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Glosse: Zum "Tag des Bieres": Eine Ode an die Halbe

Glosse

Zum "Tag des Bieres": Eine Ode an die Halbe

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    Eine Halbe Bier, oder auch 0,5 Liter.
    Eine Halbe Bier, oder auch 0,5 Liter. Foto: Tobias Hase, dpa

    Eine Halbe ist eine Halbe ist eine Halbe, doch jenseits dieser Bauarbeiter-Poesie verhält es sich natürlich genau umgekehrt: Keine Halbe ist wie die andere.

    Das liegt einmal an der Vielzahl des Angebots – 1528 Brauereien meldet das Statistische Bundesamt, eine Vielzahl, auf die man am „Tag des deutschen Biers“ ja ruhig mal hinweisen kann. Das liegt aber vor allem daran, dass es einen großen Unterschied macht, wo, wann und in welcher Gemütsverfassung man zur Halben greift. Man kann die Halbe – und von der Baustelle hatten wir es ja schon – etwa als Grundnahrungsmittel ansehen, das oft auch in einem symbiotischen Verhältnis zur Leberkässemmel steht.

    Man kann die Halbe, wie es einem die Werbung suggeriert, mit den jung gebliebenen, gleichwohl schon leicht melierten Freunden nach einer dynamischen Partie Beachvolleyball trinken, in diesem Fall natürlich kalorien- und alkoholreduziert. Man kann aber mit einer Halben beispielsweise auch einfach so in den Tag hineindimpfeln, also in einer Art leicht gehopftem, ziellosem Naturzustand Zeit und brummelnde Hummeln an sich vorbeiziehen lassen, ehe einen vielleicht gar ein Gedanke anfliegt (und wenn nicht: auch nicht schlimm). Kurz gefasst jedenfalls: Die Halbe ist universell einsetzbar und erfüllt doch immer einen anderen Zweck.

    Seit 1954 wird das Bier als Halbe ausgeschenkt

    Dabei stand es lange Zeit gar nicht gut um sie, also in ihrer klassischen Ausprägung. Verschwand in vielen Wirtshäusern zunächst der klassische Willibecher, also jenes zeitlos schöne, schlichte Gefäß, in das seit 1954 das Helle bis zum 0,5er-Eichstrich geschenkt wurde, weil modische Krug-Imitate, in die nicht mal ein halber Liter passte, die Rendite erhöhen sollten, so wandelte sich im Lauf der Zeit auch die Flaschenform: Lang und schlank musste es sein, so, als verschwände damit auch der Bierbauch.

    Pro Kopf wurden im vergangenen Jahr 86,9 Liter Bier getrunken.
    Pro Kopf wurden im vergangenen Jahr 86,9 Liter Bier getrunken. Foto: Sven Braun, dpa

    Doch diese Ursünde, die wohl als Distinktionsgewinn gegenüber der zementmischenden Leberkäsfraktion gedacht war, holte die Verkaufs- und Werbestrategen irgendwann ein: Denn plötzlich war es in hippen Szenekneipen nicht nur in Berlin wieder in, neben einem iPhone die klassische bayerische Halbe-Flasche in den manikürten Händen zu halten, weil „regional“ und retro war es schließlich auch.

    Die Halbe wird auch nach der Corona-Pandemie bleiben

    Nun sind die Kneipen bekanntlich aber zu, die Brauereien, die zuvor womöglich, wie etwa das Tegernseer Brauhaus, noch kräftig erweitert hatten, beklagen Umsatzrückgänge, die weit über den seit Jahren sinkenden Bierdurst der Deutschen hinausgehen. Und das kann auch nicht dadurch kompensiert werden, dass inmitten der Pandemie die Getränke- ähnlich wie Garten- und Baumärkte von der Politik offenbar als systemrelevant identifiziert wurden.

    Doch keine Sorge: Die Halbe, dieser in Flaschen gefüllte Ausdruck bayerischer Unerschütterlichkeit, bierruhiger Begleiter in allen Lebenslagen, wird bleiben. Und merke: Auf einer kann man nicht stehen. Prost!

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