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Interview: Pohl über Volocopter: "Sollen doch unsere Nachbarn ins Risiko gehen!"

Interview

Pohl über Volocopter: "Sollen doch unsere Nachbarn ins Risiko gehen!"

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    Das Elektro-Flugtaxi von Volocopter, hier bei einem Testflug im vergangenen Jahr.
    Das Elektro-Flugtaxi von Volocopter, hier bei einem Testflug im vergangenen Jahr. Foto: Bernd Weißbrod, dpa

    Herr Pohl, das Thema "Volocopter" kommt nicht zur Ruhe. Nachdem Bayern auf Druck der Freien Wähler Bürgschaften für das badische Flugtaxi-Unternehmen verweigert hat, wirft dessen Geschäftsführer der Politik mangelnde Weitsicht vor und warnt vor einer drohenden Insolvenz. Hat hier eine Kraftprobe innerhalb der Regierungskoalition ein hoffnungsvolles deutsches Hightech-Unternehmen beschädigt?
    BERNHARD POHL: Ganz sicher nicht. Wir Freien Wähler waren mit unseren Bedenken nicht allein. Das Finanzministerium in München, das ja bekanntlich von der CSU geführt wird, warnte mit Nachdruck vor den Risiken. Außerdem hätte die Finanzierung aus bereits vorhandenen Mitteln des Wirtschaftsministeriums erfolgen müssen. Damit hätten wir vielen guten und spannenden Projekten den Boden entzogen. Dem Wirtschaftsministerium von Hubert Aiwanger stehen aus der sogenannten Hightech-Agenda nämlich nur 100 Millionen Euro in diesem Jahr zur Verfügung.

    Moment, es ging doch nur um eine Bürgschaft. Es ist doch gar nicht gesagt, dass der Freistaat hätte zahlen müssen.
    POHL: Wenn der Schuldner ausfällt, belastet das den Steuerzahler mit 100 Millionen Euro. Im Übrigen: Bei den 100 Millionen wäre es doch nicht geblieben. Nach meinen Informationen hätte der Finanzbedarf jedenfalls um einen weiteren sechsstelligen Betrag steigen können. Außerdem ist die Bürgschaft an sich ein weiteres Problem: Wir tragen das Ausfallrisiko, haben aber keinen Einfluss auf das operative Geschäft. Bei einem Zuschuss ist das etwas anderes – das ist eine Förderung, die an klare Bedingungen geknüpft ist. Dafür geben wir bewusst einen Zuschuss aus Steuermitteln. Da wäre aber dann die Frage, warum der nur an Volocopter gehen sollte und nicht auch an andere Unternehmen, die ganz ähnliche Projekte haben.

    Die Befürworter der Bürgschaft aus der CSU sagen, es gehe darum, die Technologie im Land zu halten. Und am Ende sei es ganz einfach: Aiwanger und seine Freien Wähler hätten sich nicht getraut und aus Hasenfüßigkeit eine Chance verspielt.
    POHL: Erstens bin ich mir sicher, dass auch innerhalb der CSU-Fraktion viele die Volocopter-Bürgschaft kritisch gesehen haben. Zweitens: Wir als Freie Wähler sind absolut dafür, Technologie zu fördern. Aber wir können doch nicht wie ein Roulette-Spieler alles auf eine Zahl setzen.

    Auf welche Projekte setzen Sie denn?
    POHL: Ich möchte hier die Förderung des Produktionsnetzwerks Augsburg nennen. Damit leisten wir einen Beitrag, Industrieproduktion durch den Einsatz von KI dauerhaft international wettbewerbsfähig zu gestalten und Arbeitsplätze zu sichern. Die Förderung läuft nächstes Jahr aus. Wir sollten alles tun, um dieses Erfolgsprojekt fortzuführen.

    Bernhard Pohl von den Freien Wählern.
    Bernhard Pohl von den Freien Wählern. Foto: Mathias Wild

    Und wie lautet Ihre Prognose im Fall Volocopter? Kann das Unternehmen vielleicht doch noch einmal in Bayern landen?
    POHL: Die aktuelle Steuerschätzung hat doch gezeigt: Die Spielräume im Haushalt werden noch enger. Warum sollten wir dann ein Unternehmen aus Baden-Württemberg fördern? Sollen doch unsere Nachbarn ins Risiko gehen! Ich würde mich jedenfalls wundern, wenn unser Finanzminister Albert Füracker bei Volocopter zukünftig leuchtende Augen bekommt. Mir geht es da ähnlich. Daher gehe ich davon aus, dass sich Volocopter eine andere Flugroute wird suchen müssen.

    Zur Person

    Bernhard Pohl ist stellvertretender Vorsitzender sowie haushaltspolitischer Sprecher der Freien Wähler im Landtag. Der 59-Jährige ist seit 2008 Abgeordneter.

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