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Jahreswechsel: Stammzellen gespendet, Krebs überwunden und anderen geholfen: Sechs Menschen über ihre Erfolge 2023

Jahreswechsel

Stammzellen gespendet, Krebs überwunden und anderen geholfen: Sechs Menschen über ihre Erfolge 2023

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    Adél Schmieder, Tatjana Schwarz, Anna Görlitz und Christian Diepold blicken auf ihre Erfolge 2023 zurück. (von rehts oben nach links unten)
    Adél Schmieder, Tatjana Schwarz, Anna Görlitz und Christian Diepold blicken auf ihre Erfolge 2023 zurück. (von rehts oben nach links unten) Foto: Schmieder, Schwarz, Görlitz, Diepold, Canva AZ-Montage

    Skandale, schlechte Nachrichten, Misserfolge prägen sich deutlich leichter ein als das Schöne. So tickt das menschliche Gehirn. Leider, ließe sich ergänzen. Und weil es in diesem Jahr viel Negatives zu berichten gab, möchte unsere Redaktion ein Gegengewicht setzen. Wir haben deshalb unsere Leserinnen und Leser gefragt: Worüber haben Sie sich dieses Jahr gefreut? Worauf sind sie stolz? Und was hat sie glücklich gemacht? Es haben sich einige von ihnen gemeldet: Manche erzählen von einem erfolgreichen Neuanfang im Job, andere von einer Reise. Mit sechs von ihnen haben wir länger gesprochen und ihre Erlebnisse aufgeschrieben. Für ein Jahresende, das Mut macht.

    Christian Diepold: Erst Stammzellenspender, dann glücklicher Papa

    Als ich etwa 17 Jahre alt war, wurde in meiner Schule Werbung dafür gemacht, sich als Stammzellenspender registrieren zu lassen. Das habe ich getan.Das ist jetzt 13 Jahre her. Und vergangenes Jahr, kurz vor Weihnachten, habe ich einen Anruf bekommen. Es hieß, meine Stammzellen würden zu jemandem passen, der einen Spender sucht. Ob ich immer noch bereit sei zu spenden. Da habe ich Ja gesagt.

    Christian Diepold mit seiner Frau und seiner kleinen Tochter.
    Christian Diepold mit seiner Frau und seiner kleinen Tochter. Foto: Christian Diepold

    Als Nächstes hatte ich einen Arzttermin. Dort wurde ich näher untersucht. Es war wie ein genauerer Check-up. Er hat geschaut, ob ich selbst fit genug bin, Stammzellen zu spenden. Und auch, ob meine Zellen wirklich zu denen des Empfängers passen. Im Frühjahr habe ich dann Stammzellen gespendet. Dafür gibt es zwei Methoden. Ich hatte die etwas leichter verträgliche und habe mir für fünf Tage ein Medikament gespritzt, das die Bildung von Stammzellen anregt. Die Spende ist dann wie eine Blutwäsche. In einem Arm wird das Blut entnommen, die Stammzellen ausgefiltert, und in den anderen Arm wird das Blut zurück in den Körper gepumpt. 

    Die Spende läuft anonym ab. Das heißt, ich wusste im Vorfeld gar nicht, an wen die Stammzellen gehen. Mittlerweile weiß ich ein bisschen mehr. Sie ging anscheinend an eine Person aus den USA. Es gibt außerdem die Möglichkeit, sind anonym Briefe zu schreiben. Die habe ich genutzt und Weihnachtskarten an den Empfänger geschickt. Und ich weiß auch, dass meine Spende geholfen hat. Das ist ein schönes Gefühl.

    Vor drei Monaten bin ich dann noch Vater geworden. Schon die Schwangerschaft meiner Frau war natürlich spannend. Und die Geburt auch. Jetzt sind wir zu dritt. Langsam haben wir uns daran gewöhnt, dass unsere Tochter da ist und freuen uns auf das Weihnachtsfest zu dritt – oder mit Katze zu viert.

    Anna Görlitz: Heißt nun auch offiziell Anna Görlitz

    Mir selbst ist seit etwa achtzehn Jahren klar, dass ich eine Transfrau bin. 2022 war mir dann klar, ich muss etwas tun. So kann es nicht weitergehen. Im Herbst des vergangenen Jahres habe ich deshalb eine Hormonersatztherapie begonnen und angefangen, mich als trans zu outen. Erst bei Menschen, die mir nahestehen, dann auch bei meinen Mitarbeitern. Zwischen Oktober 2022 und Januar 2023 habe ich mich überall geoutet. Ich bin Mitglied in der Mittelstands-Union der CSU und auch in der katholischen Kirche aktiv. Und überall wurde mein Outing – und auch ich – offen aufgenommen. Das fand ich sehr gut.

    Anna Görlitz hat 2023 auch offiziell ihren Namen angenommen.
    Anna Görlitz hat 2023 auch offiziell ihren Namen angenommen. Foto: Anna Görlitz

    Gleichzeitig habe ich auch entschieden, dass ich keine Lust mehr habe, alle Dokumente mit meinem alten Namen zu unterschreiben, weil der noch in meinen offiziellen Dokumenten vermerkt war. Ich wollte offiziell Anna Görlitz sein. Also habe ich mir die notwendigen Gutachten dafür organisiert und hatte im Frühjahr den Gerichtstermin, um meinen Namen ändern zu lassen. Weil ich noch im Gericht auf Rechtsmittel verzichtet habe, war die Entscheidung sofort wirksam. Da bin ich wirklich mit Tränen in den Augen aus dem

    2023 ist wirklich so viel passiert: Meine natürlichen Haare sind wieder nachgewachsen, mein Bart ist so gut wie verschwunden. Wenn ich Fotos von mir angucke, wie ich vor einem Jahr ausgesehen habe und wie ich jetzt aussehe, dann ist das ein sehr erfolgreicher Anblick.

    Tatjana Schwarz: Grand Champion und glückliche Lehrerin

    Ich habe sechs Jahre in Schweden gelebt – und da auch meinen Mann kennengelernt. Aber nach dieser Zeit fand ich es nicht mehr so schön, dort zu arbeiten. Also haben wir 2021 beschlossen, nach Deutschland zurückzukommen. Ich komme ursprünglich aus Augsburg und bin Mittelschullehrerin. Ich wollte also wieder irgendwo nach Schwaben. Weil da der Landkreis Neu-Ulm am aussichtsreichsten ist, dass Bewerbungen auch akzeptiert werden, habe ich mich dort beworben und bin jetzt an einer Mittelschule in Senden. Und das finde ich sehr, sehr schön. Bei allem Negativen, was man hört, muss ich sagen: Ich liebe meinen Beruf. Auch nach 27 Jahren kann ich mir keinen anderen Job vorstellen, und darüber bin ich einfach fürchterlich glücklich und sehr, sehr dankbar. Das ist ja nicht selbstverständlich, dass man so sehr liebt, was man tut. Das allein ist für mich schon ein Erfolg. Aber ich hatte dieses Jahr noch zwei andere.

    Tatjana Schwarz wurde 2023 Grand Champion im Tang Soo Do und eröffnete eine Kampfkunstschule.
    Tatjana Schwarz wurde 2023 Grand Champion im Tang Soo Do und eröffnete eine Kampfkunstschule. Foto: Schwarz

    Mein Mann und ich betreiben beide Kampfkunst. Ich Tang Soo Do und er Qigong und eine koreanische Schwertkampfkunst. Das ist uns sehr wichtig. Dass ich diesen Sport gefunden habe, ist für mich auch eine Art Lebensretter. Wir hatten in Schweden einen Kampfkunstklub und haben dann beschlossen: Das wollen wir auch hier. Es war gar nicht so einfach, dafür Räume zu finden. Es hat sich aber durch einen Zufall ergeben, dass wir vor drei Monaten die Räume einer Physiotherapiepraxis übernehmen konnten. Also haben wir dort unsere Schule eröffnet und sind wirklich freudig überrascht, wie gut das läuft. Wir haben jetzt schon viel mehr Schüler, als wir angenommen hatten. Es ist für uns eine große Leidenschaft, die wir dort weitergeben können. Zudem bin ich dieses Jahr European Champion geworden im Tang Soo Do – und das mit 51. Das bedeutet mir auch viel. Es ist mehr als der Sieg, es geht darum, dass die ganze Arbeit, die man in den Sport gesteckt hat, dass sich das lohnt. Da war es toll, den Pokal in der Hand zu halten.

    Mir ist wichtig, dass man sich erlaubt, für sich selber glücklich zu sein – bei allem, was nicht so toll läuft. Das versuche ich meinen Kindern mitzugeben, aber auch an meine Schüler weiterzugeben – in der Schule und beim Tang Soo Do.

    Adél Schmieder: Weniger Gelenkschmerzen dank Gewichtsverlust

    Ich habe schon seit 20 Jahren Probleme mit meinem Gewicht, aber früher habe ich es nicht geschafft, etwas daran zu ändern. Ich hatte auch gesundheitliche Probleme deshalb: eine Insulinresistenz, Bluthochdruck. Anfang 2022 war ich bei einem Orthopäden. Ich hatte arge Schmerzen in den Knien und dazu durch eine Arthrose in der Lendenwirbelsäule starke Schmerzen im Rücken. Also wollte ich von dem Orthopäden wissen, ob er dagegen etwas tun kann. Er hat mir höflich, aber sehr bestimmt gesagt, dass er nichts tun kann. Das Einzige, was helfen würde, wäre, wenn ich abnehme – oder ich müsse damit leben. Das kam bei mir an. Also habe ich mich entschieden, mich hypnotisieren zu lassen. Magenband-Hypnose nennt sich das. Dafür muss man natürlich offen sein und daran glauben, dass das wirkt. Bei mir hat es gewirkt.

    Am Tag nach der Hypnose habe ich angefangen, meine Kalorien zu zählen, keinen Zucker mehr zu essen, habe mit Intervallfasten begonnen und mir ein Ziel gesetzt: 70 Kilo sollten runter. Mitte des Jahres hatte ich das Ziel erreicht. Nach eineinhalb Jahren. Für mich ist das ein super Erfolg.

    Innerhalb von eineinhalb Jahren hat Adél Schmieder 70 Kilo abgenommen.
    Innerhalb von eineinhalb Jahren hat Adél Schmieder 70 Kilo abgenommen. Foto: Adél Schmieder

    Das Ganze hat aber jetzt auch negative Folgen. Ich habe überschüssige Haut. Das tut ziemlich weh. Etwa wenn ich sitze. Es fühlt sich an, als ob sich meine Haut um sich selbst verwurschtelt. Am Oberschenkel ist es das Gleiche: Die überflüssige Haut schmerzt. Die Krankenkasse will die Operationen, die ich bräuchte, nicht bezahlen. Selbst finanzieren kann ich das nicht. Also versuche ich jetzt, das durchzukämpfen und habe mir einen Anwalt gesucht und dem Ablehnungsbescheid widersprochen. Er ist vorsichtig zuversichtlich.

    Insgesamt fühle ich mich mit meinem neuen Gewicht sehr wohl. Viele meiner gesundheitlichen Beschwerden sind ebenfalls besser geworden. Die Arthrose ist zwar noch da, aber mein Rücken tut nicht mehr weh. In meinen Knien habe ich vermutlich einen Knorpelschaden. Aber durch das neue Gewicht und den regelmäßigen Sport hoffe ich einfach, es möglichst lange hinauszögern zu können, dass ich künstliche Knie brauche.

    Elli Joachim*: Hat Long Covid und hilft anderen Betroffenen

    Im Februar letztes Jahr habe ich mich mit Corona angesteckt. Aber als mein Test wieder negativ war, sind die Symptome nicht weggegangen. Ich hatte das Gefühl, mir liegt beim Atmen ein Ziegelstein auf der Brust, ich war vergesslich, hatte Konzentrationsstörungen, kam beim Sprechen schnell außer Atem. Ich bin morgens aufgestanden, habe Frühstück gemacht und musste mich dann bis mittags wieder hinlegen, weil ich so erschöpft war. Ich habe mit meiner damaligen Hausärztin gesprochen, aber sie hat mich nicht ernst genommen. Und nur durch eigene Recherche bin ich drauf gekommen, dass ich Long oder Post Covid habe.

    Irgendwann habe ich den Arzt gewechselt. Erst dann habe ich meine Post-Covid-Diagnose bekommen. Nur leider gibt es gegen diese Erkrankung keine Medikamente. Ich hatte dieses Jahr trotzdem Glück, ich bin in eine Studie der Uni Bamberg aufgenommen worden und konnte da zwölf Wochen lang Therapie machen, die mir auch etwas geholfen und die Beschwerden erleichtert hat.

    Weil es über diese Krankheit immer noch so wenige Informationen gibt und ich so viel auf eigene Faust herausfinden musste und ich das Gefühl hatte, viele Ärzte wissen gar nicht, was Post Covid ist, habe ich irgendwann beschlossen: Ich gründe eine Selbsthilfegruppe. Ich bin Mitte 30, da tue ich mich mit vielem leichter, weil ich es googeln oder mich über soziale Medien austauschen kann. Aber wie geht es älteren Menschen? Das war meine Motivation, die Gruppe zu gründen.

    Im September ist sie an den Start gegangen, und seither sind wir ein harter Kern von sechs bis acht Betroffenen, die sich regelmäßig austauschen. Ab Januar werden die Treffen einmal im Monat stattfinden. Vielen, die kommen, tut es einfach nur gut, mit den anderen zu sprechen und zu sehen: Denen geht es ja genau wie mir. Aber dadurch, dass die Krankheit noch so neu ist, müssen wir alles selber herausfinden. Wie bekomme ich Erwerbsminderungsrente? Was muss ich tun, wenn mir die Krankenkasse kein Krankengeld mehr bezahlt, ich aber nicht wieder arbeiten kann? Wo gibt es Fachärzte? Wir geben uns gegenseitig Tipps und konnten uns schon oft weiterhelfen. Das tut gut.

    Sabrina Schmid*: Ihre Mama überstand Krebs

    Unser letztes Weihnachten war nicht besonders toll – das ganze letzte Jahr nicht. Meine Mutter hat im vergangenen Jahr an

    Wenn man weiß, da wächst ein Tumor, hat man einfach Angst, was dieses Warten bedeutet. Streut der? Breitet der sich aus? Zum Glück hat meine Mutter nach etwa zwei Monaten einen OP-Termin bekommen. Dabei kam heraus, dass der Tumor nicht gestreut hatte. Aber dennoch haben ihr die Ärzte empfohlen, vorsorglich eine Chemotherapie zu beginnen.

    Das war wieder mit Ungewissheit verbunden: Wie wird es ihr gehen? Verträgt sie die Chemo? Was bringt das für Nebenwirkungen mit sich? Aber meine Mama war unheimlich stark. Sie hat gesagt: Ich lasse mich jetzt nicht bremsen. Und ist weiter zum Sport gegangen und hat getanzt. Erst nach einiger Zeit sind ihr die Haare ausgefallen. Also hat meine Schwester sie ihr abrasiert. Das war ein Einschnitt, weil dann alle gesehen haben: Oh, die hat Krebs. Und das wird schnell verbunden mit Krankheit und Tod.

    Als die Chemo beendet war, hatte meine Mama eine abschließende Untersuchung. Da wird geschaut, ob sich im Körper noch Krebs finden lässt. Da kam die nächste schlechte Nachricht: Die Lunge war auffällig. Das hieß für uns alle wieder: Warten und Angst haben. Bis zur OP hat es wieder zwei Monate gedauert. Im Krankenhaus hatte sie noch eine Untersuchung. An dem Tag, an dem die OP stattfinden sollte, kam dann der Arzt und sagte: Das ist kein Tumor. Das ist eher eine Entzündung. Also konnte sie wieder gehen. Und für uns war klar: Sie hat den Krebs überstanden.

    Das ganz Jahr war wahnsinnig anstrengend für uns als Familie und für meine Mama. Jetzt freuen wir uns, dass wir einen positiven Schlussstrich darunter ziehen können.

    *Namen von der Redaktion geändert.

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