Herr Boning, Sie schwimmen nun bald den 500. Tag in Folge, immer in Seen oder Flüssen. An Wintertagen meist etwa 15 bis 20 Minuten, im Sommer setzen Sie dem keine festen Grenzen. Jetzt haben Sie ein Buch darüber geschrieben, wie es ist, ein Jahr lang jeden Tag zu schwimmen. Warum tun Sie sich das an?
WIGALD BONING: Ganz am Anfang war es so, dass ich mit meiner Familie nach Herrsching an den Ammersee gezogen bin, weil meine Schwiegereltern hier in der Nähe wohnen. Und da dachte ich: Man sollte etwas Sinnstiftendes mit dem See anstellen. Hinzu kam, dass ich eine verkalkte Schulter beklagen musste, die immer mal wieder weh tat. Ich hatte dann den Eindruck, dass das Schwimmen der Schulter irgendwie helfen könnte. Und dann bin ich seit langer Zeit ein Freund dieser Streak-Herausforderung, dass man also etwas jeden Tag macht. Einfach, weil es mir viel leichter fällt, mich jeden Tag sportlich auszutoben als nach irgendwelchen komplizierten Plänen. Das ist so ähnlich wie Zähneputzen. Das macht man täglich, ohne groß darüber nachzudenken. Später hat die Motivation gewechselt. Mittlerweile ist es mehr eine Art Neugier und Abenteuerlust, die da im Vordergrund steht. Die Schulter ist nämlich schon komplett geheilt.
Sie erwähnen zu Beginn Ihres Buches, dass Sie eigentlich eine Landratte sind. Wie kam es überhaupt dazu, dass Sie sich zum Schwimmen überwunden haben?
BONING: Als Kind und Jugendlicher hat mir das Schwimmen nie besonderen Spaß gemacht. Ich habe mich dem über die Jahre dann immer mal wieder angenähert. Für einen Triathlon habe ich mir mal einen Neoprenanzug zugelegt und eine Kraul-Stunde beim Bademeister genommen. 2014 hatte ich dann ein großes Schwimm-Jahr und habe da viel Zeit im Wasser verbracht. Aber im Kern bin ich weiterhin eine Landratte und fühle mich dem Land verbundener. Zumindest bisher, denn im Laufe der jetzt bald 500 Tage habe ich natürlich zum Wasser ein ganz anderes Verhältnis gewonnen und weiß, dass es durchaus Spaß machen und man ein vertrautes Verhältnis aufbauen kann. Aber das war bei mir keine Liebe auf den ersten Blick.
Gibt es bei Ihnen auch Tage, an denen Sie sagen: "Okay, heute habe ich mal keine Lust zu baden"?
BONING: Das ist jetzt eine Weile her, aber ich hatte solche Tage im letzten Winter, ich meine im Februar. Da hatte ich mehrere Infekte und auch Corona – und das ist meist mit Fieber verbunden. Und damit dann in ein kaltes Wasser einzusteigen – das erfordert, sagen wir mal, besondere Überwindung. Aber ich habe nicht daran gedacht, deswegen aufzuhören. Es hat nur nicht ganz so viel Spaß gemacht.
Die Instagram-Community liebt Ihre bunten Badekappen. Wie viele haben Sie denn?
BONING: Ich glaube, ich habe so um die zehn. In letzter Zeit habe ich auch ein paar geschenkt bekommen. Ich besitze auch ähnlich viele Badehosen. Bei den Badehosen kann ich es so erklären, dass ich sie morgens als Unterhosen anziehe. Ich gehe ja immer davon aus, dass ich irgendwann Baden gehe. Nur mit einer einzigen Badehose beziehungsweise Unterhose durchs Leben zu gehen, ist recht ungewöhnlich heutzutage. Darum habe ich davon ein paar mehr. Bei den Badekappen ist es so, dass ich grundsätzlich eher schütteres Haar habe, gerne eine Kopfbedeckung trage und auch an Land mit Vorliebe mit Hut herumlaufe. Außerdem erhöhen Badekappen die Verkehrssicherheit. Man wird seltener von Motorbooten überfahren, wenn man zur Schwimmboje zusätzlich auch noch eine bunte Badekappe auf hat.
Ich hoffe doch sehr, dass Sie noch nie von einem Motorboot überfahren wurden oder Ihnen etwas zugestoßen ist.
BONING: Bisher noch gar nicht! Mir ist auf der Spree in Berlin einmal ein Binnenschiffer direkt am Hauptbahnhof begegnet. Der sah mich, als ich da ins Wasser ging und hat mir von seiner Brücke aus sofort den Scheibenwischer gezeigt. Ich habe dann auch gleich beflissen den Rückwärtsgang eingelegt und ihn passieren lassen. Gefährlicher hätte mal ein älterer Herr in einem Ruderboot werden können. Der hatte, Gott sei Dank, einen Rückspiegel und mich darum wahrgenommen. Wenn er den nicht gehabt hätte – hm, ich weiß nicht, ob ich ihn rechtzeitig gesehen hätte. Also es gibt Gefahrenquellen, aber ich habe gelernt, sehr umsichtig zu Werke zu gehen.
Sie sind bereits in sehr vielen unterschiedlichen Gewässern der Bundesrepublik geschwommen. Wie suchen Sie sich denn Ihre Badeorte aus?
BONING: Wenn ich erfahre, dass ich in irgendeiner Stadt zu tun habe, nehme ich sofort eine Landkarte zur Hand und schaue: Was gibt es denn da für blaue Flecken oder Bänder, gibt's da Kanäle oder Flüsse? Eventuell Seen, die infrage kommen? Und dann schaue ich: Was ist am nächsten? Das Zeitmanagement steht da eigentlich im Vordergrund. Und manchmal gibt es etwas ganz Besonderes, das man unbedingt mal sehen möchte, etwa touristische Attraktionen. Wenn mir das Bahnfahren mal nicht so viel Spaß macht, steige ich einfach aus und schaue vor Ort: Wo ist denn ein Platz, an dem ich wenigstens kurz schön eintunken kann? So habe ich das letztens auch in Augsburg gemacht.
Ja, ich habe gesehen, dass Sie vor ein paar Tagen in der Wertach baden waren. Wie kam es dazu?
BONING: Ich kam von Köln und hielt in Augsburg. Dann bin ich, an der Brauerei vorbei, durch die Unterführung die Pferseer Straße entlanggelaufen und schließlich in der Wertach baden gegangen. Das war schön und danach bin ich mit dem nächsten ICE weitergefahren. In Augsburg gibt es einige lohnende Ziele wie etwa das alte Luftbad. Das möchte ich mir unbedingt mal ansehen. Und es gibt die Kanustrecke am Eiskanal – also ich weiß nicht, ob da Baden verboten ist, aber ich würde es mir gerne einmal aus der Nähe ansehen.
Was waren denn bisher die spannendsten Begegnungen, die Sie im Wasser hatten?
BONING: Was anscheinend viele Menschen bewegt, und was ich immer wieder gefragt werde: Hat man denn da mit großen Fischen oder Raubfischen zu tun? Das ist in Deutschland im Großen und Ganzen alles völlig ungefährlich. Umso mehr erstaunte es mich, als in Hamburg im Stadtparksee direkt neben mir ein ziemlich großer Hecht auftauchte und erst mal im Wasser stand. Als Angler weiß ich: Er war deutlich über Mindestmaß. Da bekommt man dann ganz unwillkürlich einen Schreck, weil der ja doch ein großes Maul mit vielen Spitzen Zähnen hat. Aber er ließ mich in Ruhe. Ich ertappte mich dabei, wie ich dann leicht beschleunigte, als ich von ihm wegschwamm. Seltener und richtig ergreifend war eine Ringelnatter auf dem Forggensee, die allerdings dann von mir wegschwamm. Sie hat sich mehr erschrocken als ich. Begegnungen mit Tieren sind eine schöne Sache.
Wie sind Sie denn auf die Idee gekommen, Ihre Schwimmerlebnisse in Buchform festzuhalten? Sie haben ja bereits ein Buch über das Marathon-Laufen geschrieben.
BONING: In kurz: Ich schreibe gerne über das, was mir so passiert. Und meine sportlichen Vorhaben sind dafür auch gut geeignet. Jetzt ist es das Schwimmen und ich habe bis jetzt schon fantastische Sachen dabei erlebt. Das ganze Unterfangen ist weiterhin beglückend, weil ich ja jetzt Deutschland und die Welt noch mal ganz neu kennenlernen kann, nämlich vom Wasser aus.
Zur Person
Wigald Boning, 56, wurde durch die Comedy-Sendung "RTL Samstag Nacht" in den 90er Jahren bekannt. Mit Olli Dittrich bildete Boning das Musiker-Duo "Die Doofen". Es folgten eine eigene TV-Show, zahlreiche Fernsehauftritte und diverse Bücher. Noch heute ist der Komiker fester Bestandteil der Sendung "Genial daneben" und veröffentlicht Bücher. Sein neuestes Werk "Herr Boning geht baden" ist vor wenigen Tagen erschienen.