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Gillamoos 2023: Aiwanger zwischen Flugblatt-Affäre und "Hubert"-Rufen

Gillamoos

Aiwanger auf dem Gillamoos: Zwischen Flugblatt-Affäre und "Hubert"-Rufen

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    Auf dem Gillamoos-Jahrmarkt spricht Hubert Aiwanger vor allem davon, Deutschland von Ideologien zu befreien. Über das antisemitische Flugblatt verliert er jedoch kein Wort.
    Auf dem Gillamoos-Jahrmarkt spricht Hubert Aiwanger vor allem davon, Deutschland von Ideologien zu befreien. Über das antisemitische Flugblatt verliert er jedoch kein Wort. Foto: Sven Hoppe, dpa

    Beim ältesten Volksfest Bayerns, dem Gillamoos-Jahrmarkt im niederbayerischen Abensberg, versammelt sich traditionell die Politprominenz. Doch wegen der Flugblattaffäre stand der verbale Schlagabtausch nicht nur im Zeichen der Landtagswahl, die in gut einem Monat stattfindet. Vor allem Hubert Aiwanger, stellvertretender Ministerpräsident und Chef der Freien Wähler, rückte in den Mittelpunkt. 

    Hubert Aiwanger wird in Gillamoos mit Sprechgesängen begrüßt

    Mit "Hubert, Hubert" wird Aiwanger schon zu Beginn der Reden unter tosendem Applaus und Sprechgesängen begrüßt, ohne etwas gesagt zu haben. Er erhebt sich in dem kleinen Weißbierstadel von seinem Platz, winkt in die Menge, kaut Kaugummi, das weiße Hemd ordentlich in die Hose gesteckt. Bereits um 9.15 Uhr waren der Stadel und der davor liegende Biergarten voller Menschen. Blasmusik spielt, auch die Musiker trinken Bier, wenn sie gerade Pause haben.

    Am Sonntag hatte Ministerpräsident Markus Söder (CSU) auf einer Pressekonferenz in München angekündigt, seinen Stellvertreter im Amt zu lassen. Er befand eine Entlassung für "nicht verhältnismäßig", riet Aiwanger aber zu "Reue und Demut". Hintergrund sind die Vorgänge um ein antisemitisches Flugblatt, das vor 35 Jahren an Aiwangers ehemaligem Gymnasium in Niederbayern in dessen Schultasche aufgetaucht ist, und in dem die Opfer des Holocaust verhöhnt werden.

    Aiwanger hatte mehrmals bestritten, das Flugblatt verfasst zu haben und distanzierte sich von dessen Inhalt. Er äußerte, Opfer einer gezielten Hetzkampagne zu sein. Ein Dokument aus seiner Schulzeit sei aus dem geschützten Raum der Schule hervorgezerrt worden, um ihn politisch und persönlich fertigzumachen.

    Fabian Mehring begrüßt die Gäste "in der Heimat des gesunden Menschenverstands"

    Der parlamentarische Geschäftsführer der Landtagsfraktion der Freien Wähler, Fabian Mehring, hat Aiwanger in den vergangenen Tagen besonders lautstark verteidigt. Er begrüßt die Gäste der Freien Wähler "in der Heimat des gesunden Menschenverstands". Er erklärte die Freien Wähler zum "Bollwerk gegen die rechten Spinner". Mehring verteidigt Aiwanger: "Unser Hubert Aiwanger hat mehr Demokratieverständnis im kleinen Finger, als diejenigen, die dieses Kesseltreiben veranstalten im ganzen Kerle."

    Und er versichert: "Lieber Hubert, wir stehen vor dir, wenn von vorne mit Dreck geworfen wird, und wir stehen hinter dir, wenn von hinten mit Dreck geworfen wird." Denn Bayern brauche die Freien Wähler und Bayern brauche Hubert Aiwanger. Das Publikum dankt mit "Hubert-Hubert"-Rufen.

    Mering weist auch darauf hin, dass Aiwanger wegen des Flugblattes keinen Schulverweis bekommen habe, nicht einmal einen Eintrag ins Zeugnis. Er sei sogar als Schülersprecher gewählt worden, die ganze Schüler- und Lehrerschaft habe hinter ihm gestanden. Das sei das eindeutigste Indiz dafür, dass er schon damals der Hubert war, den man heute kenne. 

    Aiwanger verliert in Gillamoos kein Wort über die Flugblattaffäre

    Hubert Aiwanger lässt sich Zeit, um vor das Rednerpult zu treten, räumt zuerst noch einen Bierkrug weg. Zur Flugblattaffäre verliert er kein Wort. In seiner Rede betont er mehrmals, Bayern und Deutschland von einer Ideologie befreien zu wollen, die die Zukunft zerstöre. Damit meint er etwa: das neue Heizungsgesetz, eine in seinen Augen zu lockere Migrationspolitik, eine Politik, die Arbeit und Leistung nicht mehr wertschätze, und den Einsatz vom Wasserstoff im Verkehr. 

    Er sagt, anstatt einer Verkehrswende komme es zu einem Verkehrsende, da Lkw mit Wasserstoff nicht mehr weit fahren könnten. Aiwanger meint, Leistung und Arbeit würden in Deutschland "kaputt bürokratisiert". Schweiß rinnt ihm den Hals hinunter, während er spricht. Immer wieder ertönen Applaus und "Hubert-Hubert-Rufe". Aiwanger sagt, es sei die Aufgabe der Freien Wähler, nicht nur in Bayern, sondern auch in Deutschland zu verhindern, dass "komische Parteien regieren". 

    Die Blaskapelle spielt die deutsche Nationalhymne, Aiwanger und seine Parteikolleginnen und -kollegen stehen auf der Bühne und singen mit. Es folgen Schulterklopfen, Händeschütteln und die Aufforderung, am 8. Oktober alle Kreuze bei den Freien Wählern zu machen. Bei der Partei, die noch Menschenverstand besitze.

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