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In steilen Hängen blüht ein kleines Paradies

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In steilen Hängen blüht ein kleines Paradies

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    Rhönschaf. Ein Lamm aus der Herde von Manfred Geier aus Röfingen ist ein Sorgenkind. Es wird von seiner Mutter nicht angenommen.
    Rhönschaf. Ein Lamm aus der Herde von Manfred Geier aus Röfingen ist ein Sorgenkind. Es wird von seiner Mutter nicht angenommen. Foto: Manuela Mayr

    - "Ich bin kein Landwirt", stellt Manfred Geier aus Röfingen klar. Da der Wanderschäfer weder über eine Hofstelle noch über eigenes Weideland verfügt, würde er sich nicht anmaßen, als "Bauer" aufzutreten. Trotzdem haben wir ihn in unsere Serie aufgenommen. Denn für die Pflege der Kulturlandschaft, die heute als Verdienst der Landbewirtschaftung anerkannt ist, leistet er einen unschätzbaren Beitrag.

    Die schönsten Blumenwiesen im Landkreis Günzburg liegen an steilen Hängen unweit des Autobahnanschlusses Burgau. "Kein Wanderer käme auf die Idee, seine Route in Sichtweite der Autobahn zu planen", sagt Ottmar Frimmel von der Unteren Naturschutzbehörde des Landratsamtes Günzburg. Und so kennen nur wenige Ortskundige Manfred Geiers "kleines Paradies" in der Nähe des Gutes Unterwaldbach.

    Leuchtendes Pink, Weiß und Gelb von Flockenblume, Wilder Möhre, Schafgarbe und Habichtskraut dominieren im Hochsommer. Schwärme verschiedenartiger Hummeln, Wildbienen und Schmetterlinge naschen den Nektar auch von den unscheinbareren Blüten der Braunelle, des Labkrauts oder des dornigen Hauhechels.

    Der Duft von wildem Thymian liegt in der Luft, das Zirpen tausender von Grillen sorgt für Begleitmusik. "Nirgendwo sonst im Landkreis gibt es so artenreiche Wiesen", sagt Naturschutzfachmann Frimmel begeistert. "Diese Standorte sind vergleichbar mit Bergwiesen im Allgäu oder Kalkmagerrasen auf der Schwäbischen und der Fränkischen Alb", erläutert er.

    Es sind Paradiese, die innerhalb kurzer Zeit verschwinden könnten. Wenn Manfred Geier nicht nach dem Verblühen der Blumen seine Schafe in die steilen Hänge treiben würde, wären sie in zwei, drei Jahren von Gebüsch zugewachsen. Der schwarze Holunder, der am Fuße des Berges schon Fuß gefasst hat, darf sich nicht weiter ausbreiten. Sonst ist die Blumenvielfalt bald dahin, die vielen Insekten fänden keine Nahrung mehr. Eine solche Zukunftsvision ist Manfred Geiers größte Sorge.

    Der 58-Jährige liebt die Natur. Seine Rhönschafe, eine genügsame Rasse mit schwarzen Gesichtern, haben für ihn nicht nur den Zweck, seine eigene, bescheidene Existenz zu sichern. Mit den Schafen und seinem Hund Maxi ist er im Umkreis von Röfingen bis nach Ursberg im Süden des Landkreises Günzburg bei jedem Wetter draußen. "Der Himmel ist mein Dach", sagt er schwärmerisch. Und Wolken sind das Lieblingsmotiv seiner Fotos.

    Die Herde weidet viele Flächen ab, die für Landwirte uninteressant sind und beim Abmähen von Hand teuer kämen: neben steilen Hängen zum Beispiel Bahndämme und unbebaute Grundstücke in Gewerbegebieten. Wirtschaftlichkeitsdenken ist Manfred Geier fremd.

    Er steht weder in den Diensten eines Landschaftspflegeverbandes noch bemüht er sich um die Aufnahme in das Vertragsnaturschutzprogramm. Er ist Landschaftspfleger aus Überzeugung. Auch der Verkauf von Schafen an Abnehmer, die die Tiere schächten würden, komme für ihn nicht in Frage.

    "Wir Schäfer sind ein aussterbender Beruf", sagt Manfred Geier traurig. Kaum ein junger Mensch wolle sich die mit dem Umherziehen verbundenen Mühen noch auferlegen.

    Die Gefahren durch den Straßenverkehr, durch angriffslustige Hunde und mutwillige Menschen würden immer größer. Und der Erlös durch den Verkauf der Lämmer werde immer geringer. Die Wolle sei kaum noch etwas wert, decke kaum die Kosten für die Schur.

    Im Schatten einer Gruppe von Linden, unter denen Schafscherer aus Polen und Neuseeland die Tiere regelmäßig von ihrem Pelz befreien, liegt ein Sack Wolle achtlos herum. Diese "Ernte" macht Manfred Geier keine Freude mehr. Wären nicht die wunderbaren bunten Wiesen voller Blumen und Getier, die dank seiner Schafe einen Lebensraum haben ­ er würde alles aufgeben.

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