Wann es zu einem Strafprozess um den mutmaßlichen Folterskandal in der JVA Augsburg-Gablingen kommen wird, ist zurzeit völlig offen. Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft laufen ja noch auf Hochtouren. Doch bereits jetzt gibt es erste juristische Scharmützel in diesem Fall – auf einem anderen Schauplatz.
Neben den strafrechtlichen Ermittlungen wegen Körperverletzung im Amt hat das bayerische Justizministerium disziplinarische Maßnahmen gegen die beschuldigten JVA-Bediensteten ergriffen. So wurde nicht nur ein Betretungsverbot für den ehemaligen Arbeitsplatz ausgesprochen und ein Disziplinarverfahren bei der Generalstaatsanwaltschaft München in Gang gesetzt, sondern auch ein „vorläufiges Verbot der Führung der Dienstgeschäfte“ ausgesprochen. Das bedeutet, die unter Verdacht stehenden JVA-Mitarbeiter können bis auf Weiteres ihren Beruf nicht ausüben. Ihre Bezüge erhalten die suspendierten Beamten aber nach Informationen unserer Redaktion in vollem Umfang weiter.
Anwalt Adam Ahmed kritisiert: kein faires Verfahren
Gegen dieses vorläufige „Berufsverbot“ setzt sich einer der Beschuldigten mithilfe des bekannten Münchner Strafverteidigers Adam Ahmed zur Wehr. Er hatte eine Klage beim Verwaltungsgericht Augsburg eingereicht. Anwalt Ahmed hat gleich mehrere Kritikpunkte. Seinem Mandanten werde lediglich eine Tat der Körperverletzung im Amt vorgeworfen. Diesen Vorwurf weist der beschuldigte Justizvollzugsbeamte aber zurück.
Ferner stört den Rechtsanwalt, dass er bisher keine beziehungsweise aus seiner Sicht nur höchst unvollständige Akteneinsicht erhalten hat. So sei nicht einmal ersichtlich, wo genau in der JVA Gablingen und in welchem Zeitraum sich die Tat abgespielt haben soll. Es sei nur pauschal die Rede davon, dass sein Mandant einen Häftling geschlagen haben soll. Der Vorwurf bleibe abstrakt, es fehle an einem konkret vorgeworfenen strafbaren Verhalten. Die anonymen Schreiben, die unter anderem zu dem Tatvorwurf geführt haben, seien ebenfalls nicht Bestandteil der Akte. Unter diesen Umständen könne eine vernünftige Verteidigung des Beschuldigten nicht stattfinden. Auch der Grundsatz des „fairen Verfahrens“ sei verletzt, so Ahmed.
Zudem hält der Anwalt das Berufsverbot für völlig unverhältnismäßig. Zum einen gelte ohnehin die Unschuldsvermutung, zum anderen könnte sein Mandant anderweitig eingesetzt werden, beispielsweise an einem Arbeitsplatz, an dem er bis auf Weiteres nichts mit Gefangenen zu tun hat.
Staatsanwaltschaft ermittelt gegen 17 Bedienstete der JVA Gablingen
Der Skandal in der JVA Gablingen hat mittlerweile enorme Ausmaße angenommen. Die Staatsanwaltschaft ermittelt insgesamt gegen 17 Bedienstete, davon gegen 14 wegen des Verdachts der Körperverletzung im Amt, teils durch Unterlassen. Unter den Beschuldigten sind auch die mittlerweile freigestellte Ex-Chefin des Gefängnisses, Zoraida Maldonado de Landauer, und die suspendierte stellvertretende Leiterin, eine 37-jährige Juristin.
Gericht: Weiterbeschäftigung könnte Dienstbetrieb ernsthaft stören
Den Streit um das Berufsverbot hat das Augsburger Verwaltungsgericht am Freitag bereits im Eilverfahren entschieden: Es wies die Klage des Beamten ab, er bleibt damit suspendiert und darf die „Dienstgeschäfte“ weiterhin nicht ausüben. Nach einer summarischen Prüfung wäre eine „ernsthafte Störung des Dienstbetriebs zu befürchten“, wenn der Kläger während des laufenden Ermittlungsverfahrens weiter bei der JVA Gablingen beschäftigt werden würde, teilte das Gericht auf Anfrage unserer Redaktion mit.
Rechtsanwalt Adam Ahmed ist enttäuscht: „Elementare verfassungsrechtliche Grundsätze werden seitens des Ministeriums und des Verwaltungsgerichts einfach ignoriert“, sagt Ahmed. Er wird weiter kämpfen. In Absprache mit seinem Mandaten werde er Beschwerde beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof einlegen und notfalls bis vors Bundesverfassungsgericht ziehen, kündigt Ahmed an.
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