Startseite
Icon Pfeil nach unten
Bayern
Icon Pfeil nach unten

Interview: Wie lustig sind die Schwaben, Herr Krebs?

Interview

Wie lustig sind die Schwaben, Herr Krebs?

    • |
    Kabarettist Wolfgang Krebs als Markus Söder
    Kabarettist Wolfgang Krebs als Markus Söder Foto: Thorsten Jordan (Archivbild)

    Herr Krebs, die fünfte Jahreszeit rollt auf ihren Höhepunkt zu. Sind Sie als ausgewiesener Humor-Experte da mittendrin im Narrentreiben?

    Wolfgang Krebs: In der Tat habe ich dieses Jahr mehr Faschingsveranstaltungen als sonst. Das hat damit zu tun, dass wir bei mir daheim in Kaufbeuren den sogenannten Fastnachts-Hoigata haben. Für den habe ich mir die ganze Woche freigenommen und bin noch bis Freitag mit drei Nummern auf der Bühne zu sehen.

    Wo rangiert denn der schwäbische Humor auf einer Gaudiskala von eins bis zehn?

    Krebs: Wir sehen es ja regelmäßig bei der Kultsendung „Schwaben weissblau“ aus Memmingen. Dort habe ich 2004 meine kabarettistische Karriere begonnen. Die Beiträge dort finde ich persönlich wirklich unglaublich lustig. Denn schwäbischer Humor ist noch lustiger, weil er in Dialekt verpackt ist.

    Wolfgang Krebs als Edmund Stoiber.
    Wolfgang Krebs als Edmund Stoiber. Foto: Ralf Lienert (Archivbild)

    Und wo landet er auf der Gaudiskala im Vergleich zum rheinischen Karneval?

    Krebs: Im Vergleich mit dem Karneval in jedem Fall zehn. Den rheinischen Karneval finde ich unmöglich. Diese rheinischen Frohnaturen mit ihrem lauten, primitiven Humor gefallen mir nicht – da sind wir Schwaben viel feinfühliger.

    Was zeichnet den schwäbischen Humor aus?

    Krebs: Die Direktheit. Die Pointen sind für alle unmittelbar nachvollziehbar. Das ist nicht die übliche Frauen-gegen-Männer-Komik wie bei Carolin Kebekus.

    Sie selbst verkleiden sich ja auch beruflich gerne. Gehen Sie lieber als Stoiber, als Söder oder doch als Märchenprinz?

    Krebs: In diesem Fall würde ich den Märchenprinz vorziehen, weil ich in diesem Kostüm auch mal abschalten kann. Wenn ich auf einen Faschingsball gehe, dann keinesfalls als Stoiber oder Söder. Das ist ja mein Berufsgewand. Das ist wie für den Arzt der weiße Kittel.

    Das Schöne am Fasching ist, dass man in eine andere Persönlichkeit schlüpfen darf.

    Krebs: Ja, das ist wunderbar! Er ist eine Auszeit vom Alltag. Übrigens ist der Fasching in all seiner Ausgelassenheit aus christlicher Sicht auch die Vorbereitung auf die Fastenzeit, in der wir uns auf das Osterfest vorbereiten. So geht das im christlichen Jahr immerfort. Erst die Buße, dann das Feiern! Manchmal auch andersherum. 

    Söder ging dieses Jahr in Franken als Moses, Kabinettskollegen der CSU als Neptun, Frau Haubrich von den Grünen als Superwoman und ihre Kollegin Schulze als Bavaria. Was kann man da für Rückschlüsse draus ziehen?

    Krebs: Ich glaube, dass da sehr viel hineininterpretiert wird. Als Markus Söder Ministerpräsident wurde, ist er zunächst wie Stoiber früher im Anzug zum Fasching gegangen. Bis er sich dann entschieden hat, sich doch wieder zu verkleiden, weil ihm das großen Spaß macht. Und es ist auch ein Machtspiel, das er da treibt. Die Leute fragen sich: Welches Kostüm trägt er wohl? Diesmal wollte er vermutlich ursprünglich als Moses gehen, bis ihn jemand aus der Staatskanzlei während der Maske darauf hingewiesen hat, dass man dann auch das Wasser teilen können muss. Oder zumindest eine bessere Lösung für den Fortbestand der Wasserkraft im Gepäck haben. Die Opposition hätte sich gefragt, ob er als Kind in einem Bastkörbchen in der Pegnitz angeschwemmt wurde. Darauf hat man sich geeinigt, dass er der Stammesälteste für das Volk der Bayern ist.

    Markus Söder, hier mit seiner Frau Karin, ging bei der "Fastnacht in Franken" als Stammesältester.
    Markus Söder, hier mit seiner Frau Karin, ging bei der "Fastnacht in Franken" als Stammesältester. Foto: Daniel Karmann, dpa

    Was auffällt: Man hat selten eine Politikerin als Spitzmaus oder einen Politiker als Ochsenfrosch gesehen.

    Krebs: Oder als einarmiger Bandit, als Immobilienhai, als Panzerknacker, als Panzerverkäuferin. Das wäre ein wunderbares Kostüm für Frau Strack-Zimmermann!

    Man muss im Fasching heutzutage höllisch aufpassen, was man trägt. Ihr Kollege Dieter Nuhr versteht nicht, warum er als „alter weißer Mann“ sich nicht mehr als Indianer verkleiden darf. Können Sie ihm helfen?

    Krebs: Zurzeit haben wir ja das gesellschaftliche Problem, dass es Mode ist, auf alten weißen Männern herumzuhacken. Es orientieren sich ja alle an der Jugend. Und wir sind die Boomer, die alten weißen Männer, die im Leben alles falsch gemacht haben. Was soll ich sagen? Die Work-Life-Balance, die viele junge Menschen für sich einfordern, gibt es aber nur, weil wir alten weißen Männer uns den Arsch aufgerissen haben.

    Wenn man sich als Bayer als Cowboy in Jeans verkleidet – ist das noch okay oder schon textilkulturelle Aneignung?

    Krebs: Ich glaube, das ist noch in Ordnung. Es geht aber heute tatsächlich nicht mehr, dass man sich im Fasching als Chinese verkleidet und gelb anmalt, so wie wir das früher im Kindergarten gemacht haben. Man sollte bei der Kostümauswahl darauf achten, dass man niemanden damit verletzt. Aber ich finde es schon seltsam, wenn in Kindergärten nicht mehr erlaubt ist, sich als Pirat oder als Cowboy zu kostümieren, weil man damit männliche Machtfantasien ausstrahlen würde, oder als wildes Tier. Man darf also als Frosch gehen, nicht aber als Giftpfeilfrosch, als Hund, aber nicht als Kampfhund.

    Wolfgang Krebs als Ludwig II.
    Wolfgang Krebs als Ludwig II. Foto: Marcus Merk (Archivbild)

    Kann einem das den Spaß am Fasching nehmen?

    Krebs: Nein, nein, es ist schon gut, dass alles in Wandel ist. Da kann man dann auch wieder neue Kostüme ausprobieren. Ich selbst war übrigens vor einigen Jahren noch mit einem „Chinesenkostüm“ verkleidet und fand das damals ganz schön. Heute sind mir die Fotos eher peinlich. Ich habe auch mal auf dem Oktoberfest ein paar Inder mit blauen Stofflederhosen, die golden eingefasst waren, gesehen. Da habe ich erstmals am eigenen Leib verspürt, was kulturelle Aneignung bedeutet (lacht).

    Als Kabarettist eignet man sich aber permanent die Persönlichkeit von anderen an. Wie sieht es denn damit aus?

    Krebs: Ich gebe zu, dass ich ein ganz schwerer Sünder bin, was personelle Aneignung betrifft. Ich versuche beispielsweise als Hubert Aiwanger auf der Bühne niederbayerisch zu sprechen. Und ich kann glücklicherweise sagen, dass er damit einverstanden ist. Sogar das Du hat er mir angeboten und gesagt: „Ich bin der Hubärt.“ Was will man Höheres erreichen! 

    Zur Person Wolfgang Krebs, 56, lebt im Allgäu. Seine Mutter stammt aus Oberbayern, sein Vater aus Oberfranken. Damit hat er einen guten Überblick über den bayerischen Humor. Derzeit ist er mit seinem Programm „Vergelt’s Gott“ auf Tour in Bayern.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden