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Interview: Schwabens AfD-Chef: "Auflösung des Flügels wäre Schritt in die richtige Richtung"

Interview

Schwabens AfD-Chef: "Auflösung des Flügels wäre Schritt in die richtige Richtung"

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    Der Einfluss des "Flügels" um Björn Höcke in Bayern werde überschätzt, sagt der schwäbische AfD-Vorsitzende Gerd Mannes.
    Der Einfluss des "Flügels" um Björn Höcke in Bayern werde überschätzt, sagt der schwäbische AfD-Vorsitzende Gerd Mannes. Foto: Bernhard Weizenegger

    Sie haben vor nicht allzu langer Zeit den Satz formuliert: "Die AfD ist eine Partei, die jede Form von Extremismus ablehnt." Jetzt darf man mit Verweis auf das Bundesamt für Verfassungsschutz die führenden AfD-Politiker Björn Höcke, Andreas Kalbitz und ihre Anhänger im sogenannten "Flügel" als "Rechtsextremisten" bezeichnen. Müssen Sie sich korrigieren?

    Gerd Mannes: Die AfD ist nicht Ursache, sondern Wirkung einer verfehlten Politik. Sie ist die einzige bürgerlich-konservative Oppositionskraft. Sie wendet sich gegen die verpfuschte Energiewende, die ausufernde Bürokratisierung, die Umwandlung der EU zu einer Transferunion, die unkontrollierte und rechtswidrige Masseneinwanderung, die Verunglimpfung der Dieseltechnologie und Fahrverbote und die kommende strukturelle Konjunkturkrise mit Massenentlassungen. Diese Stimme darf nicht verstummen.

    Ich kenne Ihre persönlichen politischen Überzeugungen, aber das war nicht meine Frage.

    Mannes: Es gibt keine klare Definition von rechtsextrem. Was die Sprache betrifft, so trifft es zu, dass einige Mitglieder unserer Partei rhetorisch überziehen. Ein Beispiel: Ich habe mich ganz klar von dem Begriff "parasitäre Einwanderung" distanziert. Aber auch der politische Gegner verwendet einen Sprachstil, der in eine Richtung geht, die ich ablehne. CSU-Generalsekretär Blume spricht von "braunem Schmutz", CSU-Chef Söder will uns "bis aufs Blut bekämpfen", SPD-Chefin Esken will Berufsverbote gegen AfD-Mitglieder erwirken. Diese Sprachverrohung wurde von Ihnen bisher nicht öffentlich angeprangert.

    Herr Mannes, was tun Sie noch in der AfD?

    Ich rede aber jetzt mit Ihnen über Ihre Partei. Sie selbst nennen sich einen Wirtschaftsliberalen und distanzieren sich, wenn ich es richtig verstehe, vom "Flügel". Was tun Sie dann noch in der AfD?

    Mannes: Der Flügel wurde gegründet, um die Gründungsideale hoch zu halten. Zwischenzeitlich aber führt der Flügel ein Eigenleben mit eigenen Veranstaltungen, eigenem Fan-Shop und eigenen Konten. Das kritisiere ich, weil es nicht zielführend ist für die Schlagkraft der AfD. Der Einfluss des Flügels in Bayern wird überschätzt. Höcke hatte vor einem Jahr gesagt, dass unser Landesschiedsgericht eine Laienspielgruppe sei, die abgewählt gehöre. Diese Einmischung habe ich damals zurückgewiesen. Fakt ist, dass unsere Mitglieder dieselben Richter wieder ins Amt gewählt haben.

    Die AfD in Bayern folgt Herrn Höcke also nicht?

    Mannes: Höcke bringt regelmäßig Unruhe in die Partei und stellt die AfD vor Zerreißproben. In Krisenzeiten, wie wir sie aktuell mit Corona erleben, spricht Höcke davon, parteiinterne Kritiker müssten "ausgeschwitzt" werden. Er meint, sie so lange zu vergraulen, bis sie austreten. Ich habe kein Verständnis dafür, dass er so über bayerische Mitlieder oder Funktionsträger herzieht. Jedes Mitglied in Bayern hat sich im Wahlkampf mächtig eingesetzt für die AfD. Wer, wie Herr Höcke, Kritiker rausschmeißt oder rausschmeißen will und nur Ja-Sager um sich schart, zeigt Führungsschwäche. Das ist im Grunde genau das, was wir Frau Merkel vorwerfen. Jetzt fordert Höcke uneingeschränkte Einigkeit, obwohl er selbst den Streit vom Zaun gebrochen hat. Dafür fehlt mir jedes Verständnis.

    Björn Höcke bringt Unruhe in die Partei, sagt Gerd Mannes.
    Björn Höcke bringt Unruhe in die Partei, sagt Gerd Mannes. Foto: Martin Schutt, dpa

    Am Freitag wurde bekannt, dass der AfD-Bundesvorstand eine Auflösung des Flügels fordert. Was halten Sie davon?

    Mannes: Die Auflösung des Flügels und dessen Parallelstrukturen wäre ein Schritt in die richtige Richtung. Wenn sich die Anhänger des Flügels sich in Zukunft weiter parteischädigend verhalten oder äußern, dann wäre deren freiwilliger Parteiaustritt oder deren Parteiausschluss der nächste logische Schritt.

    Ihre Parteifreunde in Bayern, die mit den Extremisten angeblich nichts zu tun haben wollen, fallen in der öffentlichen Debatte kaum auf. Wie sollen die Bürger Ihnen da glauben, dass es in der bayerischen oder schwäbischen AfD eine zwar rechtskonservative, aber verfassungstreue Mehrheit gibt? Wie sollen Sie das glauben, wenn die Landtagsfraktion offenkundig von Höcke-Leuten dominiert wird?

    Mannes: Wie kommen Sie zu dieser Behauptung?

    Durch die Wortwahl. Fraktionschefin Ebner-Steiner behauptet, Bayern drohe zu einer "multi-ethnischen Besiedlungszone" zu werden, Fraktionsgeschäftsführer Christoph Maier warnt davor, das deutsche Staatsvolk solle durch Afrikaner "ersetzt" werden. Das ist doch eindeutig, oder?

    Mannes: Als AfD stehen wir unter besonderer Beobachtung. Wir müssen unbedingt durch Sacharbeit glänzen. Wir kritisieren nicht Migration an sich, sondern illegale Migration. Ich hoffe, Ebner-Steiner und Maier haben gemeint, dass wir selbstverständlich nicht alle Flüchtlinge in Deutschland und Europa aufnehmen können, insbesondere nicht durch illegale Migration.

    Wann fangen Sie mit der Sacharbeit an? Bisher gab es nur zwei Pressekonferenzen Ihrer Fraktion im Landtag.

    Mannes: Besser geht immer. Der Start der Landtagsfraktion war durchaus holprig. Zwischenzeitlich sind wir mit unseren Mitarbeitern gut aufgestellt, um Anfragen und Anträge zu stellen. Kürzlich hat Herr Söder vor der Ministerpräsidenten-Konferenz niedrigere Strompreise gefordert. Das fordern wir schon lange. Die CSU hat aber all unsere entsprechenden Anträge abgelehnt.

    Trotzdem liegt es doch an Ihnen, mit Ihren Themen auch in die Öffentlichkeit zu kommen. Von der Fraktionsspitze aber kommt nichts...

    Mannes: Das stimmt nicht ganz. Wir haben nach dem Volksbegehren "Rettet die Bienen" Verfassungsklage gegen das Artenschutzgesetz erhoben. Aber es ist richtig, dass wir noch Potenzial nach oben haben. Wir sollten den Fraktionsvorstand möglichst bald so besetzen, dass er alle Strömungen in der Partei repräsentiert.

    Zur Person: Gerd Mannes, 51, kommt aus Leipheim im Landkreis Günzburg und sitzt seit 2018 für die AfD im Landtag.

    Lesen Sie dazu auch: AfD fordert Auflösung des "Flügels" bis Ende April

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