Knapp zweieinhalb Stunden lang hat sich Bayerns Justizminister Georg Eisenreich (CSU) am Donnerstag im Rechtsausschuss des Landtags verteidigt. Er sollte erklären, wie es zu den mutmaßlichen Misshandlungen von Häftlingen im Gefängnis von Gablingen kommen konnte. Inzwischen ermittelt die Staatsanwaltschaft in Augsburg gegen 16 Bedienstete der JVA, darunter die ehemalige stellvertretende Leiterin.
Gefängnis-Skandal: Wann muss der Minister gehen?
Überzeugt haben Eisenreichs Erklärungen auch im eigenen Regierungslager nicht alle. Im Zuschauerraum saß der Freie-Wähler-Abgeordnete Anton Rittel und schüttelte immer wieder den Kopf. Rittel ist zwar nicht Mitglied des Rechtsausschusses, dafür aber als stellvertretender Vorsitzender des Anstaltsbeirates der JVA Augsburg-Gablingen nah dran. In dieser Funktion hätten auch ihn Klagen von Häftlingen über Schikanen und Misshandlungen erreicht, so Rittel gegenüber unserer Redaktion. Er sei kurz davor gewesen, die Staatsanwaltschaft einzuschalten, als diese am 24. Oktober bereits losschlug und die erste Durchsuchungs-Aktion im Gefängnis startete. Über Eisenreichs Krisenmanagement urteilt Rittel hart: „Wenn sich die Vorwürfe so bestätigen, dann muss er als Minister gehen.“
Eisenreich hatte bereits vor einer Woche in einer Pressekonferenz eingeräumt, dass seinem Haus schon im Herbst vergangenen Jahres Hinweise auf Misshandlungen vorgelegen hatten. Diesen sei man nicht entschieden genug nachgegangen, er selbst habe davon nichts gewusst, so die Verteidigung des Ministers. Bei dieser Linie blieb er auch im Rechtsausschuss. Allerdings gab er dort an, dass die Strafabteilung des Justizministeriums im Vorfeld über die Durchsuchung des Gefängnisses informiert worden sei. Diese Information habe ihn aber ebenso wenig erreicht wie die über die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen die stellvertretende Gefängnis-Chefin. Dabei wurde dieser Vorgang wie die Vorwürfe selbst im Ministerium als „außergewöhnlich“ eingestuft.
JVA Gablingen: Sind Beweismittel vernichtet worden?
Der Minister konzentrierte sich in seinen Ausführungen auf die Vorgänge in seinem Haus. Zu den strafrechtlichen Ermittlungen der Staatsanwaltschaft in Augsburg könne er nichts sagen. Das Ministerium habe die Dimension der Gewalt-Vorwürfe unterschätzt, von denen es dank der Mail einer Gefängnisärztin erstmals am 18. Oktober 2023 Kenntnis erhielt. Eisenreich dankte der Frau ausdrücklich für ihre Courage. Zum Inhalt der Mail sagte er: „Ich war erschüttert.“ Er selbst habe von den Vorgängen erst am 24. Oktober 2024 erfahren. „Wenn es anders wäre, würde ich es auch sagen.“ Nach Eisenreichs Darstellung waren mit der Mail der Ärztin, in deren Folge erstmals die Staatsanwaltschaft eingeschaltet worden war, der zuständige Abteilungsleiter sowie der Amtschef des Ministeriums befasst - also der zweite Mann in der Hierarchie.
Viele Nachfragen kamen von AfD, Grünen und SPD. Sie versuchten herauszuarbeiten, wer wann was gewusst hatte. Der Abgeordnete Toni Schuberl (Grüne) sagte: „Es wurde vom Gefängnis vertuscht und das Ministerium hat es hingenommen.“ Horst Arnold (SPD) kritisierte: „Hier wurden sämtliche Alarmsignale missachtet.“ Christoph Maier (AfD) wies darauf hin, dass sich unter den mutmaßlichen Opfern auch Untersuchungshäftlinge befanden, was der Minister bestätigte.
JVA Gablingen: Justizminister kündigt schärfere Überwachung von Gefängnissen an
Als Reaktion auf die Vorfälle kündigte Eisenreich eine schärfere Überwachung aller bayerischen Justizvollzugsanstalten an, dazu werde es im Ministerium ein neues Referat geben. Zudem werde die bestehende Meldestelle, in der Beschäftigte abseits des Dienstweges auf Missstände hinweisen können, noch besser bekannt gemacht. Eisenreich: „In Gablingen war Wissen vorhanden, das wir im Ministerium nicht hatten.“
Früherer Gefängnis-Direktor kritisiert Ministerium harsch
Harsche Kritik übt der Augsburger Anwalt und ehemalige Gefängnisleiter Thomas Galli. Er wirft dem bayerischen Justizministerium Versäumnisse vor und äußert Zweifel, dass dort ein wirkliches Interesse bestehe, den Skandal um die JVA Gablingen vollumfänglich aufzuklären. Galli hat dabei die Rolle der Leiterin der JVA Gablingen im Blick, die inzwischen freigestellt ist. Wie Recherchen unserer Redaktion ergeben hatten, führte Zoraida Maldonado de Landauer das Gefängnis mit rund 300 Bediensteten und 600 Häftlingen zu häufig vom Homeoffice aus. Deswegen gibt es laut Eisenreich jetzt verwaltungsrechtliche Vorermittlungen, die in einem Disziplinarverfahren enden könnten. Gallis Ansicht nach wird es vermieden, die Leiterin anzugreifen, weil das Ministerium hier selbst in der Verantwortung stehe. Auch könne er nicht nachvollziehen, dass kein Leitungsteam mit Ministeriums-Mitarbeitern in dem Gefängnis installiert wurde. „Das hätte schon am ersten Tag passieren müssen.“
Die Vertreter der Regierungsparteien meldeten sich im Ausschuss wenig zu Wort. Ganz zu Beginn der Sitzung hatte Ausschussvorsitzende Petra Guttenberger (CSU) klar gemacht, dass sie „maximale Transparenz“ erwarte.
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Was sagt denn eigentlich der Chef dazu? Hat man von dem schon mal eine Stellungnahme vernommen? Warum fragt ihn niemand? Es kann doch nicht sein, dass ein solcher Skandal völlig am MP vorlaufen kann als hätte er damit nichts zu tun - verantwortungsmäßig. Zumindest ist er ja für den Justizminister verantwortlich, den hat er ja ernannt...
Dem Herrn Söder wird die Staatskanzlei nichts von dem Skandal gesagt haben. Scheint so üblich zu sein, bei der Staatsregierung. Hier kann mann ja auch nicht auf die Ampel draufhauen.
Dass Markus Söder nicht von allem was in seinem Bayerland passiert unterrichtet wird, ist wohl wahr und verständlich dafür kann man ihn beim besten Willen nicht schuldig sprechen. Aber jetzt wo er es weiß, müsste er den abnscheinend völlig unfähigen Minister Eisenreich aus seiner Ministeriege entfernen und durch eine kompetentere Person ersetzen. So meine Meinung, denn ansonsten bleibt das im Wahlkampf an ihm selber hängen!
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