In einem sind sich Bayerns Landräte sowie CSU und Freie Wähler im Landtag immerhin einig: Das Geld ist zunehmend knapp, beim Freistaat wie bei den Kommunen. „Es ist eine Tatsache, dass die finanzielle Lage der Kommunen dramatisch ist“, räumt etwa Freie-Wähler-Fraktionschef Florian Streibl offen ein. Denn während die Einnahmen bestenfalls stagnieren, steigen die Kosten massiv an. Ob Personalausgaben, Krankenhäuser, Jugendhilfe, Pflegekosten oder die Eingliederungshilfe für Behinderte: „Wir sind hier überall gesetzlich gebunden, aber die Ausgaben sind schlicht nicht mehr zu schultern“, klagt Thomas Karmasin (CSU), seit 2022 Präsident beim Landkreistag. Auf über fünf Milliarden Euro allein im ersten Halbjahr 2024 beziffert der Landkreistag das kommunale Finanzierungsdefizit in Bayern.
Bayerns Landräte: Viele Sozialleistungen „schlicht nicht mehr zu finanzieren“
Mehr als dreißig Landräte waren deshalb am Dienstagvormittag zu einem „Krisengipfel“ in den Münchner Hofbräukeller gekommen, um der Regierungsmehrheit von CSU und Freien Wählern ihre finanziellen Sorgen eindringlich nahezubringen: Immer neue Pflichtaufgaben vor allem im sozialen Bereich würden den Kommunen von Freistaat und Bund auferlegt, ohne die Kosten dafür zu decken. In der Pflege würden inzwischen rund zwei Drittel der Kosten über Sozialleistungen bezahlt, berichtet Karmasin. Und auch beispielsweise der Rechtsanspruch auf Schulbegleiter für behinderte Kinder sei „schlicht nicht mehr zu finanzieren“, klagt der Landrat aus Fürstenfeldbruck.
Dazu muss man wissen: Die Landkreise finanzieren sich vor allem aus zwei Quellen: Dem kommunalen Finanzausgleich des Freistaats, der für alle Kommunen zuletzt auf die Rekordsumme von 11,4 Milliarden Euro angewachsen ist. Und durch eine Kreisumlage, die die eigenen Gemeinden bezahlen. Die Kreisumlage sei weitgehend ausgereizt, weil auch bei vielen Gemeinden das Geld knapp ist, heißt es bei den Landkreisen. Bleibt der Freistaat, der mehr Landesgeld in die kommunalen Töpfe geben soll: So könnte der Anteil der Kommunen am allgemeinen Steueraufkommen von derzeit 12,75 Prozent auf 15 Prozent steigen.
Doch auch beim Freistaat droht mangels Steuer-Plus das Geld knapp zu werden: Finanzexperten im Landtag rechnen zudem vor, dass die Kommunen neben dem Finanzausgleich auch viele Fördermittel etwa für Kitas oder Kreisstraßen vom Freistaat bekommen - was sich bei einem Gesamthaushalt von gut 73 Milliarden Euro schon jetzt auf insgesamt mehr als zwanzig Milliarden Euro für Bayerns Kommunen summiere.
Freistaat sieht wenig Spielraum für zusätzliches Geld für die Kommunen
„Auch beim Freistaat sind die finanziellen Möglichkeiten nicht mehr so dick“, warnt deshalb CSU-Fraktionschef Klaus Holetschek. Über zu hohe Standards etwa bei der Pflege müsse man deshalb reden. Und auch über Einsparpotenzial bei den Kommunen. „Wir müssen uns auf allen staatlichen Ebenen auf das Wesentliche beschränken“, fordert auch der Freie Wähler Streibl: „Denn weniger Bürokratie ist gleich weniger Kosten.“
Was heißt das aber konkret? Vor Ort weniger Geld zum Beispiel für die Feuerwehr, für Sportvereine, Jugendzentren oder Musikschulen. „Es wird den Bürgern wehtun, aber wir müssen es tun“, glaubt Josef Niedermaier (FW), Landrat von Bad Tölz. Dazu gehöre auch, Sozialleistungen auf wirklich Bedürftige zu beschränken und „Mitnahmeeffekte zu reduzieren“. Viel zu lange habe man strukturelle Probleme mit viel Geld zugeschüttet, findet Niedermaier: „Das geht nicht mehr.“
Eine für den Freistaat kostenneutrale Finanzierungsquelle sehen die Kommunen allerdings noch: Das Landespflegegeld, kürzlich bereits durch die Bezirke infrage gestellt, und das Familiengeld, beides von Ministerpräsident Markus Söder (CSU) 2018 eingeführt und rund eine Milliarde Euro im Jahr teuer. Abschaffen und das Geld den Kommunen zur Verfügung stellen? CSU-Fraktionschef Holetschek blockt vorsorglich ab: „Wir dürfen jetzt hier keine Schnellschüsse machen“, findet er.
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