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Garmisch-Partenkirchen: Söder nennt Zugunglück "Stich ins Herz" – Fünfter Toter geborgen

Garmisch-Partenkirchen

Söder nennt Zugunglück "Stich ins Herz" – Fünfter Toter geborgen

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    Nach dem Zugunglück bei Garmisch-Partenkirchen laufen die Bergungsarbeiten.
    Nach dem Zugunglück bei Garmisch-Partenkirchen laufen die Bergungsarbeiten. Foto: Angelika Warmuth, dpa

    Waggons liegen umgestürzt neben dem Gleis, Fenster sind herausgebrochen, Trümmer liegen verstreut. Die ganze Nacht haben die Helfer bei Flutlicht gearbeitet, bei sommerlicher Hitze geht es am Samstag weiter. Gut 24 Stunden nach dem Zugunglück in der oberbayerischen Urlaubsregion Garmisch-Partenkirchen gelingt es mit zwei Kränen endlich, den ersten entgleisten Waggon zu heben.

    Zahlreiche Einsatz- und Rettungskräfte sind an der Unglücksstelle im Einsatz.
    Zahlreiche Einsatz- und Rettungskräfte sind an der Unglücksstelle im Einsatz. Foto: Angelika Warmuth, dpa (Archivbild)

    Die Befürchtung ist nun traurige Gewissheit: Ein weiteres Todesopfer wird geborgen - damit sind fünf Menschen ums Leben gekommen. Nach Angaben der Polizei ist die Identifizierung der fünf Todesopfer damit nun weitgehend abgeschlossen. Demnach handelt es sich um drei Frauen im Alter von 32, 39 und 70 Jahren sowie nach bisherigen Erkenntnissen um eine 51-Jährige. Das fünfte, am Samstag geborgene Opfer sei ein Junge im Teenageralter, teilte die Polizei am Sonntag weiter mit. Von den mehr als 40 Verletzten befinde sich eine Person noch in kritischem Zustand. Es ist eines der schwersten Bahnunglücke der vergangenen Jahre.

    Zugunglück: Bergungsarbeiten unterbrochen

    Die Räumungsarbeiten sind aufwendig. Mithilfe von Kränen werden die entgleisten Waggons auf die Straße gehievt, von wo aus sie abtransportiert werden.

    "Es ist ein unfassbares Ereignis", sagt Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU), der sich am Samstag sichtlich erschüttert selbst ein Bild von der Lage macht. Der Zug war auch mit Schulkindern besetzt - am letzten Unterrichtstag vor den Pfingsttagen. "Es ist kurz vor den Ferien, im Zug ausgelassene Stimmung, in einer der schönsten Regionen, die Bayern ja hat - und dann passiert sowas und verändert möglicherweise ein Leben komplett", schildert Söder. Er spricht von einem Schock und einem "Stich ins Herz".

    Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP), mit Bahnchef Richard Lutz ebenfalls am Samstag am Unglücksort, spricht von dramatischen Ausmaßen und sicherte eine umfangreiche Aufklärung zu. "Die Sache wird jetzt weiter aufgeklärt und umfangreich aufgearbeitet." Während des Besuchs wird aus den Trümmern das fünfte Todesopfer geborgen. Lutz äußert sich erschüttert, "weil hier Menschen gestorben sind, junge Menschen, die noch ein ganzes Leben vor sich hatten, Familien zerrissen wurden und auch viele Menschen verletzt, teils schwer verletzt wurden."

    Ursache für Zugunglück bei Garmisch-Partenkirchen ist weiterhin unklar

    Bei den Ermittlungen zur Ursache des tödlichen Zugunglücks von Garmisch-Partenkirchen rücken die Schienen und Fahrgestelle ins Zentrum der Ermittlungen. Der bayerische Innenminister Joachim Herrmann sagte am Montag dem Bayerischen Rundfunk, die Unfallursache werde "mit dem Schwerpunkt in Richtung technische Defekte gesucht". Fahrgestelle von Waggons seien bereits sichergestellt worden, "und es wird im Moment auch überlegt, inwieweit einzelne Schienen oder Schwellen sichergestellt werden müssen. Auf jeden Fall werden die im Moment peinlichst genau untersucht und vermessen", sagte der Minister. 

    Nach einem Bericht der Zeitung Die Welt plante die Deutsche Bahn auf der Unglücksstrecke in Kürze Sanierungsarbeiten an den Gleisen. Demnach sollten vom 25. Juni bis 9. Juli zwischen Oberau und Garmisch-Partenkirchen eine nächtliche Gleislageberichtigung und Schienenerneuerungen stattfinden. Die Deutsche Bahn habe auf Fragen der Welt dazu mitgeteilt, aufgrund der laufenden Ermittlungen könne sie sich hierzu derzeit nicht äußern. 

    Mit Kettensägen hatten die Helfer am Vorabend zahlreiche Bäume zwischen Gleis und der daneben laufenden Bundesstraße gefällt, um besser arbeiten zu können. Leitplanken wurden weggeschnitten. Am Samstag ist geklärt, dass alle Opfer geborgen sind. Damit kann der Abtransport der havarierten Wägen beginnen. Der erste 50 Tonnen schwere Waggon liegt auf Baumstämmen an der Bundesstraße.

    Die Zugteile seien verkeilt wie zusammengequetschte Cola-Dosen, sagt THW-Einsatzleiter Bernhard Schrallhammer. Er ist am Samstag wie viele seiner Kollegen bereits 20 Stunden auf den Beinen. Bis zu 650 Helfer, darunter viele Ehrenamtliche, waren laut Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) im Einsatz, die schon Freitagabend nach Oberbayern kam.

    Räumung der verunglückten Zugteile gestaltet sich als schwierig

    Neben den Kränen wird weitere schweres Bergegerät erwartet. Ein 250 Tonnen schwerer Spezialkran soll unter anderem dabei behilflich sein, die Lok wieder auf das Gleis zu heben. Außerdem sei geplant, den umgestürzten Waggon, der am Samstag auf die Bundesstraße 2 gehoben wurde, abzutransportieren, sagte ein Polizeisprecher am Sonntagmorgen. Dafür müsse der Waggon möglicherweise in zwei Teile geteilt werden. Am Sonntagabend waren die Arbeiten unterbrochen worden, wie ein Sprecher der Polizei sagte. Am Montag sollte es weitergehen. Die Arbeiten dürften einige Zeit dauern. Auch bei der Bahn hieß es, es sei noch nicht abzuschätzen, wann die Strecke geräumt sei.

    Bei dem Zugunglück sind drei Waggons umgekippt.
    Bei dem Zugunglück sind drei Waggons umgekippt. Foto: Josef Hornsteiner, Garmisch-Partenkirchner Tagblatt, dpa

    Die Arbeiten wirken sich weiterhin auf den Straßenverkehr aus. Von der Autobahn 95 in Richtung Garmisch-Partenkirchen wird der Verkehr in Sindelsdorf (Landkreis Weilheim-Schongau) abgeleitet. Verkehr aus der Region Augsburg wird von der Bundesstraße 17 nach Füssen in Richtung Fernpass abgeleitet. Verkehr aus Mittenwald/Innsbruck wird bei Krün in Richtung Bundesstraße 11 geleitet. Die Zufahrt zu den Passionsspielen im nahe gelegenen Oberammergau sei weiterhin möglich, hieß es.

    Mittlerweile hat die Polizei alle Vermisstenfälle klären können. Man wisse von allen Menschen, die seit Freitagnachmittag als vermisst gemeldet worden waren, wo sie sind, teilte ein Sprecher des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd am Sonntag mit. Am Samstagmittag galten noch sieben Menschen als vermisst.(dpa, tzo)

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