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Johannes Becher: Vom Hobby-Kabarettisten zum Grünen-Chef während Katharina Schulzes Babypause

Grüne in Bayern

Babypausen-Vertreter von Katharina Schulze: Bühne frei für Becher

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    Johannes Becher vertritt Grünen-Fraktionschefin Katharina Schulze während ihrer Babypause als Fraktionschef.
    Johannes Becher vertritt Grünen-Fraktionschefin Katharina Schulze während ihrer Babypause als Fraktionschef. Foto: IMAGO/Future Image

    Irgendwo am Strand liegen, das ist nichts für Johannes Becher: Anfang August ist der Vize-Chef der Grünen-Fraktion im Landtag deshalb mehr als 200 Kilometer durch Oberbayern gelaufen - zu Fuß vom Berchtesgadener Land in seine Heimatstadt Moosburg im Landkreis Freising. Der 36-Jährige macht das jeden Sommer, seit er 2018 in den Landtag gewählt wurde - mit knapp drei Dutzend Terminen auf dem Weg.

    „Ich will auf Augenhöhe mit ganz normalen Menschen ins Gespräch kommen“, erzählt er. Zu groß sei oft die Distanz zwischen Berufspolitikern und den Menschen im Land. Man müsse dabei ja gar nicht einer Meinung sein, aber einander mit Respekt begegnen und sich zuhören, findet Becher: „Und wenn man im Landtag sitzt, ist es sehr wichtig, ein Gefühl für die Leute und ihre Probleme zu behalten.“

    Johannes Becher ist der Typ hemdsärmeliger Pragmatiker vom Land

    Als Vize ist Becher Stellvertreter der Grünen-Fraktionschefin Katharina Schulze. Nach der Schlappe bei der Landtagswahl mit dem Absturz auf nur noch 14,4 Prozent kappte die Öko-Partei ihre traditionelle Doppelspitze und wählte Schulze zur alleinigen Chefin. Becher wurde überraschend zur neuen Nummer Zwei - wohl nicht zuletzt, weil er als hemdsärmeliger Typ vom Land verlorenes Vertrauen im ländlichen Raum zurückgewinnen soll.

    Diesen Herbst wird Becher während Schulzes mehrwöchiger Babypause nun sogar zum Interims-Chef der Grünen im Landtag. Und beim bundesweit beachteten Polit-Frühschoppen auf dem Gillamoos-Volksfest ist er neben dem Bundestagsabgeordneten Toni Hofreiter an diesem Montag der Hauptredner der Grünen.

    Ein Auftritt auf großer Bühne, der Becher liegen dürfte: Seit 2010 macht er als Hobby politisches Kabarett. „Ich brauch‘ das, um die Politik zu verarbeiten“, sagt er. Becher ist zudem einer der besten Redner im Landtag. Im Januar etwa zerlegte er in einem leidenschaftlichen Plädoyer für Demokratie und Toleranz die Haltung der AfD zum Parlamentarismus und zur Migration.

    Selbst in der CSU schätzt man Bechers sachlich-kritische Art

    Im Juni nötigte seine sachlich-kritische Erwiderung auf eine Regierungserklärung von Ministerpräsident Markus Söder (CSU) sogar manch Granden aus dem Regierungslager Respekt ab: Gäbe es mehr Pragmatiker wie Becher bei den Grünen, hieß es dort danach hinter vorgehaltener Hand, könnte Schwarz-Grün auch in Bayern funktionieren.

    Dass Becher seine Reden im oberbayerischem Dialekt vorträgt, „hat vor allem mit meinem Unvermögen im Hochdeutsch zu tun“, erklärt er. Kein Problem wäre es hingegen „des Inderview auf fränggisch“ weiterzuführen: Becher ist Sohn oberfränkischer Eltern und hat seine ersten Lebensjahre im Landkreis Hof verbracht.

     „Ich gehe lieber einen halben Schritt vorwärts, als ewig auf den großen Sprung zu warten.“

    Johannes Becher, Landtagsabgeordneter und Vize-Chef der Landtagsfraktion der Grünen in Bayern

    Politisch setzt Becher auf Pragmatismus statt Ideologie: Gerade hat er die Sanierung eines mehr als 500 Jahre alten Hauses in Moosburg beendet. Dabei könne man viel fürs Leben und die Politik lernen, erzählt Becher - etwa dass es manchmal Mut für machbare Lösungen jenseits der Norm brauche: „Ich gehe lieber einen halben Schritt vorwärts, als ewig auf den großen Sprung zu warten.“

    Politik müsse sich immer an der Realität orientieren, findet der Grünen-Vize

    Was heißt das konkret für die Grünen, die auch in Bayern politisch unter Druck stehen? Politik müsse sich an der Realität orientieren, die die Menschen jeden Tag sehen, sonst verliere sie an Akzeptanz, warnt Becher. Deshalb müssten sich auch die Grünen bewegen, um Vertrauen zurückzugewinnen, etwa in der Migrationspolitik. „Wer fleißig ist und sich an die Regeln hält, muss hier eine Chance bekommen“, findet er mit Blick auf Zuwanderer: „Wer nicht, der muss Konsequenzen fürchten.“ Um herauszufinden, was sich konkret ändern muss, macht Becher gerade ein „Praktikum“ in der Ausländerbehörde der Stadt München: „Ich will die Realität sehen“, erklärt er. „Denn das ist die Grundlage für gute Politik“.

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    1 Kommentar
    Günter Köhler

    Bin mal gespannt, ob dieser Babypausen-Auftritt die bayerischen Grünen wieder einen Sprung nach vorne bringt, was aber jetzt keinesfalls eine Kritik an Katharina Schulz in sich birgt. Aber ein etwas anderer frischer Wind als bisher sollte doch für die Grünen kein Schaden sein. Und für Söder vor allem keine Freude.

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