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FC Bayern: Nach abruptem Nagelsmann-Aus: Tuchel soll Saison krönen

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Nach abruptem Nagelsmann-Aus: Tuchel soll Saison krönen

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    Thomas Tuchel, damaliger Trainer von Paris Saint-Germain, sitzt auf der Trainerbank.
    Thomas Tuchel, damaliger Trainer von Paris Saint-Germain, sitzt auf der Trainerbank. Foto: Robert Michael/dpa-Zentralbild, dpa (Archivbild)

    Die Bosse schwiegen zur spektakulären Trainerfrage beim FC Bayern, als sie mit ernsten Mienen am Vereinsgelände vorfuhren. Der offizielle Vollzug der Trennung von Julian Nagelsmann und die Bestätigung der sich abzeichnenden Anstellung von Thomas Tuchel als Nachfolger ließen am Freitag auf sich warten. Der 2021 für eine Rekordablöse im zweistelligen Millionenbereich verpflichtete Nagelsmann, der in dieser Woche noch beim Skifahren in Österreich weilte, wurde vor dem Start ins Wochenende für ein Gespräch an der Säbener Straße erwartet. Kamerateams und Fotografen belagerten das Vereinsgelände.

    Das Trainer-Beben überstrahlte eine Woche vor dem Bundesliga-Klassiker des Tabellenzweiten gegen Spitzenreiter Borussia Dortmund auch die Vorbereitung der Fußball-Nationalmannschaft auf den Neustart nach dem WM-Debakel. Die nach der Abreise des verletzten Jamal Musiala verbliebenen Münchner Joshua Kimmich, Leon Goretzka und Serge Gnabry trabten im Frankfurter Regen am Freitagvormittag beim Warmlaufen zu dritt vorne weg - ins Gespräch vertieft.

    Vorstandschef Oliver Kahn, Sportvorstand Hasan Salihamidzic und Aufsichtsratschef Herbert Hainer äußerten sich zunächst weder zu Nagelsmanns Aus noch zur kolportierten Lösung Tuchel. Der 49-Jährige mit BVB-Vergangenheit soll wohl einen Null-auf-Hundert-Start beim Rekordmeister hinlegen. Grund für die öffentliche Bayern-Zurückhaltung könnte sein, dass die Bosse zunächst mit Nagelsmann ein Gespräch führen wollten - auch, um die Form zu wahren. 

    Der Verein war offensichtlich davon überrascht worden, dass die spektakuläre Trainer-Entscheidung am späten Donnerstagabend über externe Kanäle publik geworden war. Der international gut vernetzte Transferexperte Fabrizio Romano hatte zuerst berichtet, dass die Münchner eine Trennung von Nagelsmann in Erwägung ziehen. Spät am Abend meldete das die "Bild"-Zeitung als fix.

    Die Nachfolge des 35-jährigen Nagelsmanns, für den die Münchner im Sommer 2021 viel Geld an RB Leipzig zahlten und mit einem Fünf-Jahres-Vertrag ausstatteten, soll der derzeit vereinslose Tuchel antreten. Tuchel war in dieser Spielzeit beim FC Chelsea entlassen worden, mit dem er 2021 die Champions League gewonnen hatte. 2020 unterlag der ehemalige Bundesliga-Trainer des FSV Mainz 05 und von Borussia Dortmund mit Paris Saint-Germain den Münchnern im Finale der Königsklasse. Pikant wäre, dass Tuchel die Bayern ausgerechnet im Topspiel gegen den BVB am Samstag kommender Woche in München erstmals coachen könnte. 

    Tuchel arbeitete etwa bei PSG schon mit namhaften Stars zusammen. Er eckte bei seinen vorherigen Stationen aber mitunter auch an. Unumstritten war menschlich aber auch der eloquente Nagelsmann in München nicht. Die Bayern-Bosse erkannten aber trotz eines top besetzten Kaders keine nachhaltige sportliche Verbesserung unter dem extrovertierten Coach, der mit dem Achtelfinal-Coup gegen Paris seinen größten internationalen Bayern-Erfolg feierte. Kahn und Co. sahen durch ständige Leistungsschwankungen die Saisonziele gefährdet. In Bundesliga, Champions League, DFB-Pokal sind noch alle drei Titel möglich. 

    Der Zeitpunkt der aufsehenerregenden Personalie kommt vor dem BVB-Gipfel sowie den K.o.-Duellen mit dem SC Freiburg im DFB-Pokal und Manchester City in der Königsklasse überraschend, begründet sich aber in der aktuellen Gesamtkonstellation. Trainerwechsel sind immer auch eine Frage der Alternative. Tuchel ist auf dem Markt - und international begehrt. Angeblich war er auch Kandidat bei Real Madrid und Tottenham Hotspur. Entweder jetzt oder wieder nicht könnte die Frage beim Bayern-Kalkül gelautet haben.

    Im Frühjahr 2018 hatten die Münchner bei Tuchel gezögert. Damals hatte der damalige Präsident Uli Hoeneß zu lange gehofft, Jupp Heynckes doch noch zum Weitermachen überreden zu können. Am Ende kam Niko Kovac, der trotz des Gewinns von Meisterschaft und DFB-Pokal im zweiten Amtsjahr vorzeitig gehen musste - und mit dem Bayern nicht glücklich wurde. Ähnliches wiederholt sich nun beim letztjährigen Meistercoach Nagelsmann. 

    Die ständigen Schwankungen zwischen Topleistungen in Europa wie gegen PSG und Nachlässigkeiten in der Bundesliga werden dem Trainer angelastet. Die Bayern waren mit neun Punkten Vorsprung auf Dortmund in die WM-Pause gegangen. Vor dem anstehenden direkten Duell nach der Länderspielpause liegen sie nun einen Punkt zurück. 

    Nach dem 1:2 bei Bayer Leverkusen hatte Salihamidzic seinen Unmut geäußert: "Das ist nicht das, was Bayern bedeutet." Er zählte eine ganze Mängelliste auf und stellte sogar die Mentalitätsfrage. Das passte so gar nicht zu den vielen vorherigen Aussagen der Bosse mit viel Lob für Nagelsmann. Die Zusammenarbeit war eigentlich als Langzeitprojekt angelegt. 

    Um Nagelsmann gab es zudem zu viele Nebenschauplätze. So sorgte etwa die von ihm vorangetriebene Ablösung des Manuel-Neuer-Vertrauten Toni Tapalovic als Torwartcoach für viel Wirbel. Mit einer Beziehung zu einer Reporterin machte er sich intern angreifbar. 

    Die Meldung vom angeblichen Nagelsmann-Aus überraschte auch die Profis des FC Bayern. "Das hat mich überrumpelt. Ich werde versuchen, mich so gut wie möglich in das Konzept des neuen Trainers einzufügen", kommentierte der von Manchester City ausgeliehene Außenverteidiger João Cancelo direkt nach dem 4:0 mit Portugal gegen Liechtenstein. 

    Dass Erfolge beim FC Bayern nicht vor Trennungen schützen, ist übrigens nicht neu. Auf dem Weg zum UEFA-Cup-Titel 1996 musste Otto Rehhagel einst nach dem Finaleinzug gehen. Mit Franz Beckenbauer als Interimscoach holten die Bayern im Endspiel den Europapokal.

    (Christian Kunz, Klaus Bergmann und Jordan Raza, dpa)

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