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Flüchtlingshilfe: Wie Senioren in Schwaben jungen Geflüchteten helfen

Flüchtlingshilfe

Wie Senioren in Schwaben jungen Geflüchteten helfen

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    Abdourahmane Diallo (links) ist froh, in Franz Bihler einen erfahrenen Begleiter für seine Ausbildung gefunden zu haben. Franz Bihler engagiert sich beim Senior-Experten-Service, einer Initiative, die dringend Ehrenamtliche sucht.
    Abdourahmane Diallo (links) ist froh, in Franz Bihler einen erfahrenen Begleiter für seine Ausbildung gefunden zu haben. Franz Bihler engagiert sich beim Senior-Experten-Service, einer Initiative, die dringend Ehrenamtliche sucht. Foto: Ulrich Wagner

    Abdourahmane Diallo will lernen. Er will sich etwas aufbauen, etwas werden. Darum verließ er schließlich seine Heimat Guinea. Gute Noten sind ihm wichtig. Denn er will unbedingt seine Ausbildung zur Fachkraft für Metalltechnik bei der Augsburger Firma Faurecia schaffen. Dann kann er den Industriemechaniker draufsatteln, erzählt er. Ehrgeizig ist er, der 21-jährige Westafrikaner.

    Doch allein, so räumt er offen ein, würde er den Berufsschulstoff nicht bewältigen können. Zu schwer ist die deutsche Sprache noch immer für ihn, vor allem dann, wenn es um Fachbegriffe geht. Franz Bihler hilft ihm regelmäßig. Im Schnitt einmal in der Woche lernen sie zusammen. Der 69-Jährige ist ein sogenannter Senior-Experte. Der Senior-Experten-Service, kurz SES, ist eine bundesweite Initiative, bei der erfahrene Berufstätige – gerne Rentner, die in Führungspositionen waren oder Lehrer – junge Menschen ehrenamtlich beim Aufbau ihres eigenen Lebens unterstützen. Sie also motivieren und in ihrer Persönlichkeitsbildung fördern.

    SES: In Nordschwaben sind Begleiterinnen und Begleiter gesucht

    Doch Menschen wie der studierte Konstruktionsingenieur Franz Bihler sind zu selten zu finden, sagt Josefine Steiger, die Regionalkoordinatorin des SES in Schwaben. Gerade in Nordschwaben, aber auch in Augsburg warten viele junge Leute auf ehrenamtliche Begleiterinnen und Begleiter, erzählt die erfahrene Ausbildungsexpertin, die über Jahrzehnte in der Industrie- und Handelskammer (IHK)

    Gerade geflüchteten jungen Menschen bei der Integration zu helfen, bildete für Birgit Wimmer sogar den Ausschlag, sich beim SES 2015 zu melden. Aktuell unterstützt sie drei Auszubildende. Für die 65-Jährige ist es eine geradezu ideale Aufgabe für Seniorinnen und Senioren: „Wir bringen viel Erfahrung aus unserem Beruf und unserer Familie mit und vor allem Zeit und Geduld.“ Der früheren Personalchefin in einem mittelständischen Unternehmen in München geht es nicht nur ums Lernen bei ihrer Begleitung: „Die jungen Leute müssen vor allem ein Verständnis dafür entwickeln, warum vieles bei uns anders läuft als in ihrer Heimat, warum gewisse Anforderungen an sie hier gestellt werden.“ Auch, dass lebenslanges Lernen bei uns angesagt ist und der Beruf oft einen anderen Stellenwert genießt, nicht nur zum schnellen Geldverdienen taugt, sind ihres Erachtens entscheidende Botschaften. Die Vermittlung von Allgemeinbildung sei gefragt. „Und vor allem das Gefühl, es ist jemand für mich da, der sich für mich interessiert und zu dem ich kommen kann.“ Auch immer wieder zu motivieren, gehöre dazu. „Eigentlich tut man das, was man mit seinen eigenen Kindern auch tun würde“, erklärt

    Es geht ums Lernen, um die Wertevermittlung. Manchmal auch um Strenge

    Auch Josefine Steiger spricht vom „Elternersatz“, den Senior-Expertinnen und -Experten gerade bei den Auszubildenden mit Fluchthintergrund oft bilden. „Viele der jungen Leute vermissen ihre Familien und freuen sich, wenn sie jemanden haben, der mit ihnen darüber spricht.“ Infolge der Pandemie finden viele Treffen allerdings nur noch online statt.

    Auch Abdourahmane Diallo und Franz Bihler sehen sich vor allem per Video. Im Mittelpunkt dieser Betreuung steht ganz klar das Lernen.

    Über einen Artikel unserer Redaktion ist er auf die Stiftung und ihre Arbeit aufmerksam geworden und meldete sich. Für ihn habe schnell festgestanden, dass er sich im Ruhestand ehrenamtlich engagieren will, erzählt er. Gesucht habe er etwas, „was mir wirklich Spaß macht und womit ich jemandem direkt helfen kann“. Fünf Auszubildende habe er als Senior-Experte schon begleitet. Seit 2019 ist er für Abdourahmane Diallo da und freut sich mit ihm über jeden Einser und Zweier mindestens so sehr, wie Abdourahmane Diallo selbst.

    Zur Information: Der Senior-Experten-Service ist als Stiftung der Deutschen Wirtschaft für internationale Zusammenarbeit weltweit tätig und hat seinen Sitz in Bonn. Die ehrenamtlichen Einsätze finden nicht nur in Deutschland, sondern auch in Entwicklungs- und Schwellenländern statt. Mehr Informationen dazu im Internet: www.ses-bonn.de. Wer junge Menschen unterstützen möchte, kann sich an Josefine Steiger wenden; E-Mail: schwaben@vera.ses-bonn.de, mobil: 0151/10613560; Fürs Allgäu ist Roland Müller der richtige Ansprechpartner; E-Mail: kempten@vera.ses-bonn.de; mehr dazu online unter: www.vera.ses-bonn.de

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