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Hochwasser: Schäden in Bayern gehen in die Milliarden

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    Das verheerende Hochwasser hat auch im Landkreis Aichach-Friedberg große Schäden hinterlassen - so wie hier in Kühbach an der Paarer Straße zur Kläranlage.
    Das verheerende Hochwasser hat auch im Landkreis Aichach-Friedberg große Schäden hinterlassen - so wie hier in Kühbach an der Paarer Straße zur Kläranlage. Foto: Helene Monzer

    Die Pegel sinken langsam, nun wird das Ausmaß der Flutkatastrophe in Bayern sichtbar. Experten und Politiker gehen davon aus, dass das Hochwasser am Ende Schäden in Milliardenhöhe verursacht haben wird.

    Allein im Landkreis Augsburg geht man nach einer ersten Schätzung von einem Gesamtschaden in Höhe von einer bis 1,5 Milliarden Euro aus. Diese Summe hat Landrat Martin Sailer (CSU) an den Freistaat gemeldet. „Wir hatten in den letzten Tagen im Landkreis Augsburg stellenweise historische Pegelstände“, sagte Sailer am Mittwoch. Sie seien weit über die bislang als Jahrhunderthochwasser definierten Messwerte hinausgegangen. Die Schätzung der Schadenssumme ist dem Landratsamt zufolge bislang allerdings sehr grob. Belastbare Daten aus den betroffenen Gemeinden liegen noch nicht vor.

    Hochwasser: Infrastruktur wie Schulen, Straßen, Kanalisation ist stark beschädigt

    Was sich jetzt schon abzeichnet: Im Kreis Augsburg ist neben Privathäusern auch die kommunale Infrastruktur im großen Stil betroffen – etwa Schulgebäude, Sportplätze, Kanalisation, Straßen, die IT- und Stromversorgung. Dazu kommen einer Sprecherin des Landratsamts zufolge hohe Entsorgungskosten für Sperrmüll und insbesondere Sondermüll, wie ölverschmutze Sandsäcke oder ölbelastetes Wasser in den Kellern. So stellt sich die Lage auch in anderen betroffenen Landkreisen dar.

    Ministerpräsident Markus Söder (CSU) beim Besuch in Diedorf (Landkreis Augsburg) am Wochenende.
    Ministerpräsident Markus Söder (CSU) beim Besuch in Diedorf (Landkreis Augsburg) am Wochenende. Foto: Marcus Merk

    Ministerpräsident Söder fordert finanzielle Hilfe vom Bund

    Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) fordert angesichts der hohen Schäden finanzielle Hilfe vom Bund. "Wir helfen mit dem Fluthilfefonds ja auch anderen Bundesländern. Wir haben bislang weit mehr als 100 Millionen Euro einbezahlt und erwarten nun einen Rücklauf vor allem bei Schäden an der Infrastruktur", sagte Söder im Interview mit unserer Redaktion. Bayern selbst hatte am Dienstag Soforthilfen von 100 Millionen Euro plus x angekündigt.

    Die Versicherungen stellen sich nach den Regenmassen in Bayern und Baden-Württemberg jedenfalls auf ein „überdurchschnittlich großes Schadenereignis“ ein. „Unsere Unternehmen erreichen schon jetzt viele Schadenmeldungen“, sagte Jörg Asmussen, Hauptgeschäftsführer beim Gesamtverband der Versicherer (GDV) in Berlin. Wie hoch der Schaden ausfallen wird, ist laut GDV erst abzusehen, wenn das Hochwasser überall komplett abgeflossen ist. Zum Vergleich: Der Starkregen, der über Pfingsten das Saarland und Teile von Rheinland-Pfalz unter Wasser setzte, verursachte dem GDV zufolge einen versicherten Schaden von rund 200 Millionen Euro. Beim Jahrhunderthochwasser im Ahrtal entstand im Juli 2021 ein Rekord-Versicherungsschaden von knapp neun Milliarden Euro. Meteorologen zufolge fielen im Ahrtal jedoch noch deutlich größere Regenmengen in kürzerer Zeit als jetzt in Süddeutschland. 

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    Überflutete Häuser, gesperrte Straßen und Brücken: Das Hochwasser richtet am Samstag und Sonntag in der Region große Schäden an. Fotos aus ganz Schwaben.

    Söder erneuerte gegenüber unserer Redaktion seine Forderung nach einer Pflichtversicherung gegen Elementarschäden und forderte ein Treffen mit den Versicherungskonzernen: "Wir müssen eine Lösung finden, die für alle Beteiligten machbar ist: Bürger, Versicherungen, Staat. Dazu braucht es einen runden Tisch auf nationaler Ebene mit den Versicherungen", betonte Söder.

    Bei vielen Bauern in Bayern fällt durch das Hochwasser die Ernte aus

    Auch die Landwirtschaft hat das Hochwasser stark getroffen. Mehr als 50 Höfe und Ställe im Freistaat mussten evakuiert werden, allein in Schwaben waren etwa 40 Bauernfamilien betroffen. Wie hoch die Schäden auf Feldern und Wiesen sind, lässt sich noch nicht abschätzen, weil vielerorts noch das Wasser auf den Flächen steht. Klar ist aber bereits, dass der Schaden immens sein wird. „Die Wassermassen haben oft große Teile der Ernte für dieses Jahr vernichtet", berichtet Markus Drexler, Sprecher des Bayerischen Bauernverbands. Eine Vielzahl von Betrieben sei mit weit über der Hälfte ihrer bewirtschafteten Fläche vom Hochwasser betroffen. Wie hoch der Schaden ist, hänge auch von der jeweiligen Kultur ab. Stehen Kartoffeln mehrere Tage unter Wasser, verfaulen sie. Getreide, das von den Wassermassen plattgewalzt wurde, ist in den allermeisten Fällen nicht mehr zu retten. Auch Grünland, das überflutet wurde, kann landwirtschaftlich nicht mehr genutzt werden. Die Hilfen der Staatsregierung – bis zu 50.000 Euro pro Betrieb – werden den Schaden laut Drexler keinesfalls ausgleichen: „Für viele Betriebe werden die Hilfen nicht annähernd ausreichen.“

    Bayerns Wirtschaft hat die Flut ebenfalls kräftig in Mitleidenschaft gezogen. „Durch das Hochwasser sind zum Teil erhebliche Schäden in den Betrieben entstanden. Das gilt insbesondere für Schwaben, aber auch für Oberbayern", betonte der Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw), Bertram Brossardt, auf Anfrage. Das gesamte Ausmaß der Schäden sei derzeit ebenso wenig abschätzbar wie eventuelle Auswirkungen auf die Konjunktur. Klar sei aber, dass bayerische Unternehmen durch die Hochwasserkatastrophe unter Produktionsstörungen leiden. "Dies stellt in Zeiten der ohnehin schwachen Konjunktur für betroffene Betriebe eine weitere große Herausforderung dar", so Brossardt.

    Augsburger Klimaforscher Kunstmann: Häufiger Starkregen

    Während die Kosten für die Flutkatastrophe Bayern noch lange beschäftigen werden, warnen Experten, dass solche starken Regenfälle künftig öfter vorkommen werden. „Wenn wir mit Computermodellen zum Beispiel bis ins Jahr 2050 schauen, dann sehen wir bei einer steigenden Treibhausgaskonzentration ganz klar, dass die Starkregenereignisse zunehmen werden“, betont Klimaforscher Harald Kunstmann von der Universität Augsburg im Interview mit unserer Redaktion. Die Veränderungen beim Niederschlag seien hauptsächlich dem Klimawandel zuzuschreiben. Zwar brauche es weitere Faktoren, damit aus einem Niederschlag eine Katastrophe am Boden wird – etwa die Fragen, wie viel versiegelt wurde oder wie gesättigt die Böden sind. Klima-Experte Kunstmann betont allerdings: „Um dem grundsätzlichen Problem Herr zu werden, bleibt uns nichts anderes übrig, als weltweit die Treibhausgasemissionen zu reduzieren.“

    Hochwasser fordert viertes Todesopfer in Bayern

    Die Hochwasserlage in Bayern blieb am Mittwoch trotz erster Entspannungssignale im Westen des Freistaats weiter angespannt. Vor allem im Osten entlang der Donau blieben die Pegelstände trotz erster, leichter Rückgänge auf hohem Niveau. Besonders angespannt war die Lage in Regensburg. ´

    Die Flutkatastrophe hat inzwischen ein viertes Todesopfer in Bayern gefordert. Eine 79 Jahre alte Frau sei am Mittwoch leblos im Mindelkanal in Jettingen-Scheppach (Landkreis Günzburg) entdeckt worden, teilte die Polizei mit. Sie war demnach am Sonntag als vermisst gemeldet worden. Insgesamt kamen bei dem Hochwasser in Süddeutschland damit mindestens sechs Menschen ums Leben, vier davon in Bayern. Zudem wurden laut bayerischem Innenministerium vom Dienstag mehrere Menschen vermisst, darunter ein 22 Jahre alter Feuerwehrmann in Schwaben. 

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