen Ausschuss“ – teilnehmen müsste, weil die vierte Synodalversammlung dies so beschlossen habe, beziehungsweise ob man dies überhaupt dürfe. Schließlich habe der Heilige Stuhl doch ausdrücklich erklärt, dass der Synodale Weg nicht befugt sei, „die Bischöfe und die Gläubigen zur Annahme neuer Formen der Leitung und neuer Ausrichtungen der Lehre und der Moral zu verpflichten“.

    Für den Synodalen Ausschuss hatten 93 Prozent der Mitglieder der Synodalversammlung gestimmt. Auch 88 Prozent der Bischöfe unter den Synodalen waren für seine Errichtung. Er soll aus den 27 deutschen Diözesanbischöfen, den bereits ernannten 27 Mitgliedern des Zentralkomitees der deutschen Katholiken und weiteren 20 Mitgliedern bestehen, die im März in Frankfurt gewählt werden sollen.

    Die wichtigsten Begriffe zur Debatte in der römisch-katholischen Kirche

    Synodalität Sie wird laut Papst Franziskus „in der Begegnung, im Einander-Zuhören und in der Unterscheidung“ verwirklicht. Mit Hilfe des Heiligen Geistes könne man so als Kirche gemeinsam vorangehen. Insofern ist Synodalität ein spiritueller Prozess – und eine Methode.

    Synodaler Weg Der Reformprozess zwischen Deutscher Bischofskonferenz und Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) startete im Dezember 2019; mit der fünften Synodalversammlung in Frankfurt am Main Anfang März 2023 wird er abgeschlossen. Er sollte die Antwort auf die im Herbst 2018 vorgestellte „MHG-Studie“ sein, für die sich ein unabhängiges Forscherteam mit Risikofaktoren befasste, die in der katholischen Kirche Missbrauch begünstigen können. So wurde über Gewaltenteilung, Sexualmoral, Zölibat und die Rolle der Frau diskutiert. Der Synodale Weg ist heftig umstritten: Katholisch-konservative Kirchenvertreter und -mitglieder fürchten, er führe zu einer Verwässerung von Lehre und Tradition und in die Kirchenspaltung. Seine Befürworter sind überzeugt, dass nur Reformen das Überleben der Kirche sichern.

    Synodaler Rat/Ausschuss Die Einrichtung eines Synodalen Rats wurde bei der vierten Synodalversammlung im Herbst 2022 mit überwältigender Mehrheit der Synodalen – auch der Bischöfe – beschlossen. Das neue Gremium aus Bischöfen und Laien sollte den Reformprozess „auf Dauer stellen“. Vorbereiten sollte den Rat der Synodale Ausschuss. Er soll aus den 27 Diözesanbischöfen, den bereits ernannten 27 Mitgliedern des ZdK und weiteren 20 Mitgliedern bestehen, die auf der nächsten Synodalversammlung im März gewählt werden sollen. (wida)

    Die unter anderem von Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin gezeichnete Antwort auf den Brief erreichte den Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, den Limburger Bischof Georg Bätzing, nach eigenen Angaben vom Montagabend am 20. Januar. In dem inzwischen veröffentlichten Schreiben, über das der Ständige Rat der

    Die Synodale Viola Kohlberger zeigt sich vom Augsburger Bischof Bertram Meier enttäuscht

    Kirchenrechtler Thomas Schüller sieht darin nicht nur ein „Stoppschild“ für das Reformvorhaben, sondern ein Ende des Synodalen Weges, wie er twitterte. Zumal Papst Franziskus das Schreiben „in forma specifica“ approbiert und sich die Entscheidung zu eigen gemacht habe. Sie sei damit nicht mehr anfechtbar. Die Synodale Viola Kohlberger aus Landsberg am Lech, geistliche Verbandsleitung im Diözesanverband Augsburg der Deutschen Pfadfinderschaft Sankt Georg, sagt im Gespräch mit unserer Redaktion am Dienstagvormittag, dass sie wütend sei. Das Schreiben aus Rom ist für sie ein „Stoppversuch“.

    „Es wäre ein richtig großes Armutszeugnis für die Bischöfe in Deutschland und das Thema der Synodalität, wenn durch das römische Schreiben der Synodale Ausschuss und damit der Synodale Rat tatsächlich gestoppt werden würde“, warnt sie. Die Bischöfe hätten für den Synodalen Weg und später mit Zweidrittelmehrheit auch für den Synodalen Rat gestimmt – „und jetzt passt es manchen auf einmal wieder nicht?“ Gerade von den fünf Bischöfen sei immer wieder darauf gepocht worden, dass man sich an Verfahren und Abstimmungsergebnisse zu halten habe; wenn ihnen das Ergebnis dann nicht passe, wendeten sie sich an Rom, so Kohlberger. „Was denkt ihr euch?“, spricht sie sie direkt an. Kohlberger betont, dass im Synodalen Rat zwar Bischöfe und Laien gemeinsam zu Entscheidungen kommen sollten, diese wären aber eine Art Selbstverpflichtung, da ihre Umsetzung in der Hand jedes einzelnen Bischofs liegen würde.

    Die Zeichen stehen auf Verhärtung, auf Konfrontation – zugleich wachsen Frust und Trotz enorm

    Vom Augsburger Bischof Bertram Meier zeigt sich Kohlberger enttäuscht. Nichts werde in der Kirche besser, wenn man auf diese Weise Reformen blockiere. „Dabei hat doch gerade Bischof Meier immer wieder betont, wie wichtig Synodalität ist. Er versteht aber offensichtlich etwas anderes darunter als ich, nämlich dass nur die Bischöfe am Ende Recht haben und entscheiden. Dabei wäre es wichtig, dass er sich in einem Synodalen Ausschuss oder Rat einbringt, in dem ja auch über unser gemeinsames Voranschreiten gesprochen werden soll“, kritisiert sie.

    Wie es jetzt weitergeht? Die Zeichen stehen auf Verhärtung, auf Konfrontation – zugleich wachsen Frust und Trotz enorm. „Ich weiß nicht, was aus der Kirche werden soll, wenn der Synodale Weg scheitern würde“, sagt Viola Kohlberger. „Wir wollen doch die Strukturen, die Leid verursacht haben und immer noch verursachen, ändern.“ Bis 2026 sollte der Synodale Ausschuss den Synodalen Rat vorbereiten. Der Bischofskonferenz-Vorsitzende Bätzing betonte, dass sich der Synodale Rat, entsprechend der Beschlussfassung, innerhalb des geltenden Kirchenrechts bewege.

    In einer von manchen Medien als kämpferisch empfundenen Erklärung wies er darauf hin, dass die Beschlüsse dieses Gremiums „dieselbe rechtliche Wirkung haben wie die Beschlüsse der Synodalversalversammlung“. Damit werde deutlich, dass die Sorge, der Synodale Rat stehe über der Bischofskonferenz oder könne die Autorität der einzelnen Bischöfe aushebeln, nicht begründet sei. Der vorbereitende Synodale Ausschuss „ist durch das römische Schreiben nicht infrage gestellt“, so Bätzing. Ein großer Teil des Ständigen Rates habe zudem „erneut den Willen bekräftigt (…), den Beschluss der Synodalversammlung zum Synodalen Ausschuss umzusetzen und die Beratungen aufzunehmen“. Im Ständigen Rat der Deutschen Bischofskonferenz ist jede Diözese durch ihren Bischof vertreten.

    Irme Stetter-Karp, die Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, erklärte: „Wenn die Bischöfe von Köln, Augsburg, Passau, Regensburg und Eichstätt nicht am Synodalen Ausschuss teilnehmen möchten, ist das zu bedauern.“ Die katholische Kirche in Deutschland aber brauche eine Zukunft, in der sie sich nach dem Missbrauchsskandal neu aufstelle. „Wir brauchen strukturelle Reformen und neue Wege der Gewaltenteilung. Wir brauchen mehr Teilhabe, eine gerechte Kirche und ein klares Ja zur Vielfalt. Gerade dadurch stärken wir das Bischofsamt.“

    Was sagt der Augsburger Bischof Bertram Meier zu dem Schreiben aus Rom?

    Ob sich der Augsburger Bischof Bertram Meier am Synodalen Ausschuss beteiligen wird? Auf Anfrage unserer Redaktion erklärte das Bistum am Dienstagnachmittag, dass der Bischof den Brief aus Rom „sehr ernst“ nehme – zumal er von den drei Kardinälen unterschrieben sei, die mit den deutschen Bischöfen im Rahmen des Ad-limina-Besuchs im vergangenen November in Rom das Gespräch geführt hätten. Der Papst persönlich stehe hinter dem Inhalt des Briefes, hieß es. Letztlich gehe es darum, ob der angedachte Synodale Rat dem katholischen Kirchenverständnis entspreche. Eine darüber hinausgehende Stellungnahme sei nicht möglich: Bischof Bertram Meier habe den Brief erst am Montag erhalten und müsse „über mögliche Konsequenzen reflektieren“.

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