Wer mit dem Fahrrad durch Bayern fahren will, macht das nun am besten mit dem „Radroutenplaner Bayern“ – so stellt es sich zumindest das Bayerische Verkehrsministerium vor. Die App, mit der man Fahrradrouten im Freistaat planen kann, gibt es seit August zum Download und erfasst fast alle Wege, auf denen man mit dem Rad unterwegs sein kann. Neu ist die Idee freilich nicht: Mit „Komoot“, „Strava“ und vielen weiteren Anbietern gibt es schon einige Apps, die auf Handys von Radfahrern zu finden sind. Was macht die Bayern-App also anders, wer sollte sie sich herunterladen – und wer kann darauf verzichten? Wir haben sie getestet.
Die Flasche gefüllt, die Kette geölt, die Reifen aufgepumpt: Unser Test startet mit dem Rennrad an der Augsburger Hochschule. Wer mit einem Straßenrad unterwegs ist, hat vergleichsweise wenig Auswahl bei der Wahl seiner Strecken: Für unbefestigte Wege ist das Rad ungeeignet, auf stark befahrenen Straßen ohne Fahrradweg fühlt man sich hingegen unsicher zwischen Autos und Lastwägen. Wir probieren es aus und erstellen verschiedene Routen.
Fahrrad fahren in Bayern: So funktioniert der „Radroutenplaner Bayern“
Mehrere Optionen lassen sich voreinstellen, Nutzer können direkte Routen, Wege im Radnetz, Themenrouten oder reine Asphaltstrecken einstellen. Wir nehmen die letzte Option und wollen zudem Gefahrenstellen, Baustellen und Treppen vermeiden; Steigungen sind bei einer sportlichen Tour wie dieser durchaus erwünscht. Unsere erste Testroute nach Nördlingen macht einen guten Eindruck, sie führt über Fahrradwege und ruhige Ortschaften ins Ries. Wer sich von der App jedoch nach Dießen am Ammersee oder nach Mindelheim ins Unterallgäu navigieren lassen will, muss dabei über den buckligen und engen Fahradweg entlang der alten B17 durch Haunstetten und Königsbrunn. An dieser Stelle ist die Routenplanung der App nicht optimal – der Weg durch den Siebentischwald und die Wohngebiete in Haunstetten und Königsbrunn wäre deutlich attraktiver. Zudem wählt die App leider nicht die schöne Route nach Dießen entlang des Ammerseeufers. Das Ziel für unsere Strecke soll aber nun das Schloss Blumenthal bei Aichach sein: 24 Kilometer und 226 Höhenmeter in 57 Minuten bei einem Schnitt von 25 Stundenkilometern stehen an, sagt die App.
Vor dem Losfahren das erste Problem: Navigieren kann die App nicht. Wer sich vom Handy leiten lassen will, muss die erstellte Strecke herunterladen und über eine Navi-App ausspielen. Ohne Navi blicken wir die ganze Fahrt auf die in der Karte eingezeichnete Route und unseren Standort und versuchen, der Strecke zu folgen. Zum Schloss Blumenthal leitet sie uns über den Radweg entlang der B300 in Richtung Friedberg. Auf der Bundesstraße kommt es ein ums andere Mal zu engen Situationen, weil Autofahrer Radler beim Abbiegen über Radwege übersehen. Hätte die App uns die ruhigere und bessere Route durch die Wohngebiete in den Stadtteilen Spickel und Hochzoll angezeigt, bestünde diese Gefahr so nicht.
Einmal aus der Stadt Augsburg hinaus, geht es jedoch fast ausschließlich über Fahrradwege und spärlich befahrene Landstraßen, auf denen der Gegenwind mehr stört als der Verkehr. Einzig die Sperrungen aufgrund einer Baustelle in Friedberg, die man mit dem Rad immerhin über den Gehweg passieren kann, hat die App nicht auf dem Schirm. Pünktlich nach etwas weniger als einer Stunde ist das Ziel erreicht.
Für den Rückweg suchen wir eine andere Route. Dabei muss man improvisieren, weil die App leider nur eine einzige Route generiert, statt wie Google Maps mehrere zur Auswahl zu stellen. Auch auf dem Rückweg findet die App vor allem ruhige Straßen durch und zwischen den Dörfern, leitet uns aber auch über die Frechholzhauser Straße zwischen Affing und Derching – eine Route, die der Volksmund auch „Highway“ nennt und auf der für Radler zwischen Wald, Autos und Lastern kaum Platz ist. Wer sich auskennt, sollte diese Strecke als Radler besser meiden – und auch die App sollte uns hier eine andere Route anzeigen. Zurück an der Hochschule wird es Zeit für einen Radwechsel und den zweiten Teil des Tests.
Die Fahrrad-App des Bayerischen Verkehrsministeriums zeigt Biergärten oder Ladestationen an
Eine App des Freistaats für Radler gibt es schon länger, „Bayernnetz für Radler 2020“ hieß diese und wurde nun abgelöst. Wer beim Planen seiner Route noch Inspiration sucht, wird in der App fündig. Biergärten oder Cafés, Picknickplätze, Parks, Attraktionen oder Unterkünfte lassen sich auf der Karte anzeigen, ebenso kann man nach Bahnhöfen, Radläden, Reparatur- oder Ladestationen genauso wie Baustellen und Gefahrenstellen suchen. Eine zuvor erstellte Karte kann man herunterladen und so auch offline nutzen, ebenso sind in der App 126 vom Verkehrsministerium geplante Themenrouten enthalten, die man sich ansehen und abfahren kann. Damit dürfte auch der wesentliche Sinn der App klar sein: Mit den Themenrouten kann Bayern sich als Fahrradland präsentieren und Touristen eine gute Orientierung und Tipps mitgeben, wo es sich zu fahren lohnt.
Die Strecken der Themenrouten lassen sich auch in die eigene selbstgemachte Routenplanung übernehmen. Nutzt man in den Einstellungen das Menü „Bayernnetz für Radler“, führt einen die App, soweit es geht, über die empfohlenen Routen zu seinem Ziel. Diese Funktion wollen wir nun ausprobieren. Das Ziel sind die Westlichen Wälder, genauer gesagt das Kloster Oberschönenfeld im Augsburger Land. Dorthin plant die App nun eine Route mit nur wenigen, leichten Steigungen, die vor allem über Fahrradwege und ruhige Straßen führt. Auch hier finden ortskundige Radler an der einen oder anderen Stelle angenehmere Alternativen, insgesamt leitet einen die App aber zuverlässig aus der Stadt heraus und durchs Umland zur Zisterzienserabtei mit ihrem Biergarten. Der Rückweg soll nun über das Radwegenetz durch den Wald führen und darf mit ein paar Steigungen wieder etwas sportlicher sein.
Hier findet die App einen schönen, fast direkten Weg über ein paar Hügel zum Anhauser Weiher und dem Schloss Wellenburg, an dem man im Biergarten erneut rasten könnte. Auf dem Weg zurück durch die Stadt sollen es nach dem Willen der App aber wieder Radwege entlang von Hauptverkehrsstraßen sein, etwa über die löchrigen Platten entlang der Gögginger Straße oder über die Stettenstraße. Kennt man sich in einer Region schon aus, liefert die App bestenfalls Inspirationen – mit Ortskenntnissen lassen sich aber sicher schönere Strecken planen.
Fahrrad-App für Bayern: Das hat sie gekostet, das kann sie
Für die App spricht hingegen, dass sie viele Optionen und auf Reisen eine gute Orientierung bietet. Zudem sind sowohl Download als auch Nutzung kostenlos. Dass sich Karten und GPX-Daten auch herunterladen und offline nutzen lassen, ist inzwischen eine weit verbreitete Standardfunktion, die bei allen namhaften Anbietern verfügbar ist. Gleiches gilt für das Errechnen eines Höhenprofils und der zu erwartenden Fahrtdauer. Wie das Verkehrsministerium auf Anfrage unserer Redaktion mitteilt, sei eine Navigationsfunktion für ein Update im kommenden Jahr in Planung. Gekostet habe die App rund 400.000 Euro.
Zu empfehlen ist die App für Radurlauber in Bayern, die in für sie noch unbekannten Regionen unterwegs sind und damit auf dem Handy interessante Routen finden können. Vielfahrer, vor allem solche, die sportlich ambitioniert und in ihrer Heimatregion auf bekannten Strecken auf dem Rad unterwegs sind, dürften sich besser auf die eigene Erfahrung als auf die App verlassen. Immerhin: Als Ideengeber könnte die App auch ihnen nutzen. Noch mehr gilt das für Einsteiger oder Gelegenheitsradler, die mithilfe der App auch die eigene Umgebung leichter erkunden können.
Kann man überhaupt dieser App trauen?
Also das Ergebnis: die App kann weniger als bisher verfügbare, außer dass man vorgeschlagene Routen bekommt. Dafür muss sie in Zukunft gehostet und auf Stand gehalten werden. Das hätte man mit dem Erstellen von Content für bestehende Apps sicher einfacher, besser und billiger haben können. Aber hey, dafür kann man viele Verwaltungsakte nur persönlich oder mit dem umständlichen EPerso machen...
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