Mit einem letzten Gong der Schulglocke endet nach der Zeugnisvergabe an diesem Freitag für 1,67 Millionen Schülerinnen und Schüler in Bayern das Schuljahr. Sechs Wochen Ferien ohne Unterricht und Hausaufgaben, dafür mit Baden, Entspannen und Reisen stehen vor der Tür - eine Zeit, die viele Eltern vor organisatorische Probleme stellt. Wie sollen sie zumal jüngere Kinder neben der eigenen Erwerbstätigkeit über eine derart lange Zeit betreuen? Eine Möglichkeit sind Ferienprogramme. Doch wo es solche Angebote gibt, sind die Wartelisten vielerorts lang.
Dabei stellen viele Vereine und sonstige Träger von Jugendarbeit heuer besonders viel auf die Beine, um die coronabedingten Folgen für die Kinder und Jugendlichen abzumildern. "Wir merken einen Rekord an Nachfrage, was eine Bezuschussung an Ferienangeboten anbelangt. Die Oster- und Herbstferienförderung ist komplett abgeschöpft gewesen, die Sommerferien sind noch im Schwange", sagte Philipp Seitz vom Bayerischen Jugendring (BJR) der Deutschen Presse-Agentur.
Der BJR koordiniert im Auftrag des bayerischen Kultusministeriums das "Sonderprogramm Ferienangebote", das durch soziale Begegnungen, Gemeinschaftserlebnisse und freizeitpädagogische Angebote die psychosozialen Belastungen aus den Einschränkungen während der Corona-Pandemie abbauen soll. Mehr als 45.000 Kinder und Jugendliche haben in den vergangenen dreieinhalb Jahren am Sonderprogramm teilgenommen - das sind knapp drei Prozent der Schülerschaft.
Heuer bieten über 2200 Gruppen (2022: 1600 Gruppen) rund 26.400 zusätzliche Ferienplätze an - mehr als die Hälfte davon in den Sommerferien. Hinzu kommen traditionell Ferienangebote der Landkreise und Kommunen im Rahmen von deren Kinder- und Jugendarbeit, wobei es dabei durchaus weiße Flecken auf der Landkarte gibt. Eine Übersicht findet sich im Internet unter https://ferienportal.bayern.
Das Kultusministerium wertet das Sonderprogramm als vollen Erfolg. Eine viel zu geringe Reichweite bescheinigt ihm dagegen der bildungspolitische Sprecher der FPD-Fraktion, Matthias Fischbach - und kritisiert, dass Bayern zur Verfügung gestellte Bundesmittel zum Aufholen der Coronafolgen nicht ansatzweise in der vorgesehenen Höhe mit Landesmitteln ergänzt habe. "Wir müssen deshalb deutlich mehr gegen die immer noch vorhandenen Lernlücken und psychischen Probleme unternehmen - nicht nur in den Ferien", betonte Fischbach.
Nach breit geteilter Einschätzung haben viele Kinder und Jugendliche weiterhin einen großen Nachholbedarf bei der Entwicklung sozialer Kompetenzen, andere sind psychisch belastet. Umso mehr Sorgen bereitet Seitz die nun auslaufende Förderung durch das Kultusministerium. "Aus unserer Sicht ist eine weitergehende Finanzierung des Sonderprogramms unbedingt erforderlich." Nachdem das Programm bislang aus Mitteln zur Bewältigung der Pandemie gezahlt wurde, sei nun eine verstetigte Förderung nötig. "Aus Sicht des BJR braucht es noch mehr finanzielle Mittel, um weitere Angebote für Kinder und Jugendliche in allen Regionen Bayerns zu schaffen."
Dies gelte auch vor dem Hintergrund, dass für Grundschüler ab dem Schuljahr 2026/27 schrittweise ein Rechtsanspruch auf Ganztagesbetreuung mit einer Abdeckung auch der meisten Ferienzeiten besteht - und die jetzigen Anbieter von Ferienangeboten dafür dringend benötigt werden. Zumal es angesichts sowohl des Fachkräftemangels im professionellen Bereich als auch des Mangels an Ehrenamtlichen ohnehin eine "riesige Kraftanstrengung" werde, den Rechtsanspruch zu erfüllen, erläuterte die bildungspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Simone Strohmayr. Deshalb müsse man nicht nur über Werbeaktionen, sondern auch über kostenlose Ausbildungs- und Nachqualifizierungsmaßnahmen nachdenken - und die Ehrenamtlichen dafür gegebenenfalls sogar bezahlen.
(dpa)