Das schicke Hotel „Roomers“ in der Landsberger Straße in München ist ein eher ungewöhnlicher Ort für eine Pressekonferenz, die sich um Vorgänge in einem Gefängnis dreht. Die samtartigen Vorhänge sind goldfarben, die Wände holzvertäfelt, der kleine Raum, in den gleich drei Anwälte die Journalisten geladen haben, ist heillos überfüllt. Es geht um mutmaßliche Misshandlungen im Gefängnis in Gablingen; die Staatsanwaltschaft Augsburg ermittelt gegen 16 beschuldigte Mitarbeiter, darunter die inzwischen suspendierte Vize-Leiterin der Anstalt. Sie ist die Mandantin der Verteidiger Holm Putzke, Alexander Stevens und Thomas Krimmel, die bei der Pressekonferenz harte Worte finden.
Gefängnisleiterin soll nur an zwei Tagen pro Woche in JVA gewesen sein
Mit langen, ausführlichen Erklärungen, an die Wand geworfenen Folien und einer Fragerunde für die Journalisten will das Anwalts-Trio den Ruf seiner Mandantin verteidigen. Die Juristen wissen darum, wie ungewöhnlich diese Pressekonferenz ist. „Es ist nicht üblich, vor Beendigung der Ermittlungen und einer Akteneinsicht den Weg in die Öffentlichkeit zu wählen“, beginnt Strafverteidiger Holm Putzke. „Aber wir wollen nicht, dass ihr Name und ihr Gesicht mit Zuständen in Verbindung gebracht wird, die sie sich nicht zurechnen lassen muss.“ Aus ihrer Sicht lag die Verantwortung bei anderen Stellen, das machen die Anwälte in den eineinhalb Stunden immer wieder deutlich. Sie richten den Fokus auf den Stufen der Hierarchie nach unten und nach ganz oben. Auf die sogenannten Hausdienstleiter, die für die besonders gesicherten Hafträume zuständig seien, auf die JVA-Leiterin, die sich die meiste Zeit im Homeoffice befunden habe und sie teilen kräftig gegen Staatsanwaltschaft und Justizministerium aus. Ihre Mandantin jedoch habe sich nichts zu Schulden kommen lassen.
Die heute 37-Jährige sei Ende 2022 zu einer Zeit in das Gefängnis gekommen, das durch „personellen Wechsel geprägt“ gewesen sei. „Unsere Mandantin kam in ein laufendes System und hatte keine verantwortlichen Ansprechpartner“, sagt Anwalt Thomas Krimmel. Die formelle Leiterin, Zoraida Maldonado de Landauer, sei maximal an zwei Tagen in der Woche ab 17 Uhr für kurze Zeit anwesend gewesen. Dies steht zumindest in einer Mail, die den Anwälten zugespielt worden sei. Das Justizministerium geht derlei Vorwürfen nach.
Arbeitsbelastung und Aufgabenfülle seien für ihre Mandantin enorm gewesen,erklären die Anwälte. „Sie war mit ihren jungen 36 Jahren in der JVA Gablingen Mädchen für alles“, so Alexander Stevens. Sie habe allein im Jahr 2023 insgesamt 755 Überstunden angehäuft und Urlaubstage verfallen lassen, während sich die JVA-Leiterin von Anfang Dezember 2023 bis Januar 2024 auf einer Pazifikinsel im Urlaub befunden habe. Das persönliche Aufeinandertreffen der beiden haben sich im Monat auf wenige Stunden beschränkt. „Gleichwohl hielt sie die Leiterin per Mail immer auf dem Laufenden.“
Folgt man den drei Verteidigern, dann habe sich die Juristin stets bemüht, Recht und Gesetz walten zu lassen. Sie habe dabei aber „größten Wert auf Sicherheit“ gelegt, sagt Alexander Stevens – für die Insassen wie für die Bediensteten. Bei allen relevanten Entscheidungen habe sie aber die Leiterin in Kenntnis gesetzt. Sie habe daraufhin Änderungen im Sicherheitskonzept und in der Dienstplangestaltung durchgesetzt, und sei mit „vielen Maßnahmen Leuten auf die Füße getreten“.
Die Beschuldigte soll mit Änderungen „vielen Leuten auf die Füße getreten sein“
Ein Teil der Ermittlungen betrifft die Unterbringungen von Gefangenen in sogenannten „besonders gesicherten Hafträumen“, kurz BgHs. Diese können angeordnet werden, wenn die Gefahr von Gewalttätigkeiten oder Suizid besteht. „Unsere Mandantin hat diese Anordnung als Verwaltungsjuristin getroffen“, aber jedes „Haus“ im Gablinger Gefängnis habe einen eigenen Hausdienstleiter. „Die weitere Ausgestaltung unterliegt den Häusern“, sagt Anwalt Krimmel. Die 37-Jährige habe „keine Kenntnisse“ vom jeweiligen Haftraum gehabt. Sie habe sich „darauf verlassen, dass alles so passt“.
Es sei aber tatsächlich „gelebte Praxis“ mit Wissen der JVA-Chefin gewesen, dass Häftlinge in BgHs zunächst keine Gegenstände hatten. Matratzen etwa hätten als Mittel zur Gegenwehr oder als Stolperfallen genutzt werden können. Dass alle Beteiligten besonders vorsichtig gewesen seien, hänge auch mit einem Vorfall in der JVA Nürnberg zusammen. Dort hatte sich ein Häftling nach Schilderung der Anwälte mit einer Papierunterhose umgebracht. Einige Bedienstete der JVA Nürnberg seien daraufhin als Beschuldigte in einem Ermittlungsverfahren geführt worden. Auch um nicht selbst ins Schussfeld der Justiz zu geraten, habe der „Schutz des Lebens“ daher in Gablingen oberste Priorität gehabt.
Anwalt: Unsere Mandantin soll zum Sündenbock gemacht werden
Es fallen deutliche Worte an diesem Nachmittag, gegen das Justizministerium, gegen die bisherige Berichterstattung, auch gegen jene unserer Redaktion. Die Veranstaltung dauert über eine Stunde, es wird viel argumentiert, teils auch wortreich. Einer der zentralen Sätze aber ist kurz, er stammt vom Anwalt Holm Putzke. Er sagt: „Unsere Mandantin ist überzeugt, dass sie sich rechtmäßig verhalten hat. Es wird versucht, sie zum Sündenbock zu machen.“
Sie leide sehr unter der derzeitigen Situation. Ihre Arbeit sei „ihr Ein und Alles, ihr Leben“ gewesen. Die Situation sei „zutiefst unbefriedigend“, denn sie lese die Vorwürfe über sich und könne sich derzeit nicht äußern. Akteneinsicht habe die Staatsanwaltschaft Augsburg bisher verweigert. Auch von ihrem Dienstherrn, dem Justizministerium, fühle sich die ehemalige stellvertretende JVA-Leiterin alleingelassen. Obwohl man von dieser Seite eigentlich Fürsorge erwarten müsste, so Holm Putzke.
Ein Mann, der mitten unter den Journalisten sitzt, ist sehr aufgewühlt. Der Ex-Häftling der JVA Kaisheim hat sich bei der Pressekonferenz eingeschlichen, hört sich eine Zeit lang alles an. „In meinen Augen ist es eine absolute Frechheit, was hier schöngeredet wird. Als wäre sie das Unschuldslamm vom Lande“, empört sich der 36-Jährige danach.
Schön, dass sich ein Ex-Gefangener in die PK "eingeschlichen" und ein paar passende Worte gefunden hat.
Tja, wer kennt sie nicht, die frei erfundenen Zustände und Gegebenheiten bei solchen Geschichten. Sieht man sich Gefängnisse in Bananenrepubliken an, das gleiche Spiel. Schon irgendwie komisch. Demnächst herrscht im Kreml eine lupenreine Demokratie... Wer mit 36 noch nicht die Reife besitzt solch eine Position einzunehmen, nun denn, da findet sich bestimmt ein passenderer Beruf. Verlockend blieb wohl die Unkündbarkeit und die Beamtenpension und auch wohl die persönliche Schutzstaffel um ein grosses Mundwerk gefahrlos riskieren zu können.
Gegen die Dame wurde ein Disziplinarverfahren eröffnet und sollte sie zu einer Gefängnisstrafe von einem Jahr (auch auf Bewährung) verurteit werden, ist es mit der angeblichen "Unkündbarkeit" vorbei.
Selbstverständlich gilt für die Dame bis zum Abschluss des Verfahrens die Unschuldsvermutung. Weshalb hat sie aber gleich drei Anwälte mit der Wahrung ihrer Interessen beauftragt? Bin gespannt, ob von verantwortlicher Seite ein vitales Interesse an einer vollständigen Aufklärung besteht. Und: Ich vermisse -oder auch nicht - eine Stellungnahme unseres Landesvaters …
Söder duckt sich weg. Ein Feigling.
RAe Stevens ist überall dort, wo es maximale Aufmerksamkeit gibt. Habe seinen Podcast früher gern gehört inzwischen nahezu unerträglich. Aber das nur nebenbei. Die Berichte aus dem Gefängnis müssen auch nicht alle im Detail stimmen, doch geben sie einen ganz guten Eindruck von der Person der Beschuldigten und man gewann daraus noch in keiner Weise den Eindruck, dass sie unter den Umständen gelitten habe oder sie sich überfordert fühlte. Warum hat sie denn keine Überlastungsanzeige geschrieben? Die übertriebenen "Sicherheitsvorkehrungen" zum Schutz des Gefangenenlebens, klingen auch nicht sehr überzeugend. Es haben sich ja auch anderweitige Verschlechterungen für die Gefangenen ergeben als sie die stellv. Leitung übernahm. Nein, überzeugend ist der "große Gegenschlag" der Anwälte nicht. Allerdings ist die Rolle von Frau Maldonado-Landauer nochmal ominöser geworden. Sie liebte "ihr" Gefängnis doch angeblich so - ertrug es aber offenbar kaum, eine Mitverantwortung trifft sie...
Es wird so weit kommen, dass keiner mehr den Job für die deutsche Justiz ausüben möchte und die Gefangenen in ausländische Gefängnisse verlagert werden müssen. Aber dann hat man einen berechtigten Grund zum Jammern.
Wenn man den Job nur macht, weil man seine Machtgelüste dort gut ausleben kann, dann ist das jedenfalls ein Problem. Oder sind Sie tatsächlich der Meinung, man solle mit Gefangenen alles anstellen dürfen? Der Häftling, der bei der AZ eine eidesstattliche Versicherung abgegeben hat zu den Schilderungen seines Aufenthalts im bgH und den Handlungen der Wärter bzw. seiner Nichtbehandlung im Krankheitsfall, war ein Einbrecher und zuletzt im Gefängnis, weil er wieder ins Bundesgebiet eingereist war, um seinen Sohn zu sehen. Also kein Gewaltverbrecher. Wie kann man so unempathisch sein, jemand eine solche Behandlung zuzumuten, weil sonst niemand mehr den Job machen möchte. Naja, was erwartet man von einem Trumpfan...
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