Helmut Markwort ist heute verschwunden. Das passiert dem Medienmanager nicht allzu oft. Doch es gibt einen guten Grund für seine Unsichtbarkeit. Denn der Mann mit der grauen Mähne feiert heute seinen 75. Geburtstag. Und diesen Tag mag er nicht besonders.
Das ist kein Wunder. Während andere in diesem Alter ein ruhiges Leben genießen, lebt Markwort im leidenschaftlichen Unruhestand. Der Journalist liebt seinen Beruf, hasst Urlaub, weil er fürchtet, beim Nichtstun zu erkranken, und mag seine geschäftigen Tage am besten noch Jahrzehnte fortsetzen. „Ich arbeite so viel wie früher, nur stehe ich heute später auf und gehe dafür später ins Bett“, erzählt der gebürtige Hesse aus Darmstadt, der seit fast 50 Jahren in München lebt.
Wer ihn kennt, weiß, dass das keine Phrasen sind. Denn kaum ein deutscher Journalist hat auf so vielen Kanälen so viel Talent und Präsenz bewiesen.
Sein größter Erfolg: Focus
Sein größter Erfolg war der Focus. Markwort gründete das Nachrichtenmagazin 1993 und führte es als Chefredakteur bis zu einer Auflage von 800000 Exemplaren. Noch heute rufen ihm Menschen auf der Straße den Leitspruch nach: „Fakten, Fakten, Fakten“. Auch wirtschaftlich setzte Focus Maßstäbe. Verleger Hubert Burda soll Ende der neunziger Jahre ganz schwindelig geworden sein, als ihm die Umsatzzahlen seines Flaggschiffs präsentiert wurden.
Die Schauspielerei ist seine besondere Leidenschaft
Als Markwort 2010 auf den Focus-Herausgeberposten wechselte, hatte er eine Strecke von 44 Jahren als Chefredakteur hinter sich. 1966 übernahm er die Zeitschrift Bild + Funk. Später folgten Gong, Die Aktuelle oder Ein Herz für Tiere. Weil diese Blätter zu den Leichtgewichten der Branche zählten, wurde er besonders zu Beginn seiner Focus-Zeit unterschätzt.
Wie nebenbei war Markwort in den achtziger Jahren ins Radiogeschäft eingestiegen. Er gründete mit anderen Verlegern Radio Gong und Antenne Bayern, führte über Jahre die Geschäfte der beiden Privatsender. Bis heute ist er Geschäftsführer der Radio- und Fernsehbeteiligungen des Burda-Verlags und moderiert zudem den Sonntags-Stammtisch im Bayerischen Fernsehen.
Mehrere Rollen
Und weil das den Tausendsassa offenbar immer noch nicht ausfüllt, pflegt er noch eine besondere Leidenschaft: die Schauspielerei. Ende der sechziger Jahre debütierte Markwort als Taxifahrer in dem für damalige Verhältnisse schlüpfrigen Kinofilm „Engelchen oder die Jungfrau von Bamberg“.
Vergangenes Jahr spielte er Rollen wie den „Tod“ in der „Jedermann“-Aufführung des Frankfurter Volkstheaters oder einen Kardinal im Kinofilm „Oma in Roma“, der 2012 startet. Und weil es Markwort auch mit 75 Jahren nicht lassen kann, ständig Neues auszuprobieren, wird er im Juli erstmals singen – und zwar im Allgäu.
Die Freilichtbühne Altusried hat das Multitalent für ihr Sommer-Musical „My Fair Lady“ engagiert. Markwort spielt und singt die Nebenrolle des „Oberst Pickering“. Die Hauptrolle hat er einem Jüngeren überlassen: Tony Marshall wird bei der Premiere am 6. Juli erst 74 Jahre alt sein.
Erstklassige Mitarbeiter
Wie schafft ein 75-Jähriger dieses Pensum? Markwort hat eine rasend schnelle Auffassungsgabe. Wer ihm komplizierte fachliche Details erläutert, wundert sich, wie schnell der Journalist auf Augenhöhe diskutiert. Zudem verfügt er über ein Netzwerk erstklassiger Mitarbeiter – von seiner Sekretärin Elisabeth Schumacher bis zum aktuellen Focus-Chefredakteur Uli Baur.
Mit seinem Netzwerk hält Markwort ständig Kontakt. Nur nicht während der Spiele des FC Bayern München. Bei dem Fußballklub sitzt Markwort im Aufsichtsrat – und auf der Tribüne neben Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge, wo man ihn häufig bei TV-Übertragungen beobachten kann.
Nur heute sieht man ihn sicher nicht. Markwort hat alle Feiern abgelehnt. Dem Versuch seiner Lebensgefährtin Patricia Riekel, Chefredakteurin der Zeitschrift Bunte, eine Überraschungsparty zu geben, gebot er Einhalt. Er hatte überlegt, nach Wien zu fahren und eine Aufführung des Burgtheaters zu besuchen. Aber dort steht heute Kindertheater auf dem Programm – „Peter Pan“. Und nun? „Ich reise nach Unauffindbar“, antwortet der Jubilar. Auf jeden Fall ist er heute mal verschwunden.