Unweit von Schloss Possenhofen und dem Ufer des Starnberger Sees liegt die alte Villa. Die Fassade schmücken Fachwerk und hölzerne Fensterläden. Den Blick von der Straße auf die große Gartenanlage mit Remise und Pool versperren Bäume. Geht man ins Haus hinein, erblickt man neben Kaminen und Holzvertäfelungen eine Kücheninsel. Ein Mix aus einstigem und modernem Luxus: Erbaut hat die Villa in Possenhofen Dr. Heinrich von Fischer, Leibarzt in Sisis Familie, im Jahr 1860. Heute befindet sich das denkmalgeschützte Anwesen im oberbayerischen Landkreis Starnberg in Privatbesitz und steht zum Verkauf.
Wer in denselben Räumen leben möchte wie der Obermedizinalrat, und damit auch gegenüber der Stelle des Sees, an der König Ludwig II. gestorben sein soll – der muss 6,5 bis 8,5 Millionen Euro auf den Tisch legen. Diese Woche wurde das Angebot für das Anwesen mit Haupt- und Gartenhaus, Remise und Garten veröffentlicht. Laut Exposé wurden die Gebäude zwischen 2010 und 2015 kernsaniert. Auf den mehr als 2.000 Quadratmetern des Grundstücks ist – drei Gehminuten vom Starnberger See – reichlich Platz. Unter anderem für den elf mal vier Meter großen Pool mit separatem Whirlpool und für die drei Garagen, in denen bis zu acht Autos abgestellt werden können.
Bauherr der „Fischer“-Villa am Starnberger See war Kaiserin Sisis Vertrauter und Leibarzt
Sisi selbst ist wohl kaum durch die Räume der Villa gelaufen, auch wenn Fischer eine wichtige Bezugsperson für die spätere Kaiserin von Österreich und ihre Familie war. Herzog Max Joseph in Bayern, Sisis Vater, habe Fischer das Grundstück vermacht, erzählt Rosemarie Mann-Stein. Sie ist die Leiterin des Kaiserin Elisabeth Museums im historischen Bahnhof Possenhofen und beschäftigt sich intensiv mit Sisis Leben. Hofrat Fischer spielt darin eine wichtige Rolle.
Der geborene Landsberger hat stets in der Nähe der Herzogsfamilie gewohnt. Als einer der wenigen Ärzte vertraute die Familie ihm: Er begleitete Sisis Mutter bei ihren Reisen und half bei Geburten mit. Sogar bei der Märchenhochzeit von Sisi und Kaiser Franz Joseph I. 1854 war Fischer dabei. Auch danach konsultierte Sisi ihn immer wieder. „Sie traute den Wiener Hofärzten und Intrigen nicht“, meint Mann-Stein. Als Sisi lange an Infekten und Depressionen litt, fuhr sie gemeinsam mit Fischer zu Kuren nach Bad Kissingen in Unterfranken.

Für die erfolgreiche Behandlung wurde er vielfach geehrt, sogar von Kaiser Franz Joseph persönlich, mit dem er ab und an zum Jagen ging. 1874 erlag Fischer schließlich einem Herzleiden und starb in dem Haus, das jetzt verkauft werden soll. Sein Tod sei so ein schwerer Schlag gewesen, dass Kronprinz Rudolf seiner Mutter Sisi sogar schriftlich kondolierte, heißt es.
Moderner Luxus und alter Charme: So sieht es in der „Fischer“-Villa in Possenhofen aus
Das Anwesen erbte Fischers Sohn, später blieb es in privater Hand. Vor 14 Jahren kaufte Architekt Gregor Wöltje das Häuserensemble, sanierte es und fügte ihm den Pool hinzu. Auf insgesamt 785 Quadratmetern wohnt Wöltje mit seiner Patchworkfamilie, alleine im Haupthaus gibt es 18 Zimmer. Doch die Kinder ziehen nun aus, ihm und seiner Frau wird das Haus zu groß.

Jeden Raum schmücken originale Holzvertäfelungen oder Stuck. Auch der Fischgrät-Holzboden in der Küche stammt aus dem 19. Jahrhundert, filigrane Glasfenster mit bunten Illustrationen erinnern an die Historie des Hauses. Anders als einst kann man heute mitten in der Küche an einer Kücheninsel essen, auch die frei stehende Badewanne gab es im 19. Jahrhundert nicht. Ganz zu schweigen von den Fitnessgeräten im eigenen Kraftraum. In der Remise, einem alten Kutscherstall, vermieten Wöltje und seine Frau drei modern eingerichtete Wohnungen an Feriengäste. In ihnen sollen auch schon Prominente übernachtet haben.
Makler meint: Die „Fischer“-Villa ist ein Schnäppchen unter den Luxusimmobilien
Vergleiche man den Kaufpreis von 6,5 bis 8,5 Millionen Euro mit anderen historischen Immobilien, handele es sich um ein preiswertes Angebot, meint Makler Oliver Herbst von Immovision. Er kümmert sich um den Verkauf der „Fischer-Villa“. Das Seeshaupter Anwesen des Begründers der modernen Abwassersysteme von München, Max von Pettenkofer – ein Zeitgenosse von Sisi und Fischer –, hat er vergangenes Jahr für mehr als neun Millionen Euro verkauft. Das Grundstück der Fischer-Villa sei zwar deutlich größer, sagt er. Aber aus der Villa von Sisis Arzt sehe man den See nicht direkt, weshalb die Immobilie wahrscheinlich nur im einstelligen Millionenbereich verkauft werden könne. Andere Luxusimmobilien rund um den Starnberger See sind teilweise für deutlich mehr als 14 Millionen Euro zu haben. Die stehen dann in erster Reihe direkt am See mit Bootshaus und eigenem Steg.
Makler Herbst glaubt, dass die Fischer-Villa in Possenhofen im Sommer einem neuen Besitzer gehören wird, erste Angebote liefen bereits ein. Wer wohl einzieht? Laut Herbst sicher jemand, der viel Platz für eine Familie braucht oder Wohnen und Arbeiten verbinden möchte. Er kann sich auch vorstellen, dass die Remise in eine Arztpraxis umfunktioniert werden könnte. Ganz im Sinne des früheren Eigentümers.
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