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Gesellschaft: Zugbegleiterin attackiert und niemand hilft: Wie geht Zivilcourage?

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Zugbegleiterin attackiert und niemand hilft: Wie geht Zivilcourage?

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    Wenn andere Menschen angegriffen werden, ist man verpflichtet, zu helfen – aber ohne sich selbst in Gefahr zu bringen.
    Wenn andere Menschen angegriffen werden, ist man verpflichtet, zu helfen – aber ohne sich selbst in Gefahr zu bringen. Foto: Fabian Sommer, dpa

    Wahrscheinlich schlummert in den meisten Menschen eine stille Gewissheit, dass im Notfall schon jemand helfen würde. Dass es diese Sicherheit aber nicht gibt, zeigt ein aktueller Fall aus Weißenburg in Mittelfranken. Eine 30 Jahre alte Zugbegleiterin wurde in einem Regionalexpress von einem Mann massiv attackiert – ihre Hilferufe wurden aber nicht erhört, keiner der anderen Reisenden griff ein. 

    Die Frau hatte den Mann aufgefordert, sein Fahrrad, das sich vor dem Notausstieg des Zuges befand und die Türen blockierte, zu entfernen. Darauf rastete der Fahrgast aus – obwohl er seine kleine Tochter dabeihatte. Er schlug der Zugbegleiterin mit den Fäusten auf den Oberkörper und zog derart rabiat an ihren Handy-Umhängebändern, dass die Frau verletzt wurde. 

    Jeder ist verpflichtet, Hilfe zu leisten

    Dass in dieser Situation niemand eingegriffen hat, sei kein Kavaliersdelikt, erklärt die Bundespolizeiinspektion Nürnberg. "Solche und ähnliche Vorfälle sind für die meisten Menschen Ausnahme- und Stresssituationen. Dennoch ist jeder Mensch in Gefahren- oder Notfällen verpflichtet, Hilfe zu leisten." Diese zu unterlassen, können strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. 

    Wer nicht weiß, wie er sich am besten verhalten soll, wenn er sieht, dass ein anderer Mensch in Gefahr ist, dem rät die Polizei, diese sechs Verhaltensregeln zu befolgen. 

    1. Hilf, aber bring dich nicht in Gefahr. 

    2. Ruf die Polizei unter 110.

    3. Bitte andere um Mithilfe.

    4. Präg dir die Tätermerkmale ein. 

    5. Kümmere dich um das Opfer.

    6. Sag als Zeuge aus. 

    Besonders wichtig seien die ersten beiden Punkte, heißt es vonseiten der Polizei. "Die Hinweise sollen zeigen, wie man sich am besten verhält, wenn man im Alltag Zeuge von z.B. Gewalttaten, Vandalismus, Belästigung oder Diskriminierung wird. Dabei muss und sollte man sich nie selbst in Gefahr bringen, jedoch mindestens die Polizei verständigen."

    Fünf junge Männer mit Zivilcourage-Preis ausgezeichnet

    Fälle wie der aus Weißenburg, der am Wochenende bekannt wurde, gibt es immer wieder. Einer der schockierendsten liegt schon ein paar Jahre zurück. Ein Rentner war vor einem Geldautomaten im Vorraum einer Bankfiliale in Essen zusammengebrochen – mehrere Kunden ignorierten den Mann und stiegen einfach über ihn hinweg. Später starb er. 

    Dass es auch anders geht, zeigt dieser Fall: Mitte April stach ein 34-jähriger Mann in einem Supermarkt in Wangen im Allgäu mit einem Messer auf ein vierjähriges Mädchen ein. Ein 53-jähriger Mann, der auch gerade im Laden war, reagierte sofort. Er nahm dem Mann das Messer ab und verfolgte ihn, als er flüchtete. Damit sorgte er dafür, dass die Polizei den Täter festnehmen konnte. 

    Auch im niedersächsischen Sulingen haben fünf junge Männer Zivilcourage bewiesen und damit im vergangenen Herbst womöglich das Leben einer Frau gerettet. Die 30-Jährige wurde auf einem McDonald's-Parkplatz von einem Mann mir einem Messer angegriffen und schwer verletzt. Die Freunde schritten sofort ein – und konnten wohl Schlimmeres verhindern. Am Sonntag wurden sie mit dem Zivilcourage-Preis des Landkreises Diepholz ausgezeichnet. 

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