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Neue Details zur JVA Gablingen: Häftlinge saßen bis zu 24 Tage im Kellerloch

Justizskandal

Häftlinge saßen in der JVA Gablingen bis zu 24 Tage im Kellerloch

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    In der JVA Augsburg-Gablingen sollen Gefangene misshandelt worden sein.
    In der JVA Augsburg-Gablingen sollen Gefangene misshandelt worden sein. Foto: Marcus Merk

    Für die Notdurft haben die Häftlinge nur ein Loch im Boden, als Bekleidung steht nur eine Unterhose aus Papier zur Verfügung, oder nicht einmal die: Die sogenannten besonders gesicherten Hafträume (bgH) im Keller des Gefängnisses von Gablingen stehen im Zentrum des Skandals, über den immer neue Details bekannt werden. Denn in den fünf Spezial-Zellen - so der Verdacht - wurden Menschen teils nackt und mit zu wenig Essen eingesperrt, um sie „kleinzukriegen.“ Obwohl es sich bei der Unterbringung in diesen „Bunkern“ um einen schwerwiegenden Grundrechtseingriff handelt, der spätestens nach drei Tagen dem Justizministerium gemeldet werden muss, saßen Häftlinge in Gablingen dort teilweise über Wochen. Es gibt mindestens zwei Fälle, in denen Gefangene 24 Tage am Stück in den Kellerzellen ausharren mussten.

    JVA Gablingen: Ab 2023 explodierte die Zahl der Unterbringungen in den Kellerzellen

    Das geht aus den Antworten des Justizministeriums auf eine detaillierte Anfrage der Grünen-Landtagsfraktion hervor. Nach Angaben des Ministeriums verdoppelte sich die Zahl der Menschen, die in der JVA Gablingen in diese Hafträume mussten, schlagartig in den Jahren 2023 und 2024. 126 beziehungsweise 111 Fälle sind aktenkundig, 19 Mal mussten in diesen beiden Jahren Menschen mehr als zehn Tage in die Zellen. Dorthin können Gefangene gebracht werden, bei denen die Gefahr besteht, dass sie sich und andere verletzen. Gegenstände, mit denen das möglich ist, gibt es in diesen Räumen nicht. Das Ministerium sagt: „Es handelt sich bei der Unterbringung in den besonders gesicherten Hafträumen ohne gefährdende Gegenstände nicht um eine Sanktion, sondern um eine Schutzmaßnahme.“

    Im Mittelpunkt der Affäre steht die inzwischen suspendierte stellvertretende Gefängnischefin, eine 37-jährige Juristin. Gegen sie ermittelt die Staatsanwaltschaft ebenso wie gegen die freigestellte Chefin der Anstalt, Zoraida Maldonado de Landauer, und 15 weitere Bedienstete - insgesamt also 17 Beschäftigte der bayerischen Justiz. Der Mehrzahl wird Körperverletzung im Amt vorgeworfen, teils durch Unterlassung. Gegen drei Beschäftigte besteht der Verdacht der versuchten Strafvereitelung beziehungsweise der Beihilfe dazu. Sie sollen möglicherweise relevante Akten geschreddert haben.

    Nachdem die stellvertretende Chefin im November 2022 ihren Dienst in Gablingen angetreten hatte, verdoppelte sich die Anzahl der bgH-Unterbringungen. Zudem häuften sich die Beschwerden über die Verwaltungsjuristin - wie schon in ihrer vorherigen Station in der JVA Kaisheim. In Gablingen wurden in den knapp zwei Jahren mehr als 30 Beschwerden registriert. Meist von Gefangenen, aber auch von Anwälten und in zwei Fällen anonym. Einmal unterzeichneten 31 Häftlinge eine Beschwerde über die Vizechefin. Die Unterbringung in den „Bunkern“ ist umstritten, da sie oft massive Auswirkungen auf die Psyche der Gefangenen hat. In einem Fall aus dem Jahr 2008 in der alten JVA Augsburg rügte das Bundesverfassungsgericht eine Unterbringung, die 21 Tage lang dauerte. Gefängnischefin war bereits damals Maldonado de Landauer.

    Auch gegen die inzwischen freigestellte Ex-Chefin der JVA Gablingen, Zoraida Maldonado de Landauer, ermittelt die Staatsanwaltschaft.
    Auch gegen die inzwischen freigestellte Ex-Chefin der JVA Gablingen, Zoraida Maldonado de Landauer, ermittelt die Staatsanwaltschaft. Foto: Timian Hopf

    Grünen-Fraktionschefin Schulze über Justizskandal: Ministerium hat versagt

    Das Justizministerium habe die Aufsicht über das Gablinger Gefängnis sträflich vernachlässigt „und auf der ganzen Linie versagt“, sagt die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Katharina Schulze: „Ab drei Tagen müssen diese Unterbringungen in besonders gesicherten Hafträumen dem Ministerium gemeldet werden. Das Ministerium muss also gemerkt haben, dass die Zahlen hier plötzlich in die Höhe springen. Wofür hat man Meldepflichten und Beschwerdestellen, wenn man bei derartigen Entwicklungen nicht umgehend eingreift?“

    Spätestens am 18. Oktober 2023 hätten in München alle Alarmglocken schrillen müssen, das hat der zuständige Justizminister Georg Eisenreich inzwischen eingeräumt. Damals ging eine detaillierte Beschwerde-Mail der Gefängnisärztin ein, welche die zuständige Abteilung für den Justizvollzug zu ein paar halbherzigen Nachfragen in Gablingen veranlasste. Die Gefängnisleitung wies die Vorwürfe zurück und sprach sogar von „Verleumdumg“. Zudem wurde der Fall an die Staatsanwaltschaft in Augsburg weitergeleitet. Auch diese zeigte zunächst wenig Elan und wollte Mitte August 2024 von weiteren Ermittlungen absehen.

    Bis dahin hatten sich die Ereignisse allerdings zugespitzt. Es gab Beschwerden und Anzeigen einer Rechtsanwältin, auch zwei Gefangene stellten bei der Polizei in Gersthofen, zu deren Revier Gablingen gehört, Strafanzeige. Besonderes Gewicht maßen die Ermittler zudem zwei anonymen Schreiben zu. Aufgrund von darin enthaltenen Details nahmen sie an, dass diese Briefe von einem Bediensteten der JVA stammten. Sie schilderten, wie Häftlinge in den Kellerzellen landeten und in einem Fall offenbar von Angehörigen der sogenannten Sicherungsgruppe (SIG) misshandelt wurden.

    Justizminister Eisenreich erfuhr erst mit einer Woche Verzögerung von geplanter Razzia

    Anfang Oktober 2024 nahm die Staatsanwaltschaft, die inzwischen eine Ermittlungsgruppe mit fünf Juristen gebildet hat, ihre Ermittlungen wieder auf, der Vorwurf gegen die Vizechefin und die Mitglieder der Sicherungsgruppe lautete auf Körperverletzung im Amt. Pikant: Schon am 16. Oktober wusste das Justizministerium laut der Antwort auf die Grünen-Anfrage, dass ein bayerisches Gefängnis und sein Personal im Zentrum strafrechtlicher Ermittlungen stand, wusste auch, dass die JVA in Gablingen zu diesem Zwecke durchsucht werden sollte. Dieser Sachverhalt erreichte den dafür zuständigen Minister Eisenreich nach Darstellung seines Ministeriums aber erst am Tag der Durchsuchung, am 24. Oktober.

    Eisenreich hat sich mehrfach betroffen geäußert und Versäumnisse seines Hauses eingeräumt sowie Aufklärung versprochen. Zudem soll im Januar eine Kommission bayernweit gültige Richtlinien für die Unterbringung von Menschen in den besonders gesicherten Hafträumen erarbeiten. Bislang liegt diese im Ermessen der jeweiligen Gefängnisleitung. Schon jetzt wurden für die Gefängnisse die Berichtspflichten verschärft, wenn Menschen in diese Hafträume müssen. Für den rechtspolitischen Sprecher der Grünen, Toni Schuberl, ist das ein Anfang, aber nicht mehr: „Es braucht natürlich viel tiefergehende Reformen. Und diese werden wir von der Staatsregierung einfordern.“

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    7 Kommentare
    Klara Rasper

    Als waere die Sache an sich nicht schon skandaloes genug. Politische Konsequenzen lassen auf sich warten, was allmaehlich zum zweiten Skandal wird. Der Justizminister wusste vielen Meldungen zufolge frueh Bescheid. Getan wurde nichts. Ruecktritt oder Entlassung sind bisher kein Thema. Das kann doch nicht wahr sein.

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    Maja Steiner

    Ja und der verstummte Ministerpräsident, der in vergleichbaren Fällen in anderen Bundesländern mit Sicherheit sofort groß aufsprechen würde. Diesbezüglich bin ich von der AA (die in der Sache sonst einen tollen Job macht) ein wenig enttäuscht. Söder gehört befragt und wenn er ablehnt, Stellung zu nehmen (beispielsweise warum er seinen Justizminister nicht entlässt) dann gehört das genau so prominent berichtet, wie der Fall selbst. Meine ich.

    Franz Wagner

    Der verantwortliche Minister sollte ebenfalls zurücktreten! Hier sind mir zu viele Unstimmigkeiten

    Franz Xanter

    Führungsstil und Führungsverantwortung auf Ministerebene. Wenn man nur dann tätig werden würde, wenn man Informationen gemeldet bekommen würde, dann sollte man schleunigst seinen Posten räumen! Von einer sachgerechten und verantwortungsbewussten ministeriellen Tätigkeit kann hier definitiv nicht mehr gesprochen werden. Würde man dies als Wirtschaftsverantwortlicher machen, so könnte man sofort seine Kündigung übernehmen. Aber bei Politikern scheint Verantwortung mittlerweile ein Fremdwort zu sein.

    Burghard Deichmann

    Ich mache in erster Linie MP Söder verantwortlich. Bei jeder Kleinigkeit in anderen Bundesländern ist Söder der erste der lauthals Kritik übt. Die A A ist sehr schwach, daß sie dieses Thema nicht aufgreift. Wäre doch was für Rudi Wais.

    Erhard Achstaller

    Nordkorea lässt grüßen, wenn man diesen Artikel liest. Das so, was in deutschen Gefängnissen möglich ist, zeigt, dass einiges schief läuft in deutschen Gefängnissen. Im Gefängnis von Gablingen wurden Menschenrechte mit Füßen getreten. Auch das Bayerische Justizministerium hat sich mitschuldig gemacht, und der Bayerische Justizminister sollte seinen Stuhl räumen. Alle Verantwortliche vom Gefängnis Gablingen, die sich mitschuldig gemacht haben sollte, man auch zur Verantwortung ziehen. Gefangene nackt in eine Zelle einsperren, ist Menschenverachtens. Man sollte keinen Gefangenen seine Menschenwürde absprechen, und das sollte in jedem Gefängnis zum tragen kommen.

    Martin Schiffelholz

    Typisch CSU, alles unangenehme wird totgeschwiegen und verdrängt. Von Selbstkritik keine Spur. Auf andere draufhauen und Bierzeltparolen gröhlen ist ja auch viel einfacher als im eigenen Laden einfach mal aufzuräumen. Das Führungspersopnal der CSU ist einfach nur noch zum fremdschämen. 75 Jahre nach Gründung der BRD braucht kein Mensch noch so eine selbstverliebte bayrische Nationalpartei. Wenn ich aber die Umfragen so ansehe, stelle ich mich die nächsten vier Jahre wieder auf Blockadepolitik in Berlin ein! Die CSU arbeitet nur für sich und dann nochmal für sich, und wenn dann noch Zeit ist gehen sie ins Bierzelt und trinken auf ihre Blockade- und Aussitzerfolge!

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