Herr Busch, Sie sind ganz nah dran an den Journalistinnen und Journalisten in Bayern. Reporter unserer Redaktion wurden von Corona-"Spaziergängern" jetzt körperlich und verbal attackiert. Wie beurteilen Sie die derzeitige Situation in Bayern?
Michael Busch: Die Lage verschärft sich. Wir beobachten, dass sich die Situation für Berichterstatterinnen und Berichterstatter negativ verändert hat und dass leider immer mehr von ihnen zum Ziel von Angriffen durch Teilnehmerinnen und Teilnehmer von Demonstrationen werden - vor allem bei den so genannten Montagsdemonstrationen, Pegida, et cetera. In Zeiten der Corona-Pandemie ist es bei den "Querdenker"-Aufmärschen immer wieder zu Übergriffen auf Journalistinnen und Journalisten gekommen.
Wer ist Ihres Wissens nach dafür verantwortlich?
Busch: Nach meiner subjektiven Wahrnehmung sind es vor allem gewalttätige Personen aus dem rechtsextremen Spektrum, die Kolleginnen und Kollegen verbal, aber auch körperlich angreifen. Auch das ist kein neues Phänomen – die Gewaltbereitschaft gegenüber Pressevertreterinnen und -vertretern war schon in der Vergangenheit zu beobachten. Allerdings ist inzwischen die Organisation und die „Vermarktung“ dieser Aktivitäten systematischer geworden. In einschlägigen Telegram-Kanälen werden ständig Drohungen auch gegen Journalistinnen und Journalisten ausgesprochen, Adressen werden gesammelt. Als wäre das nicht schlimm genug, ist auch ein Fehlverhalten einzelner Ordnungskräfte und Polizisten zu beobachten. Sie schikanieren Journalistinnen und Journalisten, vor allem auch Pressefotografen und halten sie von einer Berichterstattung ab, indem sie etwa ihre Daten aufnehmen statt ihrer Aufgabe nachzukommen, die Ausübung der Pressefreiheit zu gewährleisten. Das ist nicht akzeptabel.
Was bedeuten Übergriffe wie in Landsberg mit Blick auf die Stimmung gegenüber der Presse im Land?
Busch: Es wird durch die Aggressoren versucht, Journalistinnen, Journalisten und die Medien im Allgemeinen als Feindbild aufzubauen. Die verbalen Begleiterscheinungen zeigen eine deutliche Sprache. Wieviel Angst müssen Menschen, die Pressevertreterinnen und -vertreter angreifen, vor einer freien Presse haben, wenn sie zu solchen Mitteln greifen? Zum Glück lassen sich die meisten Kolleginnen und Kollegen nicht einschüchtern und nehmen ihre Aufgabe dennoch wahr, als neutrale Beobachter des Geschehens zu berichten.
Haben Sie Indizien, dass Übergriffe und Anfeindungen gegenüber Journalistinnen und Journalisten in Zeiten der Corona-Proteste zugenommen haben? Gibt es dazu Zahlen oder vielleicht einfach Rückmeldungen von Ihren Mitgliedern?
Busch: Es gibt meines Erachtens noch keine gefestigten Zahlen, es sind subjektive Wahrnehmungen. Auf Twitter und anderen Kanälen nehmen die Meldungen von Kolleginnen und Kollegen zu, die bei der Ausübung ihrer Arbeit behindert oder gar angegriffen worden sind. Im Einzelfall wird man wohl auf die Einsatzstatistiken der Behörden warten müssen, um ein gesicherteres Bild zu haben.
Zur Person: Michael Busch ist seit 2013 Vorsitzender des Bayerischen Journalistenverbands und Redakteur beim Fränkischen Tag.