Sind die Umfragen schlecht, dann schadet es nicht, beim Politischen Aschermittwoch mit einem Witz auf die eigenen Kosten loszulegen. Es stimme ja, scherzt also Christian Lindner: "Bier hat derzeit mehr Prozent als die Umfragewerte der FDP." Davon müsse man sich als Liberaler aber nicht entmutigen lassen, findet der FDP-Chef: "FDP ist eben, wenn du das Abenteuer suchst."
Vielleicht ist es ja ein gutes Zeichen für die Bayern-FDP, dass das "Hohenthanner Hell", das beim Aschermittwochstreffen der bayerischen Liberalen in Dingolfing ausgeschenkt wird, exakt 5,0 Prozent hat – ein Ergebnis, das die Lindner-Partei nach zuletzt herben Niederlagen bei der Bayern-Wahl im Oktober zweifellos sehr gerne annehmen würde.
Christian Lindner stichelt beim Politischen Aschermittwoch gegen die CSU und Markus Söder
Zum Politischen Aschermittwoch in Niederbayern gehören aber nicht nur viel Bier, sondern auch deftige Sprüche über den politischen Gegner. "Etwas aus der Zeit gefallen" sei der politische Haudrauf der CSU in Passau zwar, findet Lindner. Aber ganz will er sich der Tradition auch nicht verschließen: Die CSU sei eben "eine Partei der Synthese", stichelt Lindner also munter drauflos – und Markus Söder deshalb ihr idealer Repräsentant: "Auf einem Arm das Ferkel, in der anderen Hand das Kotelett“, das beschreibe Söders Politikansatz ganz gut: Söders CSU sei "die Partei, der eine Meinung nicht genügt".
Mit dem Passauer Polit-Stammtisch der CSU kann und will die FDP aber ohnehin nicht mithalten: Bayerns FDP-Chef Martin Hagen trägt zwar dem Anlass entsprechend einen Trachtenjanker. Doch Christian Lindner spricht auf der Bühne lieber im dunklen Finanzminister-Anzug und fast eine Stunde lang völlig frei ohne Pult und Manuskript. Zum Lindner-Einzug gibt es auch nicht wie bei der CSU einen Defiliermarsch. Bei der FDP spielt eine Jazz-Combo geschmeidige Ohrenschmeichler.
Wie die FDP in Bayern wieder Fuß fassen will
Die Stimmung ist dennoch gut in der mit 500 Gästen voll besetzten Halle – niedrige Prozentzahlen in Bayern hin, enttäuschende Wahlergebnisse wie zuletzt in Berlin her. Doch wie kommt man raus aus dem Tal der liberalen Tränen? Und wie wieder rein in den Bayerischen Landtag? Mehr FDP pur, lautet eine Antwort bei den Liberalen. Was das heißen kann, umreißt Lindner wortgewandt und unterhaltsam: Das Auto nicht verteufeln, Straße und Schiene ausbauen, bei der Zuwanderung vor Integrationsproblemen nicht die Augen schließen.
Auch die Milliardenschulden nach dem russischen Angriff auf die Ukraine, die ausgerechnet er als Finanzminister zu verantworten hat, seien richtig, wehrt er sich gegen CSU-Kritik: "Denn ein Wohlstand von Putins Gnaden, für den wir unsere Freiheit opfern, wäre in Wahrheit wertlos." Wenn ihn Söder deshalb trotzdem mit dem linken griechischen Ex-Finanzminister Yannis Varoufakis vergleiche, dann zeige der CSU-Chef damit doch nur, "dass er der Trump der deutschen Politik ist", schimpft Lindner. Söders einzige politische Konstante sei, dass er immer wieder seine Meinung ändere: "Wenn er mich also Schulden-Chrissy nennt, dann ist er doch der Wendehals-Markus."
FDP setzt auch Spitzen gegen Freie Wähler und die Linke
Die CSU sei niemals eine Partei der Freiheit, schimpft auch Bayerns FDP-Chef Hagen. Schließlich sei es Markus Söder gewesen, der den Menschen in Bayern in der Corona-Krise verboten habe, "allein auf einer Parkbank zu sitzen und ein Buch zu lesen". Söder wechsle "seine Meinung öfter als der 1. FC Nürnberg seine Trainer".
Auch die anderen Parteien in Bayern bekommen von Hagen ihr Fett weg: Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger etwa – "der Mann, neben dem selbst die CSU seriös wirkt". Die Linke treffe sich in Passau gar auf einem Donaudampfer. Immerhin sei Sahra Wagenknecht nicht eingeladen worden, lobt Hagen: Sonst hätte die Gefahr bestanden, "dass sie das Schiff ganz weit nach Osten steuert, um sich der russischen Schwarzmeerflotte anzuschließen".
"Wir wollen in Bayern mitgestalten", fordert Hagen forsch mit Blick auf die Landtagswahl – in einer Koalition mit der CSU. Auch Lindner macht den bayerischen Liberalen Mut für den Wahlkampf im Freistaat: Beim Bier-Vergleich sei für die FDP schließlich noch Luft nach oben, findet er: "Und am Wahlabend haben wir dann mehr Prozent als ein Starkbier."