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Flugblatt-Affäre: Ministerpräsident Söder setzt Freie-Wähler-Chef Aiwanger ein Ultimatum

Flugblatt-Affäre

Ministerpräsident Söder setzt Freie-Wähler-Chef Aiwanger ein Ultimatum

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    Ministerpräsident Markus Söder (CSU) nach der Sondersitzung des Koalitionsausschusses.
    Ministerpräsident Markus Söder (CSU) nach der Sondersitzung des Koalitionsausschusses. Foto: Peter Kneffel, dpa

    In der Affäre um ein antisemitisches Flugblatt zu Schulzeiten von Hubert Aiwanger hat Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) dem Chef der Freien Wähler ein Ultimatum gestellt. Aiwanger soll "rasch" und "umfangreich", wie Söder fordert, einen Katalog mit 25 noch offenen Fragen schriftlich beantworten. Dieser habe das auch zugesagt. Wie schnell der heftig in die Kritik geratene bayerische Wirtschaftsminister die Antworten liefern soll, präzisierte der Regierungschef nicht; bei einem Pressestatement nach der Sondersitzung des Koalitionsausschusses am Dienstag ließ er keine Fragen zu. Söder sagte nur, das Thema dürfe jetzt "keine Hängepartie werden". Und noch schärfer: "Jetzt darf nichts mehr dazukommen."

    Aiwanger hatte in der Sitzung am Vormittag zu den Vorwürfen, als Schüler in den 1980er Jahren ein Pamphlet im NS-Jargon geschrieben zu haben oder zumindest in dessen Besitz gewesen zu sein, Stellung bezogen. Über den Inhalt drang zunächst nichts nach außen. Söder sagte jedoch hinterher: "Die heutigen Aussagen reichen definitiv nicht aus." Es blieben noch viele Fragen offen. Wichtig sei es nun, reinen Tisch machen. Aiwanger, der sich am Dienstag nicht öffentlich äußerte, habe sich in diesem Zusammenhang bereit erklärt, entsprechende Schulakten öffnen zu lassen, sollten diese noch vorhanden sein. Wie berichtet hatte der Minister eingeräumt, damals zum Direktor seines Gymnasiums einbestellt worden zu sein, als er mit dem Flugblatt in der Tasche erwischt worden war. Danach sei er bestraft worden. Inzwischen behauptet sein Bruder Helmut, er sei Verfasser des Pamphlets gewesen.

    Ministerpräsident Söder: Der Fragenkatalog ist kein Freispruch für Aiwanger

    Söder sagte, eine Entlassung Aiwangers als Minister und stellvertretender Ministerpräsident wäre zum jetzigen Zeitpunkt "ein Übermaß". Auch lobte er die Arbeit in der Koalition mit den Freien Wählern und wolle diese auch fortsetzen. Dies hinge aber nicht an einer Person. Deshalb sei der Fragenkatalog auch kein "Freispruch" für Aiwanger. Schon jetzt sei der Schaden für den Ruf Bayerns hoch.

    Ähnlich argumentiert auch der Politik- und Kommunikationsberater Johannes Hillje. Als exportorientierter Wirtschaftsstandort sei der Freistaat auf ein positives Ansehen im Ausland angewiesen. "Es gehört zu den Aufgaben des Wirtschaftsministers, den Standort Bayern im Ausland zu repräsentieren. Ein Antisemitismusskandal kann Bayerns Image im Ausland schwer schaden", so Hillje gegenüber unserer Redaktion. Er kritisierte Zugleich Aiwangers Krisenkommunikation. Diese sei "nicht überzeugend und nicht professionell". Durch Unklarheit und Widersprüchlichkeit habe er neue Fragen produziert. Die muss Aiwanger jetzt beantworten.

    Grüne, SPD und FDP wollen zum Fall Aiwanger eine Sondersitzung des Landtags einberufen

    Dass Söder ihm einen schriftlichen Fragenkatalog auferlegt hat, zeigt der Politikwissenschaftlerin Ursula Münch zufolge "ein relativ großes Misstrauen des Ministerpräsidenten" gegenüber seinem Stellvertreter. Münch, Direktorin der Akademie für Politische Bildung in Tutzing, sieht darin auch eine "Machtdemonstration" und "deutliche inhaltliche Distanzierung" Söders von Aiwanger. Auch sichere der CSU-Chef sich dagegen ab, dass "noch irgendetwas im Verborgenen schlummert" – und den Wahlkampf zusätzlich belastet.

    Die Opposition im Landtag zeigte sich enttäuscht von den Ergebnissen der Sondersitzung. Grünen-Fraktionschefin Katharina Schulze sagte unserer Redaktion: "Ich finde, es spricht Bände, dass Söder weiterhin mit einer Hinhaltetaktik versucht, durchzukommen. Das zeigt auch Schwäche." Zugleich forderte sie, dass der Fragenkatalog öffentlich gemacht wird. "Für mich ist Hubert Aiwanger nicht mehr tragbar." Florian von Brunn, Chef der Bayern-SPD, befand gegenüber unserer Redaktion: "Ich finde, jetzt hätte es einer wirklich klaren Entscheidung bedurft. Wir sind weiter der Überzeugung:

    Martin Hagen, Partei- und Fraktionschef der bayerischen FDP, betonte: "Hubert Aiwanger muss dem Landtag Rede und Antwort stehen. Wir werden deshalb gemeinsam mit Grünen und SPD eine Sondersitzung einberufen.“ Diese soll am Freitag oder Montag stattfinden. Und selbst CSU-Fraktionschef Thomas Kreuzer ging auf Abstand zu Hubert Aiwanger: "Fest steht auch, unsere Bayern-Koalition mit den Freien Wählern ist erfolgreich – und nicht von einer Person abhängig."

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