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Gastbeitrag: Theo Waigel über Henry Kissinger: Und dann sagte er "That gives hope"

Gastbeitrag

Theo Waigel über Henry Kissinger: Und dann sagte er "That gives hope"

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    Theo Waigel mit Henry Kissinger: Der wurde 1996 von der Hanns-Seidel-Stiftung mit dem Franz-Josef-Strauß-Preis geehrt.
    Theo Waigel mit Henry Kissinger: Der wurde 1996 von der Hanns-Seidel-Stiftung mit dem Franz-Josef-Strauß-Preis geehrt. Foto: Frank Mächler, dpa

    Zuletzt habe ich mit meiner Frau Irene Henry Kissinger im vergangenen Juni in Fürth getroffen, wo er uns mit einigen anderen anlässlich seines 100. Geburtstags eingeladen hatte. Es gab ein kleines Mittagessen, dann einen großen Festakt, und wie viele beeindruckte mich sehr, dass er, der vor den Nazis hatte fliehen müssen, keinerlei Groll gegen seine alte Heimat hegte. Am Ende signierte Kissinger eines seiner Bücher für mich. "To Theo Waigel, with warmest regards".

    Theo Waigel traf Henry Kissinger zuletzt im vergangenen Juni in Fürth - bei einem Festakt zu Ehren des 100-Jährigen.
    Theo Waigel traf Henry Kissinger zuletzt im vergangenen Juni in Fürth - bei einem Festakt zu Ehren des 100-Jährigen. Foto: Daniel Biskup

    Wir kannten uns da schon seit Jahrzehnten. Das erste Mal hatte ich Henry Kissinger getroffen, als ich Chef der CSU-Landesgruppe im Bundestag war. Damals gehörte die Pflege enger Beziehungen zu den USA noch zum Alltag deutscher Politiker. Ich hatte Kissinger zu unserer Klausurtagung nach Kreuth im Januar 1988 eingeladen, aber da gab es ein paar Hürden zu überwinden. Der Hintergrund war der legendäre Flug von Franz Josef Strauß nach Moskau, kurz nach Weihnachten 1987. Danach sagte Strauß der Presse, er komme "mit den besten Gefühlen" aus dem Kreml. Da ich dabei war, hatte ich nach unserer Rückkehr ziemlich schnell Kissinger am Telefon. Er wollte nicht glauben, was Strauß da gesagt hatte. Er fürchtete, Strauß sei auf den Kreml hereingefallen. Kissinger wollte seinen Besuch in Kreuth schon absagen, erst nach mehreren Telefonaten ließ er sich erweichen und kam. Strauß trug in Kreuth vor zu seiner Moskau-Reise. Danach sprach Kissinger, auf Englisch: "Ich bin zu 99 Prozent mit dem einverstanden, was mein alter Kamerad Franz Josef Strauß gesagt hat." My old comrade, so sagte er das. Strauß war zufrieden und steckte mir bei der Pressekonferenz einen Zettel zu: "Hast Du bei Kissinger für mich geworben?"

    Wir hielten Kontakt, vor etwa fünf Jahren besuchte ich ihn mit meiner Frau Irene in New York

    Ich sah Kissinger dann wieder bei der Beerdigung von Strauß im Oktober 1988, wir standen im Münchner Dom nebeneinander. Kissinger war vom amerikanischen Präsidenten geschickt worden. Wir hielten Kontakt, vor etwa fünf Jahren besuchte ich ihn mit meiner Frau Irene in New York. Da erzählte Kissinger, wie er in den frühen 1970er Jahren für die USA die Beziehungen zu China aufgebaut hatte, wie er den historischen Besuch Nixons bei Mao vorbereitete, völlig unbeobachtet von der Weltöffentlichkeit. Man muss sich das als richtige Geheimdiplomatie vorstellen, alles schriftlich, alles per Kurier, zigfach hin und her zwischen Washington und Peking, kein Telefon, kein technisches Gerät. 

    Zum Abschied sagte Kissinger uns, er sei jetzt 95, seine Eltern seien 98 Jahre alt geworden. Er habe also, so Kissinger, noch drei Jahre Zeit. Irene erwiderte ihm, dass die Kinder heutzutage immer älter würden als ihre Eltern. Da schaute uns Kissinger mit fröhlicher Miene an und sagte "That gives hope". Das gibt Hoffnung.

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