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Handel in Bayern: Bayerische Regierung plant neues Ladenschlussgesetz

Handel in Bayern

Bayerische Regierung plant neues Ladenschlussgesetz

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    Die bayerische Staatsregierung will das Ladenschlussgesetz reformieren.
    Die bayerische Staatsregierung will das Ladenschlussgesetz reformieren. Foto: Wyszengrad (Symbol)

    Knapp 18 Jahre nach dem ersten Versuch startet die bayerische Staatsregierung einen neuen Anlauf zur Reform des Ladenschlussgesetzes. Das bestätigte Arbeitsministerin Ulrike Scharf (CSU) auf Anfrage unserer Redaktion. Sie sei „wild entschlossen“, die bisher geltenden Vorschriften „zu entrümpeln und zu modernisieren“, sagte Scharf. Die Ladenöffnungszeiten und der Schutz von Sonn- und Feiertagen aber sollen unangetastet bleiben, betonte die Ministerin. Die Begeisterung innerhalb der Regierungskoalition hält sich in engen Grenzen.

    Dass Scharfs Initiative insbesondere in der CSU auf einige Vorbehalte stößt, hat einen einfachen Grund. Die Vorgeschichte ist für die damals in Bayern noch allein regierende Partei bis heute peinlich: Mit der Föderalismusreform im Jahr 2006, die maßgeblich vom damaligen CSU-Chef und Ministerpräsidenten Edmund Stoiber ausgehandelt worden war, bekamen die Bundesländer erstmals das Recht, den Ladenschluss selbst zu regeln. In 15 von 16 Ländern wurden daraufhin eigene Ladenschlussgesetze beschlossen. Einzig im Freistaat Bayern gelang das nicht. Ein Gesetzentwurf, der eine Liberalisierung der Öffnungszeiten an Werktagen vorsah und von Stoiber und seinem damaligen Wirtschaftsminister Erwin Huber vehement befürwortet wurde, scheiterte in der CSU-Landtagsfraktion denkbar knapp mit einem Patt. 51 Abgeordnete stimmten für die Reform, 51 dagegen. Der Entwurf landete im Papierkorb und die CSU packte das heiße Eisen auch nicht mehr an. Die Folge: Bis heute gilt in Bayern das alte Ladenschlussgesetz des Bundes aus den 1950er Jahren.

    Bayern arbeitet an einer Reform des Ladenschlussgesetzes

    Dass jetzt ein neuer Anlauf unternommen werden muss, liegt an dem neuen Koalitionsvertrag, den CSU und Freie Wähler nach der Landtagswahl im vergangenen Herbst ausgehandelt haben. Dort steht auf Seite 41 der nur scheinbar harmlose Satz: „Wir wollen beim Ladenschluss weitere lange Einkaufsnächte sowie den durchgehenden Betrieb von digitalen Kleinstsupermärkten als neue Form der Nahversorgung ermöglichen.“ Erst nachdem diese Vereinbarung unter Dach und Fach war, so heißt es in Regierungskreisen, hätten Juristen in den Fraktionen und der Staatsregierung klar gemacht, dass diese Neuregelungen ohne ein eigenes Ladenschlussgesetz nicht in die Tat umgesetzt werden können.

    Formal zuständig ist das Arbeits- und Sozialministerium. Ministerin Scharf kennt, wie sie sagt, die Vorbehalte und auch die Besorgnis, dass altbekannte Meinungsverschiedenheiten in der Partei wieder aufbrechen könnten. Eine neue Debatte über die Ladenöffnungszeiten und die Regelung zum Schutz der Sonn- und Feiertagsruhe will sie deshalb vermeiden. Es soll dabei bleiben, dass Geschäfte nur von Montag bis Samstag von 6 Uhr früh bis 20 Uhr abends öffnen dürfen. „Das ist für mich nicht verhandelbar“, sagt Scharf.

    Ulrike Scharf: Lange Einkaufsnächte sollen einfacher möglich werden

    Für sogenannte Eventabende schlägt Scharf deutliche Liberalisierungen vor: Statt einmal im Jahr sollen lange Einkaufsnächte in Gemeinden künftig öfter möglich sein – zum Beispiel viermal im Jahr. Die Gemeinden sollen darüber selbst bestimmen können und keinen Antrag mehr bei der Bezirksregierung stellen müssen. Ein konkreter Anlass – eine sogenannte „Trägerveranstaltung“ wie zum Beispiel ein Stadtfest – soll dafür nicht länger Voraussetzung sein. Und auch die Beschränkung auf das Orts- oder Stadtzentrum soll entfallen. Künftig sollen Ladengeschäfte im gesamten Gemeindegebiet an langen Einkaufsnächten öffnen dürfen.

    Auf ein neues rechtliches Fundament muss laut Scharf der Betrieb digitaler Kleinstsupermärkte gestellt werden, nachdem Gerichte in Hamburg und Hessen entschieden haben, dass es sich dabei nicht um Automaten, sondern um Verkaufsstellen handelt. In Bayern soll, so schlägt sie vor, festgeschrieben werden, dass die Kleinstsupermärkte (Selbstbedienung, Bezahlung an Scannerkassen) und Automatenläden werktags durchgehend geöffnet sein dürfen.

    Nach Reform sollen bestimmte Läden werktags rund um die Uhr geöffnet sein dürfen

    Nur zwei Einschränkungen soll es geben: Die Verkaufsfläche dürfe maximal 100 Quadratmeter betragen und Verkaufspersonal dürfe nicht anwesend sein. Sollte man sich dazu entscheiden, die Öffnung von Kleinstsupermärkten auch an Sonn- und Feiertagen zu gestatten, müsse über zusätzliche Einschränkungen geredet werden, etwa eine Begrenzung der Öffnungszeiten oder eine Beschränkung des Sortiments. Damit allerdings soll es nicht getan sein.

    Über die Vereinbarungen im Koalitionsvertrag hinaus soll das erste bayerische Ladenschlussgesetz nach dem Willen der Ministerin deutliche Vereinfachungen im Vollzug bringen. Das betreffe eine ganze Reihe von Regelungen und Ausnahmetatbeständen wie zum Beispiel den Sonn- und Feiertagsverkauf bestimmter Waren (frisches Brot, Zeitungen, Blumen am Muttertag), die Sonderregelungen für Kur- und Tourismusorte, für Großveranstaltungen und Feste oder für Verkaufsstellen an Bahnhöfen oder Flughäfen. Scharf gibt sich zuversichtlich: „Ich sehe das neue Gesetz als große Chance.“

    2006: Erster Versuch eines neuen Ladenschlussgesetzes

    Im Landtag gehen die Meinungen auseinander, ob es die Regierungskoalition aus CSU und Freien Wählern besser hinkriegt als die CSU-Staatsregierung im Jahr 2006. Damals gab es nach dem Patt in der CSU-Fraktion jede Menge Hohn und Spott für die Regierenden. SPD und Grüne sprachen von „Schmierenkomödie“ und „Tohuwabohu“. Allerdings gab es damals wie heute in allen Fraktionen unterschiedliche Meinungen zum Thema Ladenschluss.

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