Schon am Donnerstag können die ersten bayerischen Landratsämter mit der Auszahlung von Soforthilfen für Betroffene der aktuellen Hochwasserkatastrophe beginnen. Das sagte Bayerns Finanzminister Albert Füracker (CSU) am Dienstag in München. Dort hatte das Bayerische Kabinett umfangreiche Hilfen beschlossen. Laut Ministerpräsident Markus Söder (CSU) stehen dafür "100 Millionen Euro plus x" zur Verfügung. Diese sollten schnell und unbürokratisch verteilt werden. Wenn es mehr koste, sei Bayern bereit. "So viel wie gebraucht wird, wird es am Ende kosten. Wir lassen in der Not niemanden allein."
Die versprochenen Hilfen orientieren sich an ähnlichen Fällen in der Vergangenheit. Die Soforthilfen betragen für Privathaushalte bis zu 5000 Euro, bei Ölschäden sind es bis zu 10.000 Euro – wobei Versicherungsleistungen am Ende darauf angerechnet werden. Für Unternehmen gibt es bis zu 200.000 Euro, für Land- und Forstwirte bis zu 50.000 Euro. Im Falle einer drohenden Existenzgefährdung würden sogar bis zu 100 Prozent erstattet. Die Anträge müssen Betroffene an unterschiedliche Stellen richten. Für Privathaushalte sind die jeweiligen Landratsämter zuständig, für Unternehmen die Bezirksregierungen. Bei Land- und Forstwirten übernehmen die Landwirtschaftsämter die Abwicklung.
Söder erneuert Forderung nach Pflichtversicherung gegen Elementarschäden
Söder erneuerte am Dienstag seine Forderung nach einer Pflichtversicherung für Hausbesitzer gegen Elementarschäden. Derzeit haben laut Bayerischer Versicherungskammer nur 52 Prozent aller Gebäude und 45 Prozent der Häuser im Freistaat eine entsprechende Versicherung. Der Ministerpräsident räumte ein, dass viele Hausbesitzer derzeit gar keine Versicherung bekommen könnten, weil sie von Versicherungen abgelehnt oder mit hohen Prämien konfrontiert würden. Auch hier könne eine Pflichtversicherung helfen. "Es braucht die Solidarität aller."
Nach Angaben des weltweit größten Rückversicherers Münchner Rück betrugen in den vergangenen fünf Jahren die Schäden durch Hochwasser weltweit rund 300 Milliarden Dollar. Danach war die bislang teuerste Hochwasserkatastrophe im Juli 2021, als verheerende Sturzfluten in Westdeutschland und Nachbarländern Gesamtschäden von 46 Milliarden Euro verursachten. Die Höhe der Schäden nach den aktuellen Überschwemmungen in Bayern lässt sich bisher nicht beziffern, zumal die Gefahr auch nicht vorbei ist. Umweltminister Thorsten Glauber (Freie Wähler) geht davon aus, dass am Freitag das Schlimmste überstanden sein könnte.
Söder und Glauber: Bayern hat nicht am Hochwasserschutz gespart
Vehement wiesen Söder und Glauber den Vorwurf zurück, Bayern habe am Hochwasserschutz gespart. Glauber: "Das sind Fake-News." Zurückgeschraubt habe der Bund seine Förderungen. In Bayern gebe es eine ganze Reihe baureifer Projekte, die Zug um Zug umgesetzt werden sollen. Erhöhen will der Freistaat seine Ausgaben für den technischen Hochwasserschutz offenbar nicht. Bis Ende 2030 sollen insgesamt zwei Milliarden Euro dafür investiert werden. Schwerpunkt wird dabei die Schaffung von Flutpoldern an der Donau sein, die bei diesem Hochwasser noch keine Rolle spielten.
Frau in Neu-Ulm nach 52 Stunden aus Baumkrone gerettet
Während am Dienstag vielerorts die Aufräumarbeiten begannen, spitzte sich die Lage in den Flutgebieten teils weiter zu. Inzwischen hat das Jahrhunderthochwasser in Süddeutschland fünf Menschenleben gekostet, davon drei in Bayern. Eine 57 Jahre alte Frau war laut Polizei in Markt Rettenbach (Landkreis Unterallgäu) auf einer überfluteten, gesperrten Straße mit ihrem Auto in eine Wiese abgerutscht. Der Wasserstand dort war so hoch, dass die Frau ertrank. In Neu-Ulm wurde eine 32-jährige Frau aus dem Unterallgäu, die seit Samstagnacht vermisst war, auf spektakuläre Weise gerettet. Die Fluten hatten sie in einem Wald überrascht, sie harrte 52 Stunden lang auf einem umgestürzten Baum aus.
Mehrere Menschen werden nach Angaben des Innenministeriums nach dem Hochwasser noch vermisst. Zeitweise war von bis zu sieben Personen die Rede, doch die Zahlen änderten sich im Laufe des Dienstags mehrfach. Unter den Vermissten ist weiterhin ein 22-jähriger Feuerwehrmann aus Offingen (Landkreis Günzburg), der mit weiteren Einsatzkräften mit einem Boot gekentert war.