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Holetschek klagt über zu viel Bürokratie: „Es wird alles überreguliert“

Interview

Holetschek: „Wir müssen wieder mutiger sein“

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    „Wir Politiker müssen den Menschen wieder mehr Vertrauen entgegenbringen“, sagt CSU-Fraktionschef Klaus Holetschek.
    „Wir Politiker müssen den Menschen wieder mehr Vertrauen entgegenbringen“, sagt CSU-Fraktionschef Klaus Holetschek. Foto: Tobias Hase, dpa

    In den vergangenen Tagen und Wochen wurde in der Politik oft das Wort „Vertrauen“ verwendet – zuletzt, als Bundeskanzler Olaf Scholz die Vertrauensfrage im Bundestag stellte. Wie sehen Sie das? Fehlt den Menschen Vertrauen in die Politik?

    Klaus Holetschek: Ich glaube schon, dass in den vergangenen Jahren Vertrauen in die Handlungsfähigkeit des Staates und in die Handlungsfähigkeit der Politik verloren gegangen ist. Das ist schon eklatant spürbar. Die Hauptursache dafür ist die Arbeit, die in den vergangenen drei Jahren von der Ampelkoalition gemacht wurde. Die Frage des Vertrauens muss man sich aber auch andersherum stellen.

    Ob der Politik auch das Vertrauen in die Bürgerinnen und Bürger fehlt?

    Holetschek: Ja. Wir Politiker müssen den Menschen wieder mehr Vertrauen entgegenbringen. Das spielt ja eine große Rolle, wenn wir endlich damit anfangen wollen, die überbordende Bürokratie abzubauen. 

    Viele Bürger und Unternehmen klagen in der Tat über eine völlig aus dem Ruder laufende Bürokratie - die ja auch als Zeichen eines fehlenden Vertrauens gewertet werden kann. Wie schafft man es denn aus dieser Regelungsspirale heraus?

    Holetschek: Wir müssen wieder mutiger sein, wir müssen uns zutrauen, Dinge einfach mal auszuprobieren. Und dann auch mal sagen dürfen: Das hat jetzt nicht funktioniert, dann ändern wir es eben wieder. Wir brauchen einen Paradigmenwechsel, weg von einer Misstrauenskultur hin zu einer Kultur des Vertrauens, wo wir den Menschen sagen: Wir übergeben euch Eigenverantwortung, wir vertrauen euch. Man darf nicht immer nur vom Negativen ausgehen. Denn dadurch entstehen Probleme auf beiden Seiten. Es wird alles überreguliert, man versucht sich abzusichern – und dann kann überhaupt nichts mehr vorangebracht werden. In diesem Spannungsfeld wachsen dann Kontrolldichte und Bürokratie.

    Ist Bürokratie per se schlecht? Oder schafft sie nicht auch einen gewissen Sicherheitsrahmen?

    Holetschek: Bürokratie sind in Recht gesetzte Ansprüche und deshalb nicht pauschal schlecht. Die Ansprüche sind aber im Laufe der Jahre viel zu hoch geworden. Deswegen haben wir jetzt eine überbordende Regulierung, und zwar in allen gesellschaftlichen Bereichen. Die Wirtschaft leidet, im Ehrenamt spürt man es, in der Pflege auch. Wir müssen jetzt einschneidende Lösungen auf den Weg bringen.

    Wie viel Unregulierung halten wir denn aus?

    Holetschek: Unregulierung ist ja nicht per se schlecht. Es gibt ja den gesunden Menschenverstand. Aber klar: Wenn man etwas umstellt, wird es am Anfang immer jemanden geben, der behauptet, dass sich manche Bereiche dafür nicht eignen. Ich dagegen werbe dafür, mutig zu sein und es anders zu probieren. Der Prozess wird sicher nicht einfach. Denn weniger Staat bedeutet mehr eigene Verantwortung. Dabei müssen wir die Menschen unterstützen. Und ich kann mir schon vorstellen, dass viele sich klare Regeln wünschen. Wir werden uns für einen neuen Weg entscheiden müssen und der muss ein großer Wurf sein. Klein-Klein reicht nicht, einzelne Regeln wegzunehmen bringt nichts. Wir müssen entscheidend nach vorne kommen.

    Weniger Bürokratie bedeutet mehr persönliche Verantwortung. Glauben Sie, dass das funktioniert?

    Holetschek: Das wird ein Prozess des Ausprobierens sein. Es wäre falsch, von vorneherein alles unter einem Generalverdacht abzuhandeln. Denn dann kommen wir nicht voran.

    Im Vorgespräch zu diesem Interview haben Sie gesagt, dass Sie sich Modellregionen vorstellen könnten, in denen man bürokratische Hürden einreißt. Wie könnte das konkret aussehen?

    Holetschek: Ich würde tatsächlich gerne in solchen Modellregionen Statistikpflichten etwa für Unternehmen abschaffen. Was genau möglich ist, müsste man natürlich vorher rechtlich klären. Ich bin überzeugt, dass viele Vorschriften, die wir nicht mehr anwenden würden, von niemandem vermisst würden. Wir sollen uns mehr Freiheiten nehmen und nicht nur in alten Schubladen denken.

    Wer ist denn von den Bürokratieauswüchsen besonders betroffen?

    Holetschek: Die Wirtschaft betrifft es natürlich besonders. Was man von den mittelständischen Unternehmen hört, macht mich sehr nachdenklich. Da geht es etwa um die Themen Nachhaltigkeitsberichterstattung und Lieferkettengesetz. Wenn ich sehe, wie viel Manpower, wie viel Zeit und wie viel Geld da reingesteckt wird, dann frage ich mich schon, wie viel noch für Innovationen und den eigentlichen Produktionsbetrieb übrigbleibt. Natürlich muss man das Thema Nachhaltigkeit berücksichtigen, aber es kann nicht sein, dass der Stellenwert dieser Berichtspflichten inzwischen höher ist als die Produktivität des Unternehmens. Es kam über die Jahre einfach immer mehr dazu. Und jetzt stehen wir vor einem Berg an Pflichten. Diesen Berg müssen wir abbauen.

    Lassen Sie uns zum Ausgangspunkt unseres Gesprächs zurückkommen, zum Thema Vertrauen. Viele Menschen sind verunsichert, seit die Ampel-Koalition in Berlin geplatzt ist. Wie bekommt man jetzt im Vorfeld der Bundestagswahl Ende Februar dieses Vertrauen wieder ein Stück weit zurück?

    Holetschek: Die Politik muss handeln. Das ist das Entscheidende. Wenn wir jetzt nicht liefern, wenn wir jetzt nicht notwendige Maßnahmen ergreifen und Dinge umsetzen, dann besteht die Gefahr, dass radikale Kräfte profitieren. Und das will ich nicht. Das kann auch sonst niemand wollen. Vertrauen kann ich durch Glaubwürdigkeit, durch Handeln, durch die Umsetzung dessen, was ich verspreche, erreichen. Das ist die große Botschaft für die neue Bundesregierung: Liefern, umsetzen, machen.

    Zur Person: Klaus Holetschek (60) ist Fraktionschef der CSU im Landtag. Zuvor war er bayerischer Gesundheitsminister. Der studierte Jurist lebt in Memmingen, ist verheiratet und hat zwei Kinder.

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    8 Kommentare
    Wolfgang Schwank

    Warum ein Fraktionsvorsitzender zum Jahreswechsel zu Grundsätzlichkeiten des politischen und gesellschaftlichen Geschehens befragt wird, bleibt das Geheimnis - oder vielleicht gar der Parteinahme - der Redaktion. Holetschek schwadroniert über verloren gegangenes Vertrauen in die Politik und beklagt den Bürokratismus. Sehr "glaubwürdig" bei einem, dessen Karriere im Zusammenspiel von Politik und Bürokratie fusst.

    Wolfgang Leonhard

    Man hätte Holetschek zum Beispiel fragen können, warum die CSU mit dem Instrument Bürokratie in Bayern Cannabis-Vereine, die z. T. Hunderttausende Euro investiert haben, praktisch unmöglich macht. Die CSU beklagt jetzt wieder einmal etwas, was sie selbst verursacht hat. Wer hat eigentlich Bayern in den letzten Jahrzehnten regiert?

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    Maria Reichenauer

    Man hätte ihn auch fragen können oder sogar müssen, warum man eine extra Behörde aufbaut, um die Cannabis-Vereine zu kontrollieren, die es gar nicht gibt? Man hat vieles in diesem Interview NICHT gefragt, sondern nur Stichworte für Holetschek geliefert. Was Konkretes musste Holetschek nicht bringen, die "einschneidenden Lösungen" hätte uns Leser und Wähler aber vielleicht tatsächlich interessiert.

    Klemens Hain

    Herr Wolfgang Leonhard, sehr gut, denn das frage ich mich schon lange, wer hat in Bayern die letzten Jahre Regiert. Herr Söder ist ja voll beschäftigt Deutschland regieren zu wollen. Ich denke es wäre wirklich mal angebracht, da muss ich so gar den FRW recht geben, obwohl ich auch zu dieser Partei wenig vertrauen habe!!!!

    Maria Reichenauer

    Das ist ein bisschen wie bei "Ricola": Wer hats erfunden :-))) Dass Holetschek den Vertrauensverlust auf die Ampelregierung zurückführt, ist Quatsch. Wo ich ihm recht geben muss – leider – ist, dass die Deutschen weder sich selbst noch ihren Nächsten wirklich Vertrauen entgegenbringen. Vielleicht weil sie selbst Ehrlichkeit nicht vertrauenswürdig sind? Man fragt sich hier oft, warum die Dänen – überhaupt die Skandinavier – immer wieder zu den glücklichsten Nationen gehören. Das Zauberwort ist "Vertrauen" – in die Regierenden ebenso wie in die nähere Umgebung. Dass dies in Deutschland kaum vermittelbar ist – hier heißt es: Vetrauen ist gut, Kontrolle ist besser. Und ich bin sicher, es wird in der nächsten Regierung nicht besser werden. Vertrauen wird als "Holetscheks Traum" gelistet werden, bei Merz und bei seinem Chef wird er höchstens Kopfschütteln ernten. Die CSU hätte längst damit anfangen können, den Freistaat zu entmüllen – und was passiert? Man schiebts auf die Ampel. Lächerlich.

    Klemens Hain

    Ja, Frau Reichenauer, da gebe ich Ihnen voll und ganz Recht, aber man kann ja alles den Grünen zu schieben, die nur Fehler begangen haben und vor allem die Schuld bekommen, dass die Lage so weit gekommen ist sehr schlecht, aus meiner Sicht. Sie haben Recht die CSU hätte in der tat schon viele Jahre lang einiges verändern können, aber Schuld sind halt immer die anderen, vor allem aus Söders siecht die grünen, schon echt erbärmlich beim eigenen Versagen!!!!

    Burghard Deichmann

    Wieder tolle Werbung der AZ für die CSU. Die brauchen nicht einmal bezahlen. Das macht der Abonnent der AZ.

    Maria Tkacuk

    Es ist gut so, mittels Gesetzen und Vorschriften den "Drogendealerclubs" - die sich beschönigend und realitätsfern "Vereine" nennen, möglichst viele Knuppel zwischen die Beine zu werfen. Hoffentlich wird das von der ehemaligen Regierung aus völliger Ignoranz und gänzlicher Dummheit erlassene Drogendealerzufriedenstellungsgesetz von der kommenden Regierung am ersten Tag einkassiert! Derartige "gesellschaftliche Fortschritte" braucht niemand.

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