Der Song ist bald 23 Jahre alt; ein Liebeslied, wie sein Erschaffer, der italienische DJ und Musikproduzent Gigi D'Agostino, sagt, das hierzulande sogar mal ziemlich erfolgreich war. Wenige Wochen nach Erscheinen kletterte "L'amour toujours" bis auf Platz drei der deutschen Charts und hielt sich in der Rangliste immerhin 19 Wochen. Darin kommen solche Sätze vor wie "Ich kann es nicht abstreiten, Ich gehöre wohl zu deinem Leben, Obwohl ich es manchmal abgestritten habe, meine Liebe zu dir versteckt habe, Sei mein Schatz und wir fliegen davon, Du und ich".
Das klingt in politischer Hinsicht ausgesprochen unverdächtig, und das war das Lied auch – bis im vergangenen Oktober erste Videos in sozialen Netzwerken die Runde machten. Sie zeigten feiernde Menschen in Diskotheken oder auf Dorffesten, die zu dem Song mitgrölten und plötzlich lauthals die fremdenfeindliche Parole "Deutschland den Deutschen, Ausländer raus" brüllten. Besondere Aufmerksamkeit löste Mitte Januar ein entsprechender Mitschnitt aus einer Disco im mittelfränkischen Greding aus und vor Kurzem das Gegröle von Partygästen auf der Insel Sylt, bei der Erlanger Bergkirchweih und beim Pfingstfest in Bad Kötzting. Nun ist eine Debatte darüber entbrannt, ob das Lied bei anderen Volksfesten auf den Index gehört. Die Meinungen sind gespalten.
Oktoberfest-Chef: "Auf der Wiesn ist für den ganzen rechten Scheißdreck kein Platz"
Am weitesten gehen die Veranstalter des Münchner Oktoberfestes, des Cannstatter Wasen sowie mehrerer Fanzonen zur Fußball-Europameisterschaft. Dort soll das Stück gar nicht mehr gespielt werden. "Wir wollen es verbieten und ich werde es verbieten", sagte etwa Wiesn-Chef Clemens Baumgärtner. Das Lied sei an sich zwar nicht rechtsradikal, aber es habe eine "ganz klare rechtsradikale Konnotation" bekommen. Und Baumgärtner wurde noch deutlicher: "Auf der Wiesn ist für den ganzen rechten Scheißdreck kein Platz."
Anders will die Stadt Nürnberg beim dortigen Herbstfest mit dem Thema umgehen. Es gebe derzeit keine Überlegungen, das Lied auf dem Herbstvolksfest zu verbieten, sagte Stadtsprecher Andreas Franke. Josef Diebold ist Chef des schwäbischen Schaustellerverbandes. Nach der Ankündigung des Wiesn-Chefs habe man die Köpfe zusammengesteckt und sich beraten, sagte er. Fazit: So weit wie auf dem Oktoberfest will man auch auf dem Augsburger Plärrer nicht gehen. "Der Interpret des Liedes hat nichts falsch gemacht. Der Song ist ein Liebeslied und jetzt seit gut 20 Jahren auf dem Markt. Er kann nichts dafür, dass so ein paar Deppen das Lied missbrauchen."
Für das Gäubodenfest in Straubing, nach der Wiesn das zweitgrößte Volksfest in Bayern, ist noch keine Entscheidung gefallen. "Bisher haben wir uns als Veranstalter nicht in die Auswahl des Liedguts in den Festzelten eingemischt", sagte Cheforganisator Daniel Winklmaier. Dieser spezielle Fall soll jedoch genau geprüft werden und eine Abstimmung mit den Festwirten folgen. In Kempten gibt es unter Stadträten eine kontroverse Diskussion, wie man im Fall der Allgäuer Festwoche verfahren soll; eine Entscheidung steht auch hier noch aus.
Claudia Roth ist skeptisch, was ein Verbot von "L'amour toujours" betrifft
Inzwischen gibt es an der harten Verbotslinie auch deutliche Kritik. "Das ist katastrophal. Wo sind wir denn, Lieder zu zensieren?", sagte Dirk Wöhler, Präsident des Berufsverbandes Discjockey, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. "Den Song zu verbieten, bedeutet, den Rechtsextremen klein beizugeben", sagte Wöhler. Er verurteile die Umdichtungen des Hits mit rechtsextremen Textzeilen auf das Schärfste. Dennoch dürften die Vorkommnisse kein Grund für ein Verbot sein. Auch Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) ist skeptisch. Der Funke Mediengruppe sagte sie: "Viel wichtiger, als jetzt Liedverbote auszusprechen, wäre es, dass die verantwortlichen Betreiber für Schulungen und Sensibilisierungen bei ihrem Personal sorgen, professionelle Awareness-Teams einsetzen und insgesamt klarmachen, dass es eine Null-Toleranz-Politik gegenüber jeglichen rassistischen, menschenfeindlichen und NS-verherrlichenden Äußerungen geben muss."
Und wie ist der Fall juristisch zu bewerten? "Das Lied selbst kann niemand einfach so verbieten, denn es ist selbst völlig gesetzeskonform", sagte der Fachanwalt Christian Solmecke dem Bayerischen Rundfunk. Doch die Frage in der jetzigen Debatte beziehe sich darauf, ob man das Spielen des Liedes auf öffentlichen Veranstaltungen verbieten kann. Seine Antwort: "Dies dürfte durchaus der Fall sein, schließlich besteht die Gefahr, dass es zu rechtsextremen Zwecken missbraucht wird." Bei Veranstaltungen mit Zutrittsbeschränkung hätten die Veranstalter das Hausrecht und könnten daher im Rahmen dieses Rechts entscheiden, dass das Lied nicht gespielt werden darf. (mit dpa)