Herr Grünwald, Ihre Freitagscomedy im dritten Programm hat für viele Humorenthusiasten zum Freitag gehört wie das auf ihn folgende Wochenende. Warum hören Sie nach 22 Jahren damit auf?
GÜNTER GRÜNWALD: Ich habe einfach das Gefühl gehabt, dass jetzt der richtige Moment ist. Es gibt keine anderen Gründe. Ich dachte mir nach 22 Jahren: Jetzt ist genug, ich höre auf! 22 Jahre, so lange ist noch keine personalisierte Comedy-Sendung im deutschen Fernsehen gelaufen. Da steckt ja auch jede Menge Arbeit dahinter, weil ich die Solotexte selbst geschrieben habe. Lediglich für die Sketche hatten wir Autorinnen und Autoren.
Vor einem Jahr haben Sie noch im Interview mit dem Oberpfalz-Echo gesagt, Sie hoffen, das Format noch viele Jahre fortsetzen zu können…
GRÜNWALD: Sogar bis an mein Lebensende habe ich gesagt, aber das wären ja nochmal 50 Jahre. (lacht)
Es war also ein ganz freiwilliger Rückzug, ohne Druck vom Sender?
GRÜNWALD: Absolut. Im Gegenteil, der Sender hätte gerne noch mit mir weiter gemacht. Wir haben viele Gespräche geführt. Ich muss auch sagen, ich war mit der Sendung immer sehr glücklich. Wir mussten natürlich, wie alle Sendungen, unsere Drehbücher vorlegen, aber es gab in all den Jahren null Zensur.
Das wünscht man sich als Künstler. Dabei gibt es gerade im Bayerischen Fernsehen durchaus namhafte Fälle von Zensur.
GRÜNWALD: Es war früher schon ein Problem, wenn man sich beispielsweise an Dieter Hildebrandts „Scheibenwischer“-Sendungen mit Polt über den Rhein-Main-Donau-Kanal erinnert. Aber diese Zeiten sind Gott sei Dank lange vorbei.
Wie geht es jetzt für Sie im Fernsehen weiter? Kommt ein Wechsel zu einem anderen Sender oder nur mehr Bühne?
GRÜNWALD: Um Gottes Willen, nein. Kein Wechsel! Ich werde allenfalls, falls ich eingeladen werden sollte, weiterhin Gast in anderen Kabarett- oder Comedy-Sendungen sein. Mein Live-Programm läuft noch bis Ende Dezember und dann ziehe ich mich auch von der Bühne zurück.
Das ist zu lesen. Gibt es dafür spezielle Gründe?
GRÜNWALD: Ja. Im letzten Jahr hat es leider in meinem privaten und beruflichen Umfeld zwei Todesfälle gegeben, die mich schwer getroffen haben. Auch bei mir ist ein kleines gesundheitliches Thema dazu gekommen. Das ist zwar gut behandelbar, aber ich werde dafür Zeit brauchen. Aber wer weiß, vielleicht mache ich ja irgendwann den Carpendale und sage plötzlich: Hello again“ (er lacht).
Die Einzigen, die sich vielleicht über Ihren Rücktritt freuen, sind die Menschen in Ingolstadt, die Vorbild für Ihre Figuren sind. Erkennen sich die Betroffenen da eigentlich wieder?
GRÜNWALD: Einer, der das Vorbild für den Haumeister Bamberger ist, der kann sich sicher nicht mehr daran stoßen. Der war in den 1980er-Jahren Hausmeister an der Hohen Schule. Und beim Bürgerfest wurden da auch die Toiletten öffentlich zugänglich gemacht. Und dieser Vorläufer des Facility Managers lehnte rotzbesoffen an der Tür und hat alle Toilettenbesucher derartig schwach von der Seite angequatscht. Mich auch. Dann habe ich ihn eine Zeit lang beobachtet. Und so wurde er Vorbild für den Hausmeister Bamberger.
Und wer ist der Bonzo?
GRÜNWALD: Das ist Sascha Borysenko. Der war früher ein bekannter Stuntman. Den habe ich in der Fußgängerzone in Ingolstadt mal beobachtet, wie er bei einem Mann vom Zirkus stand, der mit einem Bären Spenden gesammelt hat. Der hat mit einem speziellen lustigen Ostblock-Akzent gesagt: ,Der Bär hat so eine Kraft, da hat der Mensch keine Chance.“ Borysenko weiß übrigens um seine Vorbildfunktion. Als ich den mal in der Stadt traf, hat er mal gesagt: „Särvus Grinwald, ich wäiiiß schon, dass i der Bonzo bin.“
Eigentlich wollten Sie ja Ingolstadt gar nicht verlassen. Was hat Sie doch in die große Welt des Kabaretts hinausgetrieben?
GRÜNWALD: Also privat wohne ich schon immer irgendwo rund um Ingolstadt. Tatsächlich meinte ich früher, dass Ingolstadt meine Stadt sei, aus der ich nie weggehen wollte. Das hat sich aber im Laufe der Jahre total geändert. Früher bin ich drei- bis viermal pro Woche in die Stadt gefahren und die Fußgängerzone auf- und abgelatscht. Heute fahre ich kaum mehr rein. Ich könnte problemlos auch woanders leben – in Bayern bevorzugt. Regensburg, Landshut, Burghausen könnte ich mir auch gut vorstellen.
Hat sich Ingolstadt verändert oder Sie?
GRÜNWALD: Wahrscheinlich beide. Aber ich muss sagen, wenn ich doch mal in die Innenstadt muss, dann komme ich an seltsamen Läden vorbei, die ich in meinem Leben noch nicht gesehen habe. Auch viele leerstehende Geschäfte gibt es heute. Da hat sich schon viel verändert. Mein Sohn ist noch öfter im Ingolstädter Nachtleben unterwegs und der sagt: Da geht es zu wie in der Geisterbahn. Und zwar nicht, weil es so dunkel ist, sondern weil so viele, die da unterwegs sind, auch problemlos in einer Geisterbahn arbeiten könnten. Ich finde, Ingolstadt ist schon etwas seltsam geworden.
Was wird denn der Herr Grünwald als Rentner machen? Stammtische neu entdecken, oder doch lieber Nacktyoga als Entspannungsalternative?
GRÜNWALD: Nein, ich glaube, ich kaufe mir einen Hund. Und ganz im Ernst: Ich spiele nach wie vor gerne Gitarre und werde mit meinen Freunden von der Band Rad Gumbo ab und zu auftreten. Und ich sage ja immer: Wer Gitarre spielen und lesen kann, dem kann es eigentlich nicht langweilig werden. Außerdem gehöre ich nicht zu den Hyperaktiven. Ich kann sehr gut im Garten sitzen und zwei Stunden einen Apfelbaum anglotzen und einfach die Gedanken laufen lassen.
Sie haben einst den ersten Naturkostladen Ingolstadts eröffnet. Warum sind Sie nicht dabeigeblieben?
GRÜNWALD: Ich wäre gerne dabeigeblieben. Aber der Laden wurde damals umgebaut, und wir hätten mindestens ein Jahr schließen müssen. Man kann aber ein Geschäft, von dem man lebt, nicht einfach ein Jahr lang zusperren. Und so kaufte ich einen Schallplattenladen, den ich dann auch einige Jahre betrieben habe. Nachher ging es mit dem Kabarett los.
Wenn Sie nicht den Beruf des Komödianten oder Kabarettisten, der ja bei ihnen verschwimmt, entdeckt hätten, was denn dann vermutlich aus Ihnen geworden?
GRÜNWALD: Da habe ich tatsächlich keine Ahnung. Es heißt ja immer, man soll unbedingt einen Plan B haben. Aber ich habe nicht mal einen Plan A gehabt. Insofern war es ein Segen, dass es mit dem Kabarett funktioniert hat. Ich habe mal versucht, Holzspielzeug zu bauen, um das auf alternativen Märkten zu verkaufen. Aber ich merkte schnell, dass ich zwei linke Hände habe und dazu völlig ungeeignet bin. Gelernt habe ich Bürokaufmann, aber das war auch nicht direkt mein Traumberuf.
Nicht nur den Bürokaufmannsberuf, sondern auch den Begriff Comedy für Ihren Beruf mögen Sie nicht so, obwohl Ihre Sendung so heißt, konnte man lesen.
GRÜNWALD: Ach, ich habe mich inzwischen damit angefreundet. Ich finde diese kategorisierenden Begriffe eh schwierig. Als Kabarett die ganz große Nummer war, habe ich gesagt, ich sei Komiker. Als dann alles Comedy wurde, habe ich mich eher wieder Kabarettist genannt. Generell ist mir aber wurscht, wie man das nennt, Hauptsache, dem Publikum gefällt es.
Wann haben Sie eigentlich entdeckt, dass Sie witziger sind als andere Zeitgenossen?
GRÜNWALD: Das war nach meinem Empfinden noch nicht in der Schulzeit. Dabei sagen tatsächlich Schulfreunde, sie hätten es damals schon gewusst, dass ich ein Komiker werde. Da haben die mehr gewusst als ich. Mir wurde es erst klar, als ich in einer Band Musik gemacht habe. Ich war zwar nur der Gitarrist, aber zwischen den Stücken habe ich die Ansagen gemacht. Die wurden mit der Zeit immer lustiger, und die Zuhörer haben bei den Sprüchen sehr gelacht. Da habe ich gespürt, dafür vielleicht Talent zu haben. Als dann die Band auseinanderbrach, wollte ich es ausprobieren und schrieb ein eigenes Programm. Außerdem: Wenn es schief gegangen wäre, hätte ich halt die nächste Sache ausprobiert.
Sie hätten sich wahrscheinlich gar nicht träumen lassen, einmal so erfolgreich zu werden?
GRÜNWALD: Nein, überhaupt nicht. Anfangs, als es langsam zu funktionieren begann und mehr als fünf Leute zu meinen Auftritten kamen, habe ich mir gedacht, ich könnte vielleicht ein paar Monate, vielleicht sogar ein paar Jahre davon leben. Das war aber eine totale Milchmädchenrechnung von mir. Ich habe die Einkommenslage anfangs mal im Kopf überschlagen und gedacht, der Polt verdient doch mindestens 500 Mark pro Auftritt. Wenn ich 200 verdienen würde, käme ich mit zehn Auftritten im Monat auf 2000 Mark. Das erschien mir wie ein Traum, weil es ja fast ein Facharbeitergehalt gewesen wäre. Kurz gesagt: Ich glaube, ich war damals noch blöder als heute! (er lacht).
Sie stehen seit Jahrzehnten auf der Kabarett-Bühne. Hat sich da was verändert?
GRÜNWALD: Ich finde schon. Wenn man in den sozialen Medien nicht fertig gemacht werden will, muss man heutzutage genau aufpassen, was man auf der Bühne sagt. Ich bekomme zum Beispiel Zuschriften, dass man keine Scherze über andere Menschen machen darf. Ja gut, frage ich: über was dann? Soll ich sagen, der Baum da draußen schaut gar nicht so gut aus. Aber im Ernst. Im Grunde interessieren mich solche Einwände überhaupt nicht. Und wenn ein paar sagen, der Grünwald ist politisch nicht korrekt, da gehen wir nicht mehr hin, dann sollen sie halt woanders hingehen.
Eigentlich gehört es ja zum Markenkern des Kabaretts, politisch nicht korrekt zu sein.
GRÜNWALD: Das ist der Punkt. Wobei es offenbar neue Comedians gibt, die behaupten, die Zeiten seien vorbei, in denen Comedy unbedingt witzig sein muss. Dann frage ich mich aber: Was dann? Kurz gesagt: Irgendwie laufen gerade viele Menschen mit einem genehmen Dachschaden durch die Gegend.
Und wie sieht es bei Ihnen mit Gendern aus?
GRÜNWALD: Da es der Söder verboten hat, bin ich nicht abgeneigt, es zu tun. Im Ernst, ich habe gar nichts gegen das Gendern. Für die kommenden Generationen wird es selbstverständlich sein. Generell soll jeder Mensch so sein dürfen, wie er sein will, ohne dass gewisse momentan hochkommende Trottel den Untergang des Abendlandes wittern.
Zur Person
Günter Grünwald, 67, ist verheiratet, hat vier Töchter und einen Sohn. Sein aktuelles und letztes Programm heißt „Das kann doch wohl nicht mein Ernst sein“. Seit jeher folgt Grünwald dem Wahlspruch: „Ich bin klein, mein Herz ist rein, soll niemand drin wohnen und du schon gleich gar nicht.“
Schade. Wenn auch manchmal etwas derb so konnte man doch bei seinen Sketchen noch lachen, weil sie einfach total blöd waren. Immer locker und meist unpolitisch, was man in dieser Szene kaum noch findet.
Auf deutsch a "gscherter Hammel", der aber trotzdem oft sympathisch rüberkam. Danke für viele Lacher in dieser meist ned so lustigen Welt.
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