Startseite
Icon Pfeil nach unten
Bayern
Icon Pfeil nach unten

Haus wird geschlossen: München: Das Gärtnerplatz-Theater gibt noch eine letzte Premiere

Haus wird geschlossen

München: Das Gärtnerplatz-Theater gibt noch eine letzte Premiere

    • |
    Das Staatstheater am Gärtnerplatz. Links die Büste des Baumeisters Friedrich von Gärtner. Mit der Münchner Erstaufführung der Oper «Joseph Süß» des Komponisten Detlev Glanert läutet das Münchner Gärtnerplatztheater den Abschied von seinem Stammhaus ein.
    Das Staatstheater am Gärtnerplatz. Links die Büste des Baumeisters Friedrich von Gärtner. Mit der Münchner Erstaufführung der Oper «Joseph Süß» des Komponisten Detlev Glanert läutet das Münchner Gärtnerplatztheater den Abschied von seinem Stammhaus ein. Foto: Peter Kneffel

    Das Staatstheater am Gärtnerplatz gehört zu den schönsten Theatern in München. Mitten in Münchens Szeneviertel, im Sommer von Blumen gesäumt, wirkt es fast idyllisch. Hinter den Mauern des altehrwürdigen Hauses aber stehen alle Zeichen auf Umbruch. Am Samstag gibt es mit "Joseph Süß" die letzte Premiere, bevor das Haus Ende April für rund zwei Jahre schließen muss. Für 70 Millionen Euro wird es dann generalsaniert. Und zur kommenden Spielzeit steht ein weiterer großer Schnitt an: Intendant Ulrich Peters muss seinen Hut nehmen. Für ihn kommt der Österreicher Josef Ernst Köpplinger.

    "Melancholie beschleicht einen", sagte Peters der Nachrichtenagentur dpa - und meint damit sicher nicht nur den Umzug. Die Entscheidung von Kunstminister Wolfgang Heubisch (FDP), Peters' Vertrag nicht zu verlängern, fiel schon zwei Jahre nach dessen Amtsantritt. Die öffentliche Auseinandersetzung darum war selbst für Münchner Verhältnisse unschön. Denn aus seinem Ärger über die Ministeriumsentscheidung hat der Intendant, der nun an die Städtischen Bühnen Münster wechselt, nie ein Geheimnis gemacht. "Die Entscheidung wurde nach nur zwei Jahren getroffen, als man letztlich überhaupt noch nicht sagen konnte, wohin das Haus steuert", sagt er. "Aber über Kenntnisreichtum und Ignoranz bei den Verantwortlichen möchte ich mich jetzt nicht weiter auslassen."

    Auch der künstlerische Leiter der Tanz-Sparte, Hans Henning Paar, der Peters nach Münster begleiten wird, macht aus seinem Groll keinen Hehl. "Ich möchte Herrn Heubisch die künstlerische Kompetenz, diese Entscheidung getroffen zu haben, wirklich absprechen", sagt er. Der neue Intendant Köpplinger, den er "Operettenkönig" nennt, sei "mehr der leichten Muse zugetan", sagt Paar und sieht in München schon ein zweites Unterhaltungshaus neben dem Deutschen Theater entstehen.

    Was machen die Tänzer jetzt?

    Für seine Tänzer, von denen nur wenige bleiben, befürchtet er darum das schlimmste: Keine Ballett-Aufführungen mehr, sondern Statistenrollen in Operetten und Musicals. "Hochqualifizierte Tänzer wollen nicht zwischen dem Chor und den Solisten rumspringen, sondern sie wollen ihre Tanzkunst zeigen." Seine Prognose: "Es wird entweder eine wahnsinnig hohe Fluktuation geben oder das Niveau des Tanzensembles wird eklatant abnehmen."

    Es sei nicht sein Stil, schmutzige Wäsche in der Öffentlichkeit zu waschen, sagt dagegen Heubisch. Er habe zwar Verständnis für die Enttäuschung der Betroffenen. Aber: "Dass es gute Gründe für diese Entscheidung gab, ist keine Frage. Ich habe diese Entscheidung für das Gärtnerplatztheater, für Ensemble und Orchester und nicht zuletzt für das Publikum getroffen."

    Die Zuschauerzahlen seien zu Beginn der Intendanz schlecht gewesen, auch aus dem Theater habe es Beschwerden gegen Peters gegeben, räumt Paar ein. "Aber seit 2008 sind die Zahlen ganz gradlinig nach oben gegangen." Das Staatstheater feierte die vergangene Spielzeit als die erfolgreichste seit 16 Jahren. "Es war schon eine wichtige Bestätigung", sagt Peters und gibt zu: "Es lag auch ein klein wenig Schadenfreude darin."

    Zeitpunkt des Intendantenwechsels ist riskant

    Wie auch immer man zur Entscheidung des Ministeriums stehen mag, der Zeitpunkt des Intendantenwechsels ist zumindest riskant. "In einer Umbauphase einen Intendanten abzulösen und einen neuen zu holen, der weder München kennt noch die Strukturen des Hauses und der Stadt - das halte ich für geradezu unverantwortlich", sagt Paar.

    Und tatsächlich erwartet den neuen Intendanten Köpplinger keine leichte Situation. In den kommenden zwei Jahren wird er kein festes Haus haben und zwischen verschiedenen Spielstätten tingeln müssen. Köpplinger kündigte bereits an, das Sänger-Ensemble schweren Herzens aus Kostengründen auflösen zu müssen. Nur sieben unkündbare Sänger bleiben, die restlichen Positionen werden mit Gästen aufgefüllt. Viele Identifikationsmöglichkeiten für das Publikum fallen damit weg.

    "Herr Peters hätte ja vor der gleichen Situation gestanden wie ich", betont Köpplinger, der sich von der schwierigen Situation in seinem Enthusiasmus nicht bremsen lässt. Am 16. März will der neue Intendant, der aus Klagenfurt nach München kommt, seine Pläne für die kommende Spielzeit vorstellen.

    Drei Häuser werden von einem Österreicher geleitet

    "Ich will zeigen, was Musiktheater eigentlich alles sein kann", sagt er im Interview der Nachrichtenagentur dpa. Er habe zwar eine große Vorliebe für die Operette, die er übrigens in der Inszenierung für sehr viel schwieriger halte als eine Oper. Er betonte aber: "Natürlich habe ich nicht vor, aus dem Gärtnerplatztheater ein reines Musicaltheater zu machen. Das ist langweilig. Genau so wenig wird es nur ein Operetten- oder nur ein Opernhaus. Die Aufgabe heißt, das alles zu spielen."

    Mit Köpplinger wird dann nach Nikolaus Bachler an der Spitze der Staatsoper und Martin Kusej an der des Bayerischen Staatsschauspiels auch das dritte staatliche Haus in München von einem Österreicher geleitet. "Wir sollten solche Grenzfragen einfach mal lassen", sagt Köpplinger dazu. Ihn würde es nicht stören, wenn alle österreichischen Bundestheater von Deutschen geleitet würden. "Können müssen sie's halt."

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden