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Interview: CSU-Generalsekretär Martin Huber: "Rot-Grün betreibt Klassenkampf und die FDP schaut zu"

Interview

CSU-Generalsekretär Martin Huber: "Rot-Grün betreibt Klassenkampf und die FDP schaut zu"

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    Bei der Beschreibung seines Jobs hält sich Martin Huber an ein Zitat eines Vorgängers: "Wenn der Chef da ist, bin ich Sekretär, wenn nicht, dann General."
    Bei der Beschreibung seines Jobs hält sich Martin Huber an ein Zitat eines Vorgängers: "Wenn der Chef da ist, bin ich Sekretär, wenn nicht, dann General." Foto: Sven Hoppe, dpa

    Herr Huber, Sie sind seit Anfang Mai Generalsekretär der CSU. Da ist es jetzt genau der richtige Zeitpunkt, die klassische Frage zu stellen: Fühlen Sie sich als General oder doch nur als Sekretär?

    Martin Huber: Da gibt es eine klassische Antwort von Thomas Goppel, der auch CSU-Generalsekretär war: Wenn der Chef da ist, bin ich Sekretär, wenn nicht, dann General.

    Besonders laut allerdings meldet sich die CSU derzeit nicht zu Wort. In Bayern verspricht sie den Menschen Sicherheit und Stabilität, und im Bund beschränkt sie sich darauf, kräftig auf die Ampel zu schimpfen. Lösungsvorschläge sind Mangelware. Ändert sich das irgendwann mal wieder?

    Huber: Es stimmt nicht, was Sie sagen.

    Was stimmt nicht?

    Huber: Wir haben Lösungsvorschläge gemacht. Die CSU war die erste Partei, die nach Beginn des Kriegs in der Ukraine ein Maßnahmenpaket vorgelegt hat. In diesem 15-Punkte-Programm haben wir vieles gefordert, was erst Monate später aufgegriffen wurde – leider nur teilweise und erst verspätet: Laufzeitverlängerung der Kernkraftwerke, Winterwohngeld, Gas- und Strompreisbremse. Die Ampel hat gezaudert und gezögert und lange Zeit lieber über eine völlig vermurkste und sozial ungerechte Gasumlage diskutiert. Auch der Sachverständigenrat, der von der Bundesregierung selbst einberufen wurde, hat gesagt: Hätte man diese Zeit nicht verplempert, sondern sich gleich um eine Strom- und Gaspreisbremse gekümmert, dann hätte man jetzt auch Hilfen, die sofort wirken könnten und nicht erst ab März.

    Ein Gegenbeispiel ist das Bürgergeld. Die CSU hat gegen die Reform gewettert mit dem Argument, dass mit der Erhöhung der Regelsätze für Sozialhilfeempfänger der Abstand zu Geringverdienern zu knapp würde. Das Schlagwort lautete: Leistung muss sich lohnen. Eine Lösung aber hatte die CSU für dieses Problem nicht. Auch Ihre Partei wusste, dass 53 Euro mehr notwendig sind.

    Huber: Wir haben dafür gesorgt, dass das bewährte Prinzip des Förderns und Forderns erhalten bleibt. Sogar der FDP-Vorsitzende Christian Lindner sagt, es sei gut, dass die Union beim Bürgergeld Verbesserungen erreicht hat. Das zeigt, dass die FDP selbst in der Bundesregierung völlig ohne Einfluss ist. Rot-Grün betreibt Klassenkampf, und die Eine große Mehrheit der Deutschen findet das richtig.

    Warum schimpfen Sie dann im Bierzelt gegen die Erhöhung der Regelsätze und stimmen hinterher trotzdem zu?

    Huber: In Zeiten der Inflation ist es notwendig, die Regelsätze zu erhöhen. Wir waren deshalb sofort bereit, darüber zu reden. Aber wir wollten auch klarmachen, dass es nicht reicht, nur über Umverteilung zu reden, sondern auch darüber, dass wir genügend erarbeiten und erwirtschaften. Diese Debatte fehlt bei der Ampel völlig. Die Regierung muss mehr tun, dass Menschen in Arbeit kommen.

    Es gibt noch ein Beispiel, wie Anspruch und Wirklichkeit auseinanderklaffen. Ihre Partei rühmt sich, Bayern sei bei erneuerbaren Energien Spitzenreiter.

    Huber: Das stimmt ja auch. Wir liegen bei der installierten Leistung mit Abstand an der Spitze. Das hat uns gerade erst das grün geführte Bundeswirtschaftsministerium bestätigt.

    Bei der installierten Leistung trifft das zu, aber nicht bei der tatsächlich erzeugten Menge an Strom. Niedersachsen produziert pro Jahr 53 Milliarden Kilowattstunden Strom aus erneuerbaren Energien, Bayern nur 38,9 Milliarden.

    Huber: Bayern ist Spitzenreiter bei der installierten Leistung und auf Platz zwei bei der produzierten Leistung hinter Niedersachsen. Das sind die Fakten, und das kann sich sehen lassen. Wer behauptet, Bayern liege hinten, verdreht die Wahrheit. Wir erzeugen in Bayern nur aus der Biomasse mehr Strom als ganz Hessen insgesamt aus erneuerbaren Energien. Wir sind bei der Photovoltaik in Bayern stärker als Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen zusammen. Wir sind die Nummer eins bei Wasserkraft und bei Geothermie. Und was ganz entscheidend ist: Wir erreichen in Bayern, weil wir bei Wasserkraft und Biomasse besonders stark sind, 52 Prozent Grundlastfähigkeit. Im Bund sind es nur 28 Prozent.

    Ein drittes, schwieriges Thema ist der Arbeitskräftemangel. Studien sagen, dass in Deutschland bis 2030 etwa sieben Millionen Arbeitskräfte fehlen werden. Ihre Partei aber stemmt sich gegen schnellere Einbürgerungen und auch dagegen, hier lebenden Asylbewerbern, die in Arbeit sind, den sogenannten „Spurwechsel“ zu gestatten und ein dauerhaftes Bleiberecht zu geben.

    Huber: Moment! Das sind unterschiedliche Themen, die leider immer wieder vermischt werden –von der Ampel sogar ganz bewusst. Den Spurwechsel zum Prinzip zu machen, lehnen wir ab, weil damit Anreize für noch mehr Asylbewerber gesetzt würden. Die Kommunen stoßen bei der Unterbringung neuer Flüchtlinge schon jetzt an ihre Grenzen. Die Frage nach der Staatsbürgerschaft ist hingegen etwas ganz anderes. Kein Land der Welt verschenkt seine Staatsbürgerschaft. Für uns ist klar, dass eine Einbürgerung erst am Ende eines Integrationsprozesses stehen kann und nicht am Anfang. Und davon noch einmal zu unterscheiden ist das Thema Fachkräftemangel: Wir wollen Zuwanderung von Fachkräften. In der Großen Koalition haben wir die Lösung dafür mit dem Fachkräftezuwanderungsgesetz schon erarbeitet. Man müsste die Möglichkeiten nur endlich nutzen, die dieses Gesetz bietet.

    Geschieht das nicht?

    Huber: Wir in Bayern bemühen uns schon seit längerer Zeit intensiv um Fachkräfte vom Westbalkan. Woran das in der Praxis scheitert, zeigt ein Beispiel: In meinem Stimmkreis gibt es einen Unternehmer, der drei Bosnier nach Deutschland holen könnte – Identität ist klar, Ausbildung ist klar, Arbeitsvertrag ist klar. Das Problem ist, dass die drei Bosnier über ein Jahr lang auf einen Termin in der deutschen Botschaft in Sarajevo warten müssen, um die Formalia zu regeln. Dass so etwas schneller gehen muss, ist Sache des Auswärtigen Amts.

    Noch einmal zum Anfang unseres Gesprächs: Wird es kommendes Jahr im Landtagswahlkampf von der CSU noch mehr zu hören geben als Dauerkritik an der Bundesregierung?

    Huber: Wie gesagt: Wir kritisieren nicht nur, auch wenn die Ampel dafür reichlich Anlässe gibt. Wir verstehen uns als konstruktive Zukunftskraft. Wir haben Ideen. Und wir gestalten unter dem Motto Hightech und Heimat die Zukunft Bayerns. Die Hightech Agenda ist mit einer Investitionssumme von 3,5 Milliarden Euro eine echte Wohlstandsagenda. In keinem anderen Land gibt es ein derart wuchtiges Projekt. Und die CSU steht für Sicherheit in allen Belangen: innere Sicherheit, soziale Sicherheit, wirtschaftliche Sicherheit, ökologische Sicherheit.

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