Reine Symbolpolitik, Etikettenschwindel oder ein echter sicherheitspolitischer Fortschritt? Seit fünf Jahren gibt es die neue Bayerische Grenzpolizei, seit fünf Jahren wird über Sinn und Unsinn gestritten. Am Mittwoch in Nürnberg zog Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) eine positive Bilanz. Grünen-Fraktionschefin Katharina Schulze bekräftigte ihre Kritik.
Innenminister Hermann mit Abwehr illegaler Migration zufrieden
Herrmann lobte die Erfolge der neuen Polizeieinheit, die im Wahljahr 2018 aus der früheren Schleierfahndung gebildet wurde, um illegale Migration an der Grenze einzudämmen, in den höchsten Tönen. Allein im ersten Halbjahr 2023 habe die Grenzpolizei 11.300 Fahndungstreffer erzielt, darunter mehr als 700 Haftbefehle. Das, so berichtete der Innenminister, sei ein Plus von mehr als 500 Fahndungstreffern und mehr als 270 Haftbefehlen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum 2022. In den fünf Jahren seit Gründung habe man insgesamt sogar rund 87.900 Fahndungstreffer, davon mehr als 4.300 Haftbefehle gezählt. „Das sind beeindruckende Zahlen, die die Wichtigkeit der grenzpolizeilichen Arbeit unterstreichen“, betonte Herrmann.
Auch mit der Abwehr illegaler Migration an den Grenzen zu Österreich und Tschechien zeigte sich der Minister zufrieden. Im ersten Halbjahr 2023 habe die Grenzpolizei rund 1280 unerlaubte Einreisen und 78 Schleuserdelikte festgestellt. In den fünf Jahren seit ihrer Gründung seien es 9785 illegale Einreisen und 647 Schleusungsdelikte gewesen. All das zeigt nach Ansicht des Ministers deutlich: „Wir brauchen die Bayerische Grenzpolizei mehr denn je.“ Sie sei „zur Bekämpfung illegaler Migration und grenzüberschreitender Kriminalität unverzichtbar“.
Bayerische Grenzpolizei in Teilen verfassungswidrig
Dass mit mehr Schleierfahndern und verstärktem Polizeieinsatz hinter der Grenze auch mehr Fahndungserfolge zu erzielen sind, haben die Kritiker der Grenzpolizei nie bezweifelt. Sie störten sich in erster Linie an dem Begriff, der im Wahlkampf offenkundig die Botschaft transportieren sollte, dass Bayern den Schutz seiner Außengrenze selbst in die Hand nehme. Tatsächlich aber war mit der Abschaffung der alten bayerischen Grenzpolizei in den 90er Jahren die Kompetenz für Grenzkontrollen endgültig auf den Bund übergegangen. Das bekräftigte im Jahr 2020 auch der Bayerische Verfassungsgerichtshof und erklärte die Einrichtung der neuen bayerischen Grenzpolizei in Teilen für verfassungswidrig.
Für Grünen-Fraktionschefin Schulze ist die Bayerische Grenzpolizei deshalb bis heute ein „Etikettenschwindel von Markus Söder“. Zum Jubiläum betonte Schulze: „2018 hat er eine neue Polizeieinheit mit eigenen Befugnissen im Grenzschutz versprochen – und musste zurückziehen: Seit dem Urteil des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs vom August 2020, das wir Grüne erwirkt hatten, muss die Söder-Regierung einsehen: Sie darf Einheiten zwar so einfallsreich nennen, wie sie will, dadurch haben diese aber noch lange keine eigenen grenzpolizeilichen Befugnisse. Kein unabhängiges Agieren an der Grenze, Kontrollmaßnahmen nur mit Erlaubnis des Bundes – nichts von Markus Söders Fantasiegebilde ist übrig geblieben.“
Personell wird bei der Bayerischen Grenzpolizei eifrig aufgestockt
Dass die früheren bayerischen Schleierfahnder an der Grenze quasi als Hilfstruppen der Bundespolizei tätig sind, stört Innenminister Herrmann nach eigener Aussage nicht. Schon nach dem Urteil des Verfassungsgerichtshofs hatte er festgestellt, dass das an der Arbeit der bayerischen Grenzpolizisten in der Praxis nichts ändere. Seit ihrer Gründung wurde die Einheit mehrfach personell aufgestockt. Das ursprüngliche Ziel – 1000 Beamte bis zum Jahr 2023 – wird nach Auskunft des Innenministeriums allerdings erst 2025 erreicht.