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Großeinsatz: Schlag gegen Mafia: 50 Durchsuchungen in Rheinland-Pfalz

Großeinsatz

Schlag gegen Mafia: 50 Durchsuchungen in Rheinland-Pfalz

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    Eine Polizistin geht während einer Razzia in ein Mehrfamilienhaus.
    Eine Polizistin geht während einer Razzia in ein Mehrfamilienhaus. Foto: Alex Talash, dpa

    Rund 500 Einsatzkräfte der rheinland-pfälzischen Polizei haben im Kampf gegen die italienische Mafia-Organisation 'Ndrangheta am Mittwochfrüh 57 Durchsuchungsbeschlüsse vollstreckt. Zehn Beschuldigte, gegen die das Amtsgericht Koblenz Haftbefehl erlassen hatte, wurden festgenommen, vier von ihnen in Italien, wie die Staatsanwaltschaft Koblenz und das Landeskriminalamt (LKA) in Mainz am Mittwoch mitteilten. Zwei im Saarland gesuchte Männer wurden auch in Italien festgenommen. In Rheinland-Pfalz wurden 50 Wohnungen und Gewerberäume durchsucht, im Saarland 3.

    Den Beschuldigten werde zur Last gelegt, als Bande gewerbsmäßige Betrugsstraftaten begangenen zu haben, heißt es in der Mitteilung von Staatsanwaltschaft und LKA. Sie sollen ein Geflecht aus Schein- und Briefkastenfirmen aufgebaut haben, eine Logistik aus Lagerhallen und Transportunternehmen mit einer Arbeitsstruktur, um Straftaten zu begehen. Die Gruppierung habe grenzüberschreitend agiert. Hintergrund der schon rund zwei Jahre andauernden internationalen Ermittlungen ist Geldwäsche, bandenmäßige Steuerhinterziehung, gewerbsmäßiger Bandenbetrug sowie Rauschgiftschmuggel.

    Die rheinland-pfälzischen Einsatzkräfte durchsuchten am Mittwochfrüh Wohnungen und Gewerbeimmobilien in Mayen, Koblenz, dem Kreis Mayen-Koblenz, dem Westerwaldkreis aber auch in Bonn, Wuppertal und Dortmund sowie in dem bayerischen Kreis Kelheim und in Baden-Baden. Sie wurden von Spezialkräften des Bundes und anderer Länder sowie des Zolls und der Steuerfahndung unterstützt. Insgesamt waren rund 1000 Kräfte im Einsatz.

    Die in Rheinland-Pfalz Beschuldigten sind zwischen 25 und 46 Jahre alt und neun von ihnen sind Italiener. Die zehnte ist eine rumänische Staatsangehörige. Sieben von ihnen haben ihren Hauptwohnsitz in Rheinland-Pfalz - Mayen und Koblenz. Zwei wohnen im Raum Wuppertal und einer im Raum Bonn.

    Die sechs in Deutschland festgenommenen Verdächtigen wurden am Mittwoch der Haftrichterin vorgeführt. Diese ordnete Untersuchungshaft an. Die vier Beschuldigten aus Italien sollen überstellt werden. Das könne in der Regel ein paar Wochen dauern, wie die Staatsanwaltschaft mitteilte.

    Die im Saarland gesuchten und in Italien festgenommenen Männer sind 25 und 47 Jahre alt. In der Landeshauptstadt Saarbrücken wurden ein Wohnhaus und Geschäftsräume des 47-Jährigen durchsucht, außerdem eine Eisdiele, die der Mann in Saarlouis angemietet hat. Der mit Haftbefehl gesuchte Mann wurde in Italien festgenommen, wie das LkA mitteilte. Ein weiterer mit Haftbefehl gesuchter 25-Jähriger aus dem Saarland wurde ebenfalls in Italien festgenommen. An den Maßnahmen waren den Angaben zufolge rund 90 Einsatzkräfte beteiligt, darunter auch Spezialeinheiten und die Bereitschaftspolizei.

    Bei den 50 Durchsuchungen in Rheinland-Pfalz seien Unterlagen und Datenträger sichergestellt worden, deren Auswertung aufgrund des erheblichen Umfangs eine gewisse Zeit in Anspruch nehmen werde. Die Maßnahmen seien auch noch nicht abgeschlossen.

    Die 'Ndrangheta ist nach Einschätzung des Bundeskriminalamtes (BKA) derzeit die "relevanteste Mafia-Gruppierung" mit einer dominanten Stellung auf dem europäischen Kokainmarkt. "Sie versucht, ihr Territorium auszuweiten und Einfluss auf kalabrische Migrantengemeinschaften auszuüben", erklärte das BKA.

    Das Verfahren werde durch eine gemeinsame Ermittlungsgruppe geführt, an der Europol und Eurojust, die Agentur der EU für Zusammenarbeit in Strafsachen, beteiligt seien. Neben Italien seien auch Behörden aus Belgien, Frankreich, Italien, Portugal und Spanien dabei. Insgesamt wurden laut italienischen Behörden 108 Haftbefehle vollstreckt.

    In Nordrhein-Westfalen wurden 51 Häuser, Wohnungen, Büros und Geschäftsobjekte durchsucht. Zudem vollstreckten die Beamten 15 Haftbefehle. An den Razzien war auch die Einsatzhundertschaft und das Spezialeinsatzkommando beteiligt. In der thüringischen Landeshauptstadt Erfurt wurden 4 Objekte durchsucht und ein EU-Haftbefehl wurde vollstreckt. In Bayern laufen den Angaben zufolge Ermittlungen gegen 8 Menschen. Seit dem Morgen durchsuchten mehr als 130 Einsatzkräfte 10 Objekte, gegen 4 Personen wurden EU-Haftbefehle vollstreckt.

    Innenminister Michael Ebling (SPD) sprach in Mainz von einem "wirkungsvollen Schlag" gegen die Mafia. "Vom heutigen Tag geht das ganz deutliche Signal aus: Für die Organisierte Kriminalität ist kein Platz in Europa und für sie ist ganz sicher auch kein Platz hier bei uns in Rheinland-Pfalz." Die Strafverfolgungsbehörden seien wachsam und schlagkräftig. Machenschaften krimineller Organisationen würden entschlossen und konsequent verfolgt.

    Der neue LKA-Leiter Mario Germano sagte: "Mit dem heutigen Einsatz ist es gelungen, die Struktur einer international agierenden Tätergruppierung zu zerschlagen. Das macht einmal mehr deutlich, dass Polizeiarbeit nicht an Grenzen halt macht. Die jahrelangen guten Beziehungen des LKA zu nationalen und internationalen Partnern sowie die beharrliche und akribische Ermittlungsarbeit haben dem organisierten Verbrechen einen schweren Schlag versetzt."

    Der Leitende Oberstaatsanwalt in Koblenz, Mario Mannweiler, betonte: "Deutschland darf sich nicht zu einem Rückzugsgebiet für mafiöse Strukturen entwickeln."

    Der Innen-Experte der CDU-Landtagsfraktion, Matthias Lammert, sagte: "Die heutigen Polizeiaktionen zeigen, dass wir mit unserer Warnung vor einer Ausbreitung der Organisierten Kriminalität - besonders die der italienischen Mafia - richtig liegen." Auf Landesseite sieht Lammert noch deutlichen Nachholbedarf: "Die Landesregierung, allen voran Minister Ebling und sein Innenministerium, muss endlich konkrete Maßnahmen zur Verbesserung der grenzüberschreitenden Kriminalitätsbekämpfung beziehungsweise Strafverfolgung vorlegen."

    Die 'Ndrangheta hat ihre Wurzeln im italienischen Kalabrien, die Mafia ist aber auch in Deutschland aktiv. Laut BKA hat sie eine hierarchische Struktur. Demnach hat sie wiederholt gezeigt, dass sie fähig sei, Wirtschaft und Politik in Italien zu infiltrieren. Darüber hinaus sei die Gruppierung hauptsächlich in Spanien, Frankreich, den Niederlanden, Deutschland, der Schweiz, Kanada, den USA sowie Kolumbien und Australien tätig.

    Der Begriff 'Ndrangheta stammt aus dem Griechischen und bedeutet etwa Mut oder Treue. Die Mafia-Organisation soll sich in den 1860er Jahren gegründet haben, als eine Gruppe Sizilianer von der italienischen Regierung von der Insel verbannt wurde.

    (dpa)

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