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Gesundheit: "Keiner braucht so eine Krankheit": Biggi Welter hilft anderen Brustkrebspatientinnen

Gesundheit

"Keiner braucht so eine Krankheit": Biggi Welter hilft anderen Brustkrebspatientinnen

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    Biggi Welter ist im Vorstand von Mamazone und initiierte eine bundesweite Strickaktion für Brustkrebspatientinnen.
    Biggi Welter ist im Vorstand von Mamazone und initiierte eine bundesweite Strickaktion für Brustkrebspatientinnen. Foto: Moritz Welter

    Oft war ihr furchtbar kalt. Dann brach ihr wieder der Schweiß aus. Und immer wieder kroch diese furchtbare Angst in ihr hoch, die Angst, sterben zu müssen. Die Angst, ihre drei Kinder allein lassen zu müssen, es nicht mehr zu erleben, sie aufwachsen zu sehen. Biggi Welter weiß, was es heißt, die Diagnose Krebs zu erhalten, sie weiß, welche Qualen eine Chemotherapie mit sich bringen kann. Im September werden es 16 Jahre, dass man bei ihr Brustkrebs festgestellt hat. Besiegt hat sie die Tumorerkrankung nicht. Und es wird ihr auch nicht mehr gelingen, erzählt sie. "Denn ich trage das Brustkrebsgen in mir." Doch gerade weil die 56-Jährige selbst erfahren hat, wie traumatisierend die Diagnose, wie extrem belastend die Therapie sein kann, und weil sie bis heute die Furcht quält, dass der Krebs zurückkommt, hilft sie anderen Frauen. Nicht nur als Leiterin von Selbsthilfegruppen und in der Einzelberatung, sondern ganz aktuell auch mit einer bundesweiten Strickaktion. 

    Mamazonen kämpfen gemeinsam gegen den Krebs

    Biggi Welter ist Vorstandsmitglied bei Mamazone. Mit rund 1600 Mitgliedern und einem wissenschaftlichen Beirat aus internationalen Brustkrebsexperten ist Mamazone nach eigenen Angaben die größte und aktivste Brustkrebspatientinnen-Initiative in Deutschland. Der Sitz ist in Augsburg. Der Name Mamazone ist ein Patchwork-Name: Er entstand in Anlehnung an das antike Frauenvolk der Amazonen, die mutig gegen ihren Feind gekämpft haben. Der Begriff "Mamma" als Fachausdruck für die Brustdrüse steckt in dem Wort und die weibliche Brust benötige eine "Zone" für mehr Aufmerksamkeit, sprich, Mamazone fordert, dass eine frauengerechte Medizin und fachliche Kompetenz Hand in Hand gehen müssen.

    Medizinisches Personal untersucht mit einer Mammografie die Brust einer Frau auf Brustkrebs.
    Medizinisches Personal untersucht mit einer Mammografie die Brust einer Frau auf Brustkrebs. Foto: Hannibal Hanschke, dpa (Symbolbild)

    Jährlich erkranken etwa 71.000 Frauen an Brustkrebs. Betroffene werden bei Mamazone unterstützt, erzählt Biggi Welter. Sei es, dass sie nochmal die Diagnose genau erklärt bekommen und was das jetzt konkret bedeutet. Aber auch, indem sie sich gegenseitig in Selbsthilfegruppen beistehen. Auch Biggi Welter hat Mamazone vor 15 Jahren geholfen: Obwohl sie damals selbst einen Knoten ertastet hat, habe ihr Arzt ihr damals mehrmals erklärt, da sei nichts. Erst als sie selbst nach München in ein Brustdiagnostikzentrum gefahren ist, bekam sie traurige Gewissheit. Gleich darauf hat sie bei Mamazone angerufen und sofort habe man ihr einen Termin gegeben und ihr beigestanden.

    Eine bewunderswerte Kämpferin

    Gerade auch aufgrund dieser Erfahrung, betont Biggi Welter, wo immer es ihr möglich ist, wie wichtig nicht nur die Vorsorgeuntersuchungen beim Frauenarzt sind. "Jede Frau sollte selbst etwa ab dem 20. Lebensjahr, am besten immer fünf Tage nach ihrer Periode, ihre Brüste sorgfältig abtasten", erklärt sie. "Durch die regelmäßige Kontrolle steigt die Chance, dass Frauen Veränderungen selbst ertasten und bei einem bösartigen Tumor ihn frühzeitig behandeln lassen können. Mir sind dadurch 15 Lebensjahre geschenkt worden." 

    Wer mit Biggi Welter spricht, könnte meinen, dass diese Frau einfach eine bewundernswerte Kämpferin ist, eine, die sich eben nie unterkriegen lässt. Und in der Tat will sie mit ihrem ehrenamtlichen Engagement vor allem Frauen Mut machen, zu kämpfen, sich Hilfe zu holen, sich mit anderen Mamazonen zusammenzutun und auf sich selbst aufzupassen. Für ihren unermüdlichen Einsatz bekam sie auch die Auszeichnung "Weißer Engel" von Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek. Doch Biggi Welter erzählt auch ganz ehrlich, in welch tiefe Löcher sie selbst immer wieder rutscht. Wie oft sie weint. Dass nur Betroffene nachfühlen können, wie es ist, im eigenen Garten zu stehen, den Lavendelduft zu genießen und gleichzeitig zu wissen, dass es das letzte Mal sein könnte. Und wie sehr sie vor allem fürchtet, dass eines ihrer Kinder das Gen auch geerbt haben könnte. Biggi Welter ist keine, die erklärt, dass der Krebs die Chance für ein intensiveres Leben bietet. "Keiner braucht so eine Krankheit", sagt sie. Doch gerade weil sie weiß, wie fies diese Erkrankung, wie groß die körperliche, psychische und oft auch finanzielle Not der Betroffenen ist, versucht sie, wo immer sie kann, zu helfen. Aktuell mit einem ganz besonderen Tuch.

    Der Enkel strickt ein Tuch für seine krebskranke Oma

    "Verschenke eine Umarmung!" lautet der Aufruf an alle, die gerne stricken. Jedes Umarmungstuch besteht aus 25 rosafarbenen Dreiecken. Entworfen wurde es von Strickdesignerin Melanie Berg, die selbst mit 41 Jahren an Brustkrebs erkrankt ist, erzählt Biggi Welter. Unterstützt wird die Aktion von der Wollfirma Lana Grossa. Jeder kann so viele Dreiecke stricken wie er kann und will. Bei Biggi Welter werden sie dann zusammengenäht und an Brustkrebszentren bundesweit verschickt, um Patientinnen wissen zu lassen, dass andere an sie denken: "In diese Tücher können alle guten Wünsche, Gedanken und Gebete gestrickt werden", erklärt Biggi Welter. Die Nachfrage sei schon jetzt enorm. Auch in den sozialen Medien komme das Projekt sehr gut an. Ein junger Mann strickte beispielsweise seiner Oma ein ganzes Tuch allein. Und oft kommen zu den Dreiecken auch Karten und Briefe - adressiert an die unbekannte Brustkrebspatientin, die auf diesem Weg wissen soll, dass sie nicht allein ist, dass an sie gedacht wird und ihr viel Kraft und Zuversicht gewünscht wird. Biggi Welter freut sich über die große Solidarität, die enorme Hilfsbereitschaft. Es sei ein Tuch, wie es sie sich selbst gerade auch bei ihrer Chemotherapie gewünscht hätte, ein Tuch voller Liebe, das bei jedem Schüttelfrost, bei jeder Panikattacke griffbereit ein wenig Wärme schenkt.

    Information und Hilfe: Die Strickanleitung für die Dreiecke für das Umarmungstuch, aber auch alle weiteren Informationen rund um die Unterstützung für Brustkrebspatientinnen finden sich im Internet unter www.mamazone.de; Telefon 0821/2684191-0; E-Mail: mamazone-mobil@mamazone.de

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