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Gewalt gegen Frauen: Es fehlen Wohnungen, Personal und Zeit: Frauenhäuser in der Region sind am Limit

Gewalt gegen Frauen

Es fehlen Wohnungen, Personal und Zeit: Frauenhäuser in der Region sind am Limit

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    Frauenhäuser in und um Schwaben sind oft an der Belastungsgrenze.
    Frauenhäuser in und um Schwaben sind oft an der Belastungsgrenze. Foto: Hitij, dpa (Symbolbild)

    Immer häufiger werden Frauen Opfer von Gewalt in der Partnerschaft. In den vergangenen fünf Jahren hat die Zahl der Fälle um drei Prozent zugenommen. Und Frauenhäuser können in vielen Fällen keinen Schutz bieten. Bundesweit fehlen über 14.000 Auffangplätze – obwohl sich Deutschland bereits 2018 in der verbindlichen Istanbul-Konvention verpflichtet hatte, jeder Frau in Not Schutz zu bieten. Auch in Schwaben und den angrenzenden oberbayerischen Landkreisen ist die Situation dramatisch. In der ganzen Region müssen regelmäßig Frauen abgewiesen werden. Dabei ist der Mangel an Plätzen aus Sicht vieler Heimleiterinnen nicht die eigentliche Ursache.

    Allein das Frauenhaus Augsburg musste 2022 über 150 Frauen abweisen

    "Das Problem ist der Wohnungsmarkt. Frauen müssen oft über ein Jahr bei uns bleiben, weil sie keine neue Wohnung finden", sagt Silvia Nuber, Leiterin des Frauenhaus Memmingen. Eigentlich sind die Schutzeinrichtungen als kurzfristige Auffangstationen für akut gefährdete Frauen und Kinder gedacht. Doch zunehmend werden daraus längere Übergangslösungen. Andere Frauen finden somit keinen Platz und bleiben in ihrer gewalttätigen Beziehung. Dass es sich dabei mitnichten um Einzelfälle handelt, zeigen Anfragen unserer Redaktion an alle Frauenhäusern der Region: Ein Aufnahmestopp gehört überall zur Tagesordnung. Allein im Jahr 2022 musste die Augsburger Schutzeinrichtung 154 Frauen abweisen und sich für sie um Plätze in anderen Frauenhäusern bemühen.

    Trotzdem wollen die oft ehrenamtlichen Betreuerinnen hilfesuchende Frauen nicht im Stich lassen. Doch dazu braucht es Personal und Zeit. "Im vergangenen Jahr haben die telefonischen Beratungen einen Höchststand erreicht", sagt Andrea Schlicht vom Ingolstädter Frauenhaus. So benötigen besonders die abgewiesenen Frauen und Kinder intensive Unterstützung, welche die Betreuerinnen kaum noch leisten könnten.

    Frauen brauchen Unterstützung bei der Wohnungssuche

    Denn auch Frauen, die einen Platz finden, benötigen Hilfe – etwa bei der Wohnungssuche. Aus traumatischen Situationen geflohen, fällt es vielen schwer, sich auf dem Wohnungsmarkt zu behaupten. Laut einer bundesweiten Studie von 2022 bekommen nur 34 Prozent der Frauen dabei Unterstützung. Personalmangel führt also zu weniger Wohnungsvermittlungen und trägt somit zusätzlich zur Überlastung der Frauenhäuser bei.

    Diesem Problem ist sich die bayerische Staatsregierung bewusst. Daher fördert der Freistaat seit Beginn des Jahres das Modellprojekt "Second Stage". Damit sollen Frauen geschulte Expertinnen an die Hand gegeben werden, um sie bei der Wohnungssuche zu unterstützen. Das Frauenhaus Ingolstadt sieht darin eine dringend notwendige Hilfe, wartet aber nach eigenen Angaben trotz Beantragung noch auf entsprechende Fördermittel.

    Bund hält sich nicht an verbindliche Zusagen zum Schutz von Frauen

    Einen weiteren Lösungsansatz sehen die Heimleiterinnen in bezahlbarem Wohnraum. Auch hier müsse der Staat mit Geld unterstützen, so ihre Forderung. In der Istanbul-Konvention hat sich Deutschland zu konkreter Hilfe verpflichtet, kommt den Zusagen aber bis heute nicht nach. Monika Schröttle, Sozialwissenschaftlerin und Expertin für Gewaltforschung an der Hochschule Ravensburg-Weingarten, fehlt dafür jegliches Verständnis: "Das ist unterlassene Hilfeleistung des Staates", sagt sie. "Frauenhäuser sind Lebensretter, bei Krankenhäusern akzeptieren wir ja auch keinen Aufnahmestopp." Zumindest verbal hat die Ampelregierung angekündigt, künftig mehr zu tun.

    Doch die Rufe aus den Frauenhäusern nach mehr Hilfe werden bereits jetzt lauter. Denn, so formuliert es Ursula Kneißl-Eder vom Frauenhaus Nordschwaben eindeutig: "Die Gewalt gegen Frauen nimmt nicht ab."

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