Trinkwasser, so findet Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU), "ist eine Existenzfrage, wertvoller als Öl". Dass das Wasser vor allem in Franken knapper wird, sei deshalb "eine Mega-Herausforderung". Im Jahr der Landtagswahl ist der Wassermangel für Söder aber vor allem ein politisches Problem: Im März etwa stoppte er Pläne seiner eigenen Landtagsfraktion, den Trinkwasserschutz zugunsten kommerzieller Nutzung aufzuweichen.
Umweltverbände waren von Beratungen zur Wasserknappheit ausgeschlossen
Von "Missverständnissen" sprach der Ministerpräsident damals. Als Beruhigungspille für die um die billige Wasserversorgung für Landwirtschaft und Industrie fürchtenden CSU-Abgeordneten kündigte er damals zudem einen Runden Tisch zum Thema Wasserknappheit an. Am Mittwoch nun kam die Runde aus Kommunalpolitikern, Verwaltung, Landwirtschaft, Wasserversorgern sowie Wissenschaftlern erstmals zusammen. Umweltverbände waren hingegen offenbar nicht eingeladen.
Nach der Veranstaltung sprach Söder dennoch von einem "Auftakt für einen dauerhaften Diskussionsprozess mit allen Beteiligten" zum Thema Wasser. Ziel sei "ein Ausgleich der Interessen", erklärte er: "Wir wollen Friede ums Wasser haben." Konkreter wurde Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber (CSU): Trinkwasserschutz sei "unverhandelbar", dürfe aber nicht die heimische Produktion von Lebensmitteln einschränken, forderte sie: "Einsparen von Wasser darf nicht zu mehr Importen von Lebensmitteln aus wasserarmen Ländern führen." Ohnehin sei der Schutz des Trinkwassers "nicht nur eine Frage für die Landwirtschaft".
Doch wie das Wasser in Bayern konkret geschützt werden soll, blieb auch nach dem Runden Tisch weitgehend offen: Beim Wasserschutz "fangen wir nicht neu an, wir sind mittendrin", beteuerte Söder zwar. So soll wie angekündigt ein "Wassercent" künftig die Wasser-Infrastruktur verbessern und neue Leitungen Trinkwasser aus Südbayern nach Franken bringen. Zudem plane er ein "umfangreiches Maßnahmenpaket" und "echte Grundsatzentscheidungen" zum Thema – Details dazu allerdings erst nach der Landtagswahl.
Empfehlungen für Bayern liegen längst auf dem Tisch
Neu sind jedoch weder die Probleme noch die möglichen Lösungen: Bereits im Sommer 2021 hatte eine von Söder selbst eingesetzte Expertenkommission detaillierte Empfehlungen gegeben – vom Wasserrückhalt in der Fläche bis hin zur Stärkung staatlicher Kontrolle. Seit knapp einem Jahr gibt es zudem eine "Gesamtstrategie Wasserzukunft Bayern 2050".
An Erkenntnis mangelt es der Söder-Regierung also nicht, doch hakt es an der Umsetzung: So könnte es etwa beim von Austrocknung bedrohten Schwarzen Moor in der Rhön von der gesicherten Problembeschreibung bis zur Umsetzung erster Maßnahmen mindestens drei Jahre dauern. "Wir müssen Zeitabläufe beschleunigen", räumte Söder ein. Dazu könne auch der Runde Tisch beitragen, hofft er. Umweltminister Thorsten Glauber (Freie Wähler) kündigte immerhin konkret an, die Ausweisung von neuen Wasserschutzgebieten durch eine Verlagerung der Entscheidung von den Landratsämtern zu den Bezirksregierungen beschleunigen zu wollen. Erst letzte Woche allerdings hatte sein eigenes Ministerium die Verzögerung eines neuen Wasserschutzgebietes im Landkreis Würzburg unterstützt.
Zur besseren Kontrolle des Wasserverbrauchs gibt es von Söder selbst auf Nachfrage nichts Konkretes, obwohl Recherchen unserer Redaktion und des Bayerischen Rundfunks hier erst kürzlich massive Defizite aufgedeckt hatten: Ob man dafür etwa mehr Personal brauche, "muss man abwägen", wiegelte er ab.
Grüne fordern rasche Aufnahme von Projekten zum Grundwasserschutz
Söder bügle wie CSU und Freie Wähler im Landtag einen besseren Wasserschutz immer wieder nieder, "während die nächste Dürre Unterfranken und weite Teile Bayerns im Griff hat", kritisierte deshalb der Würzburger Grünen-Landtagsabgeordnete Patrick Friedl. Er erneuerte seine erst letzte Woche im Landtag von CSU und FW abgelehnten Forderungen nach schneller Ausweisung von Wasserschutzgebieten, gestärkten Wasserwirtschaftsämtern sowie mehr Pilotprojekten zum Grundwasserschutz, Wassersparen oder Wasserrückhalt. "Von Ankündigungen haben wir genug", schimpfte Friedl: "Wir wollen von Söder Taten sehen, ganz besonders im austrocknenden Unterfranken."