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China-Reise: Wie Söder die Chinesen bezirzt

China-Reise

Wie Söder die Chinesen bezirzt

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    Markus Söder setzt auf "Panda-Diplomatie" während seines China-Aufenthalts.
    Markus Söder setzt auf "Panda-Diplomatie" während seines China-Aufenthalts. Foto: Peter Kneffel, dpa

    Es ist noch nicht halb zehn Uhr morgens, da hat Markus Söder bereits den ersten Panda geküsst. „Hua Hua“ oder „Blümchen“ heißt das Stofftier, das ein hilfreicher Geist dem bayerischen Ministerpräsidenten in die Hände gedrückt hat und das Söder jetzt – selbstverständlich vor laufenden Kameras – ausgiebig herzt. „Schon bezaubernd“, sagt er. Der Besuch bei der Aufzuchtstation für Pandas am Rande Chengdus ist der erste Termin auf Söders China-Reise, aber allein dort hat der CSU-Chef schon Bilder für einen ganzen Tag geliefert.

    Söder ist nach China geflogen, um das bereits zu Covid-Zeiten beschlossene Partnerschaftsabkommen mit der Provinz Sichuan im Südwesten des Landes noch einmal persönlich zu bekräftigen. Doch Söder wäre nicht Söder, wenn er die schnöde Unterschrift nicht mit einer schönen Geschichte flankieren würde, und da eben kommen die Pandas ins Spiel. „Panda-Diplomatie“ will er hier betreiben, sagt Bayerns Regierungschef, also so friedfertig wie das sympathische Riesentier auftreten, Wirtschaftsbeziehungen pflegen und ansonsten möglichst wenig anecken. Menschenrechtsverletzungen, Kritik am Umgang mit der Muslimminderheit der Uiguren – das sollen andere machen. Mag die Ampelregierung in Berlin sich mit ihrer neuen, kritischeren Strategie deutlich von Peking absetzen – Söder betreibt in Sichuan klassische China-Politik deutscher Ministerpräsidenten: Wirtschaftsförderung plus Fototermine, oder, wie er selbst sagt: „mehr Real- statt Moralpolitik“. 

    Markus Söder agiert mit Charme und bayerischer Soft Power in China

    „Plus sechs Prozent“, sagt Wang Xiaohui, als er Söder hinter verschlossenen Türen begrüßt. Söder ist von den Pandas zurück ins Hotel geeilt, um den Provinz-Chef der Kommunistischen Partei zu treffen, vorbei an Wolkenkratzern, die sich bleistiftartig in den Himmel recken, und an den Ausläufern schneebedeckter Berge, die in weiter Ferne die Grenze nach Tibet markieren. Damit Söders Wagenkolonne in der 20-Millionen-Stadt möglichst rasch vorankommt, sperrt die Polizei die Autobahn ab wie für den Staatspräsidenten einer Weltmacht. Im ausladenden Tagungssaal nun wird der Parteisekretär gar nicht müde, weitere Vorzüge Sichuans zu loben. Die grünste Energie, die glücklichsten Menschen, flötet er, und beim Wachstum ganz vorn, plus sechs Prozent eben. Wenn es darum geht, seine Provinz anzupreisen, dann steht der Chinese Söder in nichts nach. Später gesteht der Parteimann sogar noch, er sei ein großer Sissi-Fan. 

    Söder bietet die Soft Power Bayerns in fast schon rastloser Folge auf, um dieser Charmeoffensive etwas entgegenzuhalten. Am Nachmittag setzt er eine Magnetschwebebahn des Bauunternehmens Max Bögl aus der Oberpfalz per Knopfdruck in Gang. Anders als der gescheiterte Transrapid ist diese Bahn als Ergänzung im öffentlichen Nahverkehr gedacht – schnell, leise, umweltfreundlich. Geht es nach Söder, soll das fahrerlose Gefährt künftig nicht nur in China, sondern auch in seiner Heimat Nürnberg düsen, eine Machbarkeitsstudie geht bald in Arbeit. 

    Der Dauerlauf durch bayerische Dauerbrenner wird später mit einem bayerischen Abend und Hofbräu-Bier enden, als Söder auf die Bühne geht, ertönt nicht der Defiliermarsch, sondern „Ein Prosit der Gemütlichkeit“ – was soll's. Vorher aber geht es zu einem Fußball-Turnier von Mädchen, ausgerichtet vom FC Bayern, Playmobil aus Zirndorf und – ja, Adidas. Söder pfeift zur Halbzeit, nachdem sich die Kameraleute in Position gebracht haben. Im Übrigen lässt er keinen Zweifel daran, dass er die Entscheidung des DFB, in Zukunft ohne die drei Streifen aufzulaufen, für völlig falsch hält. „Da bin ich mit Robert Habeck ausnahmsweise einmal einer Meinung“, sagt er. 

    "Begleitschutz" für die bayerische Wirtschaft statt Uiguren-Sympathien

    Für die Chinapolitik gilt das eher nicht. In ihrer neuen China-Strategie beschrieb die Bundesregierung Peking im vergangenen Jahr zwar als wirtschaftlichen Partner, aber eben auch als harten Konkurrenten auf den Exportmärkten der Welt und bei Werten wie Demokratie und Menschenrechten. Söder hingegen umarmt die Chinesen ohne sichtbare Hemmungen. Bayerns Ministerpräsident ist nicht der Meinung, dass sich in China etwas ändert, wenn er sich stattdessen ein Uiguren-T-Shirt überstreifen würde. Er will der bayerischen Wirtschaft „Begleitschutz“ geben, wie er sagt, also sicherstellen, dass es bei Investitionen und in Gemeinschaftsunternehmen fair zugeht. So hat er es vor der Reise per SMS an Kanzler Olaf Scholz getextet, der ebenfalls bald nach China aufbricht, Widerspruch aus Berlin, so ist zu hören, gab es nicht. 

    Der CSU-Chef steht dabei in langer Tradition, wie sogar Provinz-Kommunisten-Chef Wang zu würdigen weiß. „Bayern ist Pionier bei der Verstärkung der traditionsreichen Zusammenarbeit“, sagt er. Kann man so sagen. Bereits 1975 hatte sich Franz Josef Strauß als erster deutscher Politiker in Peking mit Mao getroffen. Seit 1987 unterhält Bayern eine strategische Partnerschaft mit der Provinz Shandong, seit 2004 mit Guangdong. Nun kommt Sichuan hinzu, von der Einwohnerzahl in etwa wie Deutschland, von der Fläche her deutlich größer.

    Söders China Reise geht weiter – mit sportlichen Vorhaben

    Nach den Treffen in Chengdu fliegt Söder an diesem Dienstag weiter nach Peking. Dort stehen Termine mit dem chinesischen Handelsminister an, und, am Mittwoch der protokollarische Höhepunkt, ein Gespräch mit Ministerpräsident Li Qiang. Bayerns Nummer eins trifft Chinas Nummer zwei. Für schöne Fernsehbilder ist selbstredend auch in Peking gesorgt. Söder besucht nicht nur die Verbotene Stadt, sondern will auch die Chinesische Mauer erklimmen.

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