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Jahresrückblick: So san mia? Machtfragen prägten das Jahr in Bayern

Jahresrückblick

So san mia? Machtfragen prägten das Jahr in Bayern

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    Ob für Politiker, Kirchenmänner oder Tiere - es war kein einfaches Jahr in Bayern.
    Ob für Politiker, Kirchenmänner oder Tiere - es war kein einfaches Jahr in Bayern. Foto: dpa/AZ

    Alfred Sauter und Georg Nüßlein - FFP2 wird zum Kürzel einer CSU-Affäre

    Berlin, Donnerstag, 25. Februar, Bundestag: Die Büros und Privaträume des schwäbischen CSU-Bundestagsabgeordneten Georg Nüßlein, 52, werden durchsucht. Der Politiker steht unter Korruptionsverdacht. Es ist der Beginn der Maskenaffäre. München, Mittwoch, 17. März, Landtag: Die Büros und Privaträume des schwäbischen CSU-Landtagsabgeordneten Alfred Sauter, 71, werden durchsucht. Auch er ist unter Korruptionsverdacht geraten.

    Das Namenspaar Nüßlein/Sauter wird in diesem Jahr eine Art negativer Gegenentwurf zu den Biontech-Gründern Ugur Sahin und Özlem Türeci. Die Wissenschaftler werden als Helden im Kampf gegen Corona gefeiert. Die beiden Politiker werden geächtet, weil sie sich in einer der größten Krisen des Landes persönlich durch Provisionen aus Maskengeschäften bereichert haben. 1,2 Millionen Euro hat Sauter kassiert. Dieselbe Summe sollte Nüßlein bekommen, doch nach einer ersten Tranche von 660.000 Euro stoppt eine Liechtensteiner Bank weitere Zahlungen.

    Für die CSU kommt diese Affäre am Beginn des Bundestagswahljahres zur Unzeit. Entsprechend hart reagiert die Partei. Nüßleins Politiker-Karriere ist komplett vorbei, er ist sogar aus der CSU ausgetreten. Sauter sitzt nur noch als fraktionsloser Abgeordneter im Landtag. Als Konsequenz wird das Abgeordnetengesetz in Bayern verschärft und ein Lobbyregister eingeführt. Der Untersuchungsausschuss „Maske“ soll Anfang des Jahres seine Arbeit aufnehmen und die Affäre noch einmal gründlich beleuchten. Strafrechtlich ist die Angelegenheit bislang nicht geklärt. Nach überraschenden Beschlüssen des Oberlandesgerichts München, die in der Maskenaffäre keine Bestechung von Abgeordneten sahen, liegen die Fälle nun beim Bundesgerichtshof.

    Markus Söder und Hubert Aiwanger – ein Regierungsduo mit vielen Gesichtern

    Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger hat es von Anfang an gewusst: Wer mit der CSU ins Bett geht, der muss aufpassen, nicht erdrückt zu werden. Ende September, unmittelbar nach der Bundestagswahl, wär's fast passiert. CSU-Chef und Ministerpräsident Markus Söder nahm seinen Vize in der Staatsregierung ordentlich in den Schwitzkasten, weil er aus seiner Sicht im Bundestagswahlkampf allzu forsch auf einen Anti-CSU-Kurs gegangen war und sich obendrein in der bayerischen Corona-Politik recht widerspenstig gezeigt hatte.

    Der Streit ist, wie mehrfach berichtet, einigermaßen beigelegt. Was aber im abgelaufenen Jahr durch Corona und Bundestagswahlkampf weitgehend aus dem Blick der Öffentlichkeit geraten ist, das ist die Landespolitik. Das lange Ringen um eine Reform des bayerischen Klimaschutzgesetzes zwischen CSU und Freien Wählern hat noch nicht zu einem allseits befriedigenden Ergebnis geführt. Zwar wurde vom Kabinett ein neuer Entwurf samt erweitertem Maßnahmenpaket vorgelegt. Kritiker aber bezweifeln, dass die selbst gesteckten Klimaziele der Staatsregierung dadurch nur annähernd erreicht werden könnten. Die Debatte, die ursprünglich bereits im vergangenen Sommer hätte geführt werden sollen, ist aufs neue Jahr verschoben.

    Aufgeschoben ist auch der Dissens zwischen CSU und Freien Wählern in der Energiepolitik. Zwar beackert Aiwanger das Thema Wasserstoff, doch das betrifft eine noch sehr ferne Zukunft. Wie die Energieprobleme in diesem und im kommenden Jahrzehnt angegangen werden sollen, darauf hat die Staatsregierung noch keine schlüssige Antwort. Aiwanger lehnt Stromtrassen ab, Söder Windräder. Beide warten ab, was die neue Bundesregierung so macht.

    Woelki und Marx – katholische Rücktrittsfragen zwischen Bayern und Köln

    Wieder einmal endet ein Jahr, das für die katholische Kirche ein Katastrophenjahr war – vor allem, weil es Verantwortlichen wieder einmal nicht gelang, Missbrauchsfälle in den eigenen Reihen glaubwürdig aufzuklären. 2021 erreichte der Missbrauchsskandal und der skandalöse Umgang mit ihm eine neue Dimension, und dafür stehen zwei der prominentesten und einflussreichsten Bischöfe Deutschlands und der Weltkirche: der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki und der Münchner Kardinal Reinhard Marx, die sich vorwerfen lassen müssen, nicht adäquat mit (Verdachts-)Fällen umgegangen zu sein. Woelki klebte an seinem Erzbischofsamt, Marx bot dem Papst seinen Rücktritt an – was dem einen massive Kritik, dem anderen Sympathiepunkte einbrachte.

    Doch was heißt das schon mit Blick auf die, um die es in erster Linie gehen müsste, um die Betroffenen? Viele von ihnen mussten 2021 wieder einmal erfahren, dass es Kirchenverantwortliche sind, die bei Aufklärung und Aufarbeitung maßgeblich mitbestimmen. Die Rufe nach einer staatlich eingesetzten, wirklich unabhängigen „Wahrheitskommission“ wurden entsprechend lauter. Und immer deutlicher wurde: Dass Kirche „sich selbst aufklärt“, funktioniert nicht.

    Woelki und Marx? Der Papst beließ Woelki, die Reihen fest geschlossen haltend, nach einer völlig intransparenten Visitation im Amt, ebenso Marx. Woelki, dem er eine „geistliche Auszeit“ gewährte, habe „vor allem auf der Ebene der Kommunikation“ große Fehler gemacht, teilte er mit. Dabei hatte Woelki sogar eingeräumt, Opfer seien durch seine Fehler retraumatisiert worden. Marx’ Versagen ist – nach allem, was bekannt ist – kirchenrechtlich offensichtlicher. Die Annahme seines Rücktrittsgesuchs wäre mehr als ein Symbol gewesen.

    Selten, aber unterschiedlich beliebt: Bartgeier und Wolf.
    Selten, aber unterschiedlich beliebt: Bartgeier und Wolf. Foto: Paul Zinken, dpa - Swen Pförtner, dpa

    Wolf und Bartgeier – und diese ewig widersprüchlichen Menschen

    Das Verhältnis des Menschen zu Tieren ist bekanntlich diffizil. Die einen hält er sich, um sie zu verwöhnen, die anderen, um sie zu essen. Die einen findet er süß und knuffig, die anderen jagen ihm Angst ein. Um die einen trauert er, wenn sie weg sind, die anderen vertreibt er selbst. Oder er greift gleich zur Flinte. Unzählige Tierarten hat der Mensch auf diese Weise schon aus seiner Nähe verbannt, oder sie gleich ganz ausgerottet. Zwei davon kehren nun wieder zurück nach Bayern und werden zugleich Zeuge der menschlichen Widersprüchlichkeit. Denn der eine, der Bartgeier, wird mit großem Tamtam Willkommen geheißen und der andere, der Wolf, muss froh sein, wenn er keiner Menschenseele zu nahe kommt – es könnte böse für ihn enden.

    Dabei wäre die Rückkehr der beiden in Bayern einst ausgerotteten Tiere eigentlich eine freudige Nachricht, der Beweis dafür, dass die hiesige Natur nicht nur traumhaft schön ist, sondern auch Lebensraum für jedes und jeden ist, der sich hier niederlassen will. Wenn, ja wenn der Mensch nicht wäre.

    Und so dürfen sich also die beiden Bartgeigerweibchen Wally und Bavaria seit diesem Sommer frohen Mutes und schwungvollen Fluges im Freistaat austoben und werden dabei längst nicht nur von begeisterten Tierschützern bestaunt. Völlig zu Recht sind die beiden aus Spanien eingeflogenen und in den Berchtesgadener Alpen ausgewilderten Vögel mit ihrer Spannweite eines Tages von bis zu knapp drei Metern doch wahnsinnig beeindruckende Geschöpfe. Die Wölfe hingegen, von denen laut Bund Naturschutz 13 in Bayern sesshaft sind, müssen weiterhin auf der Hut sein. Sobald sie fressen, was sie nun mal fressen, droht Ärger mit dem Menschen: Es könnte ja ein Tier sein, das ihm willkommen ist.

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