Der Sommer war heiß, die Ernte mau, das Tierfutter knapp, die Kuheuter darum halb leer und die Butter damit ein Problemfall. Warum die gelben Fettklumpen so teuer seien, titelte Spiegel Online also, in einer Zeit, als ein Päckchen bei Aldi an der Zwei-Euro-Marke kratzte. Historisch damals, im September 2017.
Wer heute am Kühlregal steht, zahlt für Marken wie Weihenstephan oder Kerrygold inzwischen bis zu 3,49 Euro. Die Preise sind zuletzt geradezu explodiert. Oder wie Hans-Jürgen Seufferlein, der Geschäftsführer des bayerischen Milcherzeugerverbands, sagen würde: „Der Buttermarkt schmilzt. Preislich wird da gerade dick aufgestrichen.“ Die Sache ist komplex, die Gründe mannigfaltig. Am besten, man beginnt mit der Geschichte der kontinuierlichen Butterteuerung im Herbst 2021, beim Grundprodukt: der Milch.
Besonders Putins Krieg in der Ukraine spüren die Milchbauern
Etwas mehr als 20 Liter davon braucht es, um ein Kilo Butter herzustellen. Und weil im Vorherbst die Nachfrage nach Milchpulver besonders aus China und Südostasien anzog, fehlte der Rohstoff auf dem heimischen Markt. Auf dem wiederum hatte die Milch damals außergewöhnlich wenig Fett, weil die Energiedichte im Futter, so Seufferlein, „in diesem Jahr schwach war“. Hat Milch weniger Fett, braucht es mehr davon, um Butter herzustellen, was im Gegenzug die Preise gehörig fett macht.
Diese schossen schließlich noch weiter in die Höhe, als Wladimir Putin in die Ukraine einfiel. Eine wegen der Pandemie ohnehin schon taumelnde Wirtschaft geriet vollkommen in Schieflage. Überall sahen Milchbauern steigende Kosten: Für das Kraftfutter der Kühe, etwa in Form von Getreideschrot oder Weizen, das zuhauf in der Ukraine angebaut wird, wegen der verminten Seehäfen aber nur langsam und über unrentablere Umwege außer Landes gebracht werden kann. Für den Milchtransport selbst, der unter dem Eindruck hoher Dieselpreise steht. Für Düngemittel, deren Herstellung sehr energieaufwendig ist, ergo immer teurer wird. „So etwas habe ich noch nie erlebt“, sagt Milchbauernvertreter Seufferlein.
Die meisten Molkereien sind von Gas abhängig
Kauften Molkereien den Landwirten einen Liter Milch im Juni 2021 noch für 37 Cent den Liter ab, waren es im Mai 2022 durchschnittlich 50 Cent. Und bei der Verarbeitung geht die Preisspirale weiter. „Milch muss erhitzt und gekühlt werden, um Produkte herzustellen und haltbar zu machen“, sagt Björn Börgermann, Geschäftsführer des deutschen Milchindustrieverbands (MIV). „In Molkereien wird viel Energie verbraucht. Das ist für uns eine große Herausforderung.“ Gut 80 Prozent der Molkereibetriebe seien derzeit direkt vom Gas abhängig. Auch die Verpackungsindustrie setzt oft auf den inzwischen knappen Energieträger. Zulieferfirmen für Papier und Kartonagen sitzen häufig in der Ukraine oder Russland. Und so steigen die Verbraucherpreise. Schicht um Schicht, unmittelbarer als bei anderen Milchprodukten.
Denn während Molkereien ihre Kaufverträge mit dem Lebensmitteleinzelhandel bei Milch langfristig abschließen, in der Regel etwa über ein halbes Jahr, bei Käse und Joghurt sogar über ein Jahr, ist der Buttermarkt flexibler. „In diesem Segment wurden 2021 alle Verträge jeden Monat neu verhandelt. Die Marktmechanismen schlagen hier viel schneller beim Verbraucher durch“, sagt Seufferlein.
Trotz Preissteigerung: Die Nachfrage nach Butter bleibt seit Jahren gleich
Ebenjene Marktmechanismen sprechen derzeit auch nicht gerade dafür, dass sich die Preislage zukünftig entspannt. Die Nachfrage nach Butter ist gleichbleibend hoch. Seit Jahren liegt der Pro-Kopf-Verbrauch in Deutschland bei etwa sechs Kilo pro Jahr. Gleichzeitig sinkt das Angebot kontinuierlich. Nach Angaben des Bayerischen Landesamts für Statistik ging die Zahl an Milchkühen im Freistaat im vergangenen Jahr um fast zwei Prozent zurück. 4,3 Prozent der fast 25.000 Viehhaltungen machten dicht. Seufferlein findet: „Die Anforderungen an Tierhaltung werden immer größer. Viele Betriebe schließen. Dieser Trend wird sich leider nicht mehr aufhalten lassen.“ In Bayern, in Deutschland, in der Welt. „Wir haben global stagnierende Milchmengen“, sagt auch MIV-Geschäftsführer Börgermann.
Und dann wäre da ja noch die Sache mit dem Sommer. Wird er zu heiß und zu trocken, wie schon 2017, ist die Futterernte schlecht, produzieren die Kühe weniger Milch, und das, sagt Seufferlein, „könnte dann wieder ein Problem werden“.