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Gewaltskandal in JVA Gablingen: Zahl der beschuldigten Wärter steigt weiter an

Justizskandal

Skandalgefängnis Gablingen: Noch mehr Wärter sollen gewalttätig geworden sein

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    In der JVA Gablingen sollen Häftlinge von Bediensteten misshandelt worden sein.
    In der JVA Gablingen sollen Häftlinge von Bediensteten misshandelt worden sein. Foto: Timian Hopf

    Im Gewaltskandal um die JVA Gablingen steigt die Zahl der Beschuldigten weiter. Nach Recherchen unserer Redaktion wird insgesamt nun gegen mindestens 18 Beschäftigte des Gefängnisses ermittelt.

    15 Beamte stehen unter dem Verdacht, Gefangene geschlagen oder misshandelt zu haben. Ihnen wird Körperverletzung im Amt vorgeworfen, teils durch Unterlassen. Zu den Beschuldigten dieser Kategorie gehören die frühere Gefängnischefin Zoraida Maldonado de Landauer und die frühere stellvertretende JVA-Leiterin.

    Die zuständige Staatsanwaltschaft Augsburg möchte sich zur Zahl der momentan Beschuldigten nicht äußern. „Wir arbeiten mit Hochdruck in diesem Komplex. Aufgrund der laufenden Ermittlungen können wir derzeit keine weiteren Auskünfte zum Inhalt sowie Stand des Verfahrens geben“, sagte Pressesprecher Andreas Dobler auf Anfrage. Hintergrund dürfte sein, dass die Ermittlungen einer gewissen Dynamik unterliegen. Es laufen eine Vielzahl von Vernehmungen und Überprüfungen. Die Zahl der Beschuldigten kann sich dadurch auch wieder ändern.

    Ermittler werten 40.000 Handychats von Bediensteten der JVA Gablingen aus

    Im Fokus stehen insbesondere die frühere Vizechefin und Mitglieder der sogenannten Sicherungsgruppe (SIG), einer speziell ausgebildeten und ausgerüsteten Spezialtruppe, die für Ordnung in der JVA sorgen soll. Gegen drei weitere Mitarbeiter laufen Ermittlungen wegen versuchter Strafvereitelung, Sie sollen möglicherweise für den Fall relevante Dokumente geschreddert haben.

    Auch die langjährige frühere Gefängnischefin Zoraida Maldonado de Landauer gehört zu den Beschuldigten im Gablinger JVA-Skandal.
    Auch die langjährige frühere Gefängnischefin Zoraida Maldonado de Landauer gehört zu den Beschuldigten im Gablinger JVA-Skandal. Foto: Timian Hopf

    Seit unsere Redaktion Ende Oktober 2024 den Gefängnisskandal in Gablingen aufgedeckt hat, arbeiten die Ermittler mit Hochdruck an der Aufklärung. Bei der Augsburger Staatsanwaltschaft beschäftigen sich inzwischen sechs Leute mit dem Fall, bei der Kripo waren zeitweise bis zu 14 Beamte mit dem JVA-Skandal betraut. Einen Großteil der momentanen Arbeit nimmt die Auswertung von rund 40.000 Chats auf den beschlagnahmten Handys der Bediensteten ein.

    Mitarbeiter dürfen Handys eigentlich nicht mit ins Gefängnis mitnehmen

    Unter den beschuldigten Gefängnismitarbeitern gab es offensichtlich einen enormen Gesprächsbedarf. Zumal nach Recherchen unserer Redaktion bereits bei Stichproben in einem frühen Ermittlungsstadium erste Belege für gewalttätige Übergriffe auf Gefangene in den Handychats gefunden worden sind. Auch die Spur zu den neuen Verdächtigen hat sich nach unseren Recherchen aus der Chat-Auswertung ergeben.

    Pikant daran ist, dass es eigentlich auch JVA-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeitern verboten ist, Smartphones in die Anstalt mit hineinzunehmen – wie selbstredend den Häftlingen oder auch Anwälten, die Mandanten besuchen.

    Frühere Anstaltsärztin sprach von „Folter“ in Gablingen

    Die Vorwürfe gegen die suspendierten Beschäftigten sind gravierend. Gefangene sollen über einen langen Zeitraum hinweg misshandelt worden sein. Das betrifft vor allem die Unterbringung in den sogenannten besonders gesicherten Hafträumen (BgH) im Keller der JVA, wo Häftlinge teils über Tage oder sogar Wochen nackt, ohne Matratze und teils ohne genügend Essen eingesperrt gewesen sein sollen. Die ehemalige Anstaltsärztin Katharina Baur, weitere Anstaltsärzte und Häftlinge erhoben schwere Vorwürfe und sprechen teils von „Folter“.

    Die Staatsanwaltschaft arbeitet mit hoher Schlagzahl an dem Fall, der auch vonseiten der Generalstaatsanwaltschaft München genau beobachtet wird. Die Ermittler müssen viele Dokumente auswerten und umfangreiche Vernehmungen durchführen. Nicht nur die Beschuldigten werden befragt, sondern auch viele andere JVA-Bedienstete und eine große Zahl von Häftlingen, die möglicherweise von den mutmaßlichen Misshandlungen betroffen sind oder etwas darüber wissen.

    Nicht alle Zeugen werden voraussichtlich die pure Wahrheit sagen. Trotz des gewaltigen Umfangs des Verfahrens will die Augsburger Staatsanwaltschaft die Ermittlungen noch in diesem Jahr abschließen. Alles andere als eine Anklage zumindest in einigen der Fälle wäre eine Überraschung.

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