Die Krise der Bundespartei griff spätestens am Donnerstagmittag auf die bayerischen Grünen über. Da begann im Münchner Maximilianeum in der Landtagsfraktion die Nachricht die Runde zu machen, dass das „Rücktritts-Virus“ nun auch auf Bayern übergegriffen hatte. Nachdem zuvor der Bundesvorstand des Grünen-Nachwuchses Ämter und Parteizugehörigkeit aufgegeben hatte, tat es ihm die Spitze des bayerischen Grünen-Nachwuchses gleich. Aus Frust über den Kurs der Ampel-Regierung, in der die eigene Partei die zweitstärkste Kraft ist, warf auch der Vorstand der Grünen Jugend in Bayern um die beiden Sprecherinnen Eva Konen und Katharina Sparrer hin und erklärte zugleich seinen Parteiaustritt. Ausgerechnet der Partei, die sich als Retterin vor der Klimakrise und damit Anwältin der Jugend begreift, geht der eigene Nachwuchs von der Fahne.
Dieser Nachwuchs wirkt in Teilen ernüchtert. Grund für den Rücktritt sei „der Entfremdungsprozess von der Grünen Partei über die letzten Monate und Jahre“, teilt der Landesvorstand der Grünen Jugend unserer Redaktion mit. Und weiter: „Viele Entscheidungen, die Grüne in der Regierungsbeteiligung getroffen haben, sowie den aktuellen programmatischen, inhaltlichen und strategischen Kurs, können und wollen wir nicht länger mittragen.“ Als Beispiel nennen die Vorstandsmitglieder unter anderem, dass es keine ausreichende Strategie gegen Rechts gebe. „Zu viele Konflikte haben wir mit der Partei geführt und dabei immer wieder festgestellt, dass die Grünen nicht das linke Projekt sind, das wir uns wünschen. Wir glauben nicht mehr, dass wir bei den Grünen und damit auch in der Grünen Jugend so Politik machen können, wie wir uns das vorstellen.“
Viele Nachwuchs-Grünen wollen bleiben
Nicht alle Nachwuchs-Grünen teilen indes die Entscheidung. Dazu zählt etwa Anna Gmeiner, Sprecherin der Grünen Jugend Rosenheim. Auf der Plattform Instagram hat sie im Namen des Ortsverbandes „Wir bleiben!“ gepostet. Hier werde der Großteil der Menschen weitermachen, sagt sie. Persönlich sei sie von den Rücktritten enttäuscht: „Da geht Know-how verloren.“ Aber: „Wir sind in Bayern so gut vernetzt, wir werden bei dem Übergang nicht alleine sein.“
In Bayern sei die große Mehrheit der Basis mit dem Austritt der Verbandsspitze nicht einverstanden, berichtet Max Meier, Grüne-Jugend-Mitglied aus München, aus einer Videokonferenz der Mitglieder mit der bayerischen Grüne-Jugend-Spitze. Er sagt aber auch: Die Entfremdung des Vorstands zur Mutterpartei sei absehbar gewesen. „Das hat auch immer wieder für Kritik am Vorstand gesorgt.“
Die Lage der bayerischen Grünen ist noch vergleichsweise gut
Landesvorsitzende Eva Lettenbauer war angesichts des Hinschmeißens der Nachwuchs-Spitze schnell um Schadensbegrenzung bemüht. Die meisten Mitglieder des Vorstands wären ohnehin bei den turnusgemäßen Neuwahlen im Oktober nicht mehr angetreten, sagte sie unserer Redaktion. In den Startlöchern stünden viele Bewerber, die gewillt seien, grüne Politik fortzusetzen. Bleibt nur die Frage, was das ist und wer diese bestimmt.
Trotz der aktuellen Tiefschläge: Nach dem Dauertief in den Umfragen und den saftigen Wahlniederlagen im Osten der Republik dämmert Bayerns Grünen, dass ihre Lage noch vergleichsweise gut ist. Die 14,4 Prozent bei den Landtagswahlen vor einem Jahr galten damals als Enttäuschung, lassen sich im Lichte der jüngsten Ergebnisse aber anders lesen. Immerhin habe man in der bayerischen Landespolitik jetzt noch vier Jahre Zeit, um sich zu sammeln und wieder beim Wähler zu punkten, räumen Mandatsträger der bayerischen Fraktion in Gesprächen ein.
„Es wird andere geben, die diese Lücke füllen und wieder grüne Politik machen“
Geführt wird diese Fraktion derzeit von Johannes Becher. Der 36-jährige Jurist aus Moosburg an der Isar vertritt Katharina Schulze, die jüngst wieder Mutter geworden ist. Becher ist ein bodenständiger Oberbayer, der offen zugibt, dass er mit manchen Positionen der Grünen-Jugend wenig anfangen kann. Den Rücktritt des Bundesvorstandes der Nachwuchsorganisation kommentiert er kühl: „Es wird andere geben, die diese Lücke füllen und wieder grüne Politik machen.“ In einer lebendigen Partei wie den Grünen gebe es Konflikte und die müsse man auch aushalten können.
Gülseren Demirel ist seit Mitte der 1990er Jahre bei den Grünen und hat seitdem einige Auf und Abs erlebt. Der Rückzug der Grünen-Jugend-Spitze habe sie kalt erwischt, sagt die Abgeordnete aus München. Demirel versteht, dass beim Nachwuchs „einiger Frust“ da sei. Doch dessen Erwartungen an grüne Erfolge in einer Regierungsbeteiligung seien zu hoch gewesen. „Wir regieren dort in einer Koalition und das bedeutet, dass man Kompromisse eingehen muss.“ Streit in der Partei, Tief in den Umfragen, Klatschen bei den Wahlen: Kann es noch schlimmer kommen? Demirel wirft CSU-Chef Markus Söder vor, er mache Stimmung gegen ihre Partei und sagt: „Ich kann mir zwar keinen härteren Wahlkampf vorstellen als vor einem Jahr, aber es ist natürlich mittlerweile gut möglich.“
Landesvorsitzende hoffe, dass die Krise ein reinigendes Gewitter ist
Cemal Bozoglu redet nicht lange drumherum: „Wir befinden uns durch die Ost-Wahlen in der Krise.“ Dass in dieser Situation die Parteivorsitzenden Ricarda Lang und Omid Nouripour ihre Stühle räumten, „das verstehe ich.“ Kein Verständnis hat Bozoglu indes für den plötzlichen Rückzug der Grünen-Nachwuchspolitiker. „Das war eine überzogene Reaktion.“ Wer eine Partie verlässt, könne ihren Kurs nicht mehr verändern.
Die Landesvorsitzende Lettenbauer (gemeinsam mit Gisela Sengl) scheint dagegen zu hoffen, dass die Partei-Krise so etwas wie ein reinigendes Gewitter ist. „Wir haben jetzt die Chance auf einen Neustart.“ Lettenbauer macht eine kurze Pause. „Die müssen wir auch nutzen.“
„Zu viele Konflikte haben wir mit der Partei geführt und dabei immer wieder festgestellt, dass die Grünen nicht das linke Projekt sind, das wir uns wünschen.“ - Die Massenaustritte zeigen nun sehr deutlich, welcher Linksruck sich bei den Junggrünen eingeschlichen hatte.
Es ist schon hart, wenn das eigene woke Wunschdenken auf die Realität trifft. Nicht jeder kann damit umgehen, sondern flüchtet lieber in ein anderes Umfeld, wo er weiter ungestört träumen und fordern kann. Ansonsten ist ist China ein Sack Reis umgefallen.
Die Grünen sind längst eine soziale, ökologische und realpolitische Partei. Linke Sektierer haben dort keinen Platz. Erstaunlich, dass diese Junggrünen das erst jetzt merken. Die Vernünftigen unter den jungen Leuten werden froh sein, dass sich die Wirrköpfe an ihrer Spitze nun ein neues Betätigungsfeld suchen.
Es ist nichts weiter wie das ewige Dilemma der Grünen. Eine Partei besteht nun mal nicht aus absolut Gleichgesinnten und sie haben seit Beginn den Kampf zwischen Realos und Fundis auszukämpfen. Allerdings ist das bei anderen Parteien kaum anders nur nicht ganz so konfliktbehaftet wie schon ganz zu Beginn der Grünen. Die Fundis haben immer noch nicht verstanden, dass eine Partei nur ausgeglichen und gemeinsam auftretend dort hin kommt wo sie auch etwas bewirken kann. Demokratie funktioniert nun am nicht nach dem Motto sie ist nur gut wenn nur das raus kommt was man selber als Ideal stilisiert.
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