Er soll einen Ostallgäuer AfD-Funktionär in einem Facebook-Kommentar als „Pisser“ bezeichnet haben: Deshalb ist der Füssener Bauunternehmer und Stadtrat Thomas Scheibel (Freie Wähler) vom Amtsgericht Kaufbeuren wegen Beleidigung zu einer Geldstrafe von 6000 Euro verurteilt worden.
Scheibel streitet ab, den AfD-Politiker persönlich beleidigt zu haben: Sein Beitrag habe sich gegen die AfD als Partei gerichtet. Für ihn ist die Sache damit nicht beendet: Er kündigte gegenüber unserer Redaktion an, dagegen vor dem Landgericht Kempten in Berufung zu gehen.
AfD als „Faschisten, Rassisten, Corona-Leugnern und Putin-Verstehern“ bezeichnet
Auslöser des Streits: Ein Lehrer aus dem Ostallgäu hatte seine Schüler über eine Demo gegen Rechtsextremismus in Füssen informiert. Daraufhin warf ihm ein AfD-Funktionär vor, er verstoße gegen das Neutralitätsgebot von Lehrern.
Als darüber in einem Wochenblatt berichtet wurde, reagierte Scheibel auf einer Facebook-Seite: „Wenn es nicht so ernst wäre, wäre es schon fast witzig, wenn dir ein Haufen aus Faschisten, Rassisten, Corona-Leugnern und Putin-Verstehern die Welt erklären will. Vollen Respekt und Dank an den Hogauer Lehrer, weiter so. FCK AfD, von euch Pissern lassen wir uns nicht mundtot machen. Ich hoffe, das war neutral ausgedrückt.“
AfD-Funktionär zeigt den Füssener an
Der AfD-Funktionär zeigte Scheibel an. Und die Staatsanwaltschaft begann, wegen Beleidigung, übler Nachrede und Verleumdung gegen Personen des politischen Lebens zu ermitteln. Dabei kam es auch zu einer Hausdurchsuchung, die sich im Nachhinein als rechtswidrig erwies. Damit wurde der Staatsanwaltschaft, die die Durchsuchung beantragt hatte, und dem Amtsgericht Kempten, das die Genehmigung erteilte, ein Dämpfer versetzt.
Beleidigung auf Facebook: Erst Strafbefehl, dann Schulterbruch
Doch dann flatterte Scheibel ein Strafbefehl ins Haus: Er sollte wegen der Beleidigung 6000 Euro Geldstrafe zahlen. Um sich abzulenken, sei er danach zum Snowboarden gegangen. „Ich war so durcheinander und aufgewühlt, dass ich bereits bei der ersten Abfahrt gestürzt bin und mir die Schulter gebrochen habe“, sagte Scheibel vor Gericht. Dennoch sei er erschienen, um die Angelegenheit klarzustellen.
Anonyme Drohbriefe
Er habe den Beitrag zwar geschrieben, doch habe sich dieser nicht gegen eine einzelne Person gerichtet. Sondern gegen die AfD, die sogar vom Verfassungsschutz beobachtet werde, als Ganzes. Er verwies in diesem Zusammenhang auch auf anonyme Drohbriefe, die AfD-Kritiker im Ostallgäu erhalten haben.
Als im Gerichtssaal alle zusammenzucken
Scheibels Verteidiger plädierte dafür, das Verfahren einzustellen. Dazu kam es aber nicht: Er habe die klare Anweisung bekommen, „das heute nicht einzustellen“, sagte der Staatsanwalt. „Da sind alle im Saal zusammengezuckt, das war der Schlüsselsatz“, sagt Scheibel dazu. Seine Ausführungen seien nicht gewürdigt worden, wohl auch deshalb, weil sich die Staatsanwaltschaft „bis auf die Knochen blamiert hat mit der Hausdurchsuchung“, mutmaßt er. Er werde jedenfalls in Berufung gehen.
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