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Fachkräftemangel: Betriebe aus Bayern suchen Auszubildende im Ausland

Fachkräftemangel

So kämpfen bayerische Betriebe um Auszubildende aus dem Ausland

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    Weil Fachkräfte fehlen, suchen viele Betriebe in Bayern Auszubildende auch im Ausland.
    Weil Fachkräfte fehlen, suchen viele Betriebe in Bayern Auszubildende auch im Ausland. Foto: Hendrik Schmidt, dpa (Symbolbild)

    Obwohl in Bayern zuletzt deutlich mehr ausländische Berufsabschlüsse anerkannt wurden, schreitet der Fachkräftemangel in vielen Branchen weiter voran. Viele Betriebe nehmen die Suche nach geeignetem Personal daher in die eigene Hand: Um die Personallücken etwa in der Gastronomie und in der Pflege zu stopfen, werden gezielt junge Menschen aus dem Ausland angeworben und anschließend in Bayern ausgebildet.

    Zu wenig Fachkräfte kommen nach Bayern

    Die Zahlen des Bayerischen Landesamts für Statistik, die unserer Redaktion exklusiv vorliegen, machen auf den ersten Blick einen positiven Eindruck: So wollten im Jahr 2023 nicht nur mehr Arbeitskräfte nach Bayern als noch 2022, es wurden im Freistaat auch deutlich mehr ausländische Berufsabschlüsse anerkannt. Die Zahl der insgesamt beantragten Anerkennungsverfahren war um knapp 27 Prozent gestiegen, positiv beschieden wurden von diesen Verfahren im Vergleich zum Vorjahr 33 Prozent mehr.

    Allerdings erkennen die Prüfstellen weitaus nicht jeden positiven Bescheid als vollständig gleichwertig an: Über die Hälfte der Antragsteller musste noch sogenannte Ausgleichsmaßnahmen leisten oder sich nach qualifizieren, weil ihr Zeugnis nur als „teilweise gleichwertig“ galt.

    Zudem kommen mit Blick auf den Bedarf noch immer zu wenige Arbeitskräfte aus dem Ausland in den Freistaat. Insgesamt wurden in Bayern im vergangenen Jahr 9500 ausländische Berufsausbildungen anerkannt. Allein in der Gastronomie und Hotellerie werden bayernweit aber rund 45.000 zusätzliche Arbeitskräfte benötigt, erklärt Thomas Geppert, Landesgeschäftsführer des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbandes.

    Betriebe bilden junge Menschen aus dem Ausland selbst aus

    Um den Personalbedarf zu decken, würden zwingend mehr Arbeitskräfte aus dem Ausland gebraucht, sagt Geppert. „In einer Wirtschaftskrise sollte alles ermöglicht werden, um Arbeitskräfte aus dem Ausland zu finden. Aber das Verfahren dauert viel zu lange und ist zu kompliziert“, erklärt er. Deshalb gehen viele Betriebe inzwischen einen anderen Weg: Anstatt Fachkräfte aus dem Ausland anzuwerben, suchen die Unternehmen nach jungen Menschen und bilden diese vor Ort selbst aus.

    Auf die Vermittlung von jungen Menschen aus dem Vietnam hat sich etwa die Agentur V-Unite aus Regensburg spezialisiert. In ihrem Heimatland lernen die angehenden Auszubildenden zunächst ein Jahr lang an Sprachschulen Deutsch. Anschließend werden sie von der Agentur an teilnehmende Hotels und Gaststätten sowie an Bäcker- oder Metzgerbetriebe vermittelt.

    Agentur vermittelt hunderte Auszubildende aus Vietnam

    V-Unite-Gründer Son Pham erklärt: „Die Schere auf dem Arbeitsmarkt geht auseinander: Immer mehr Betriebe suchen dringend nach Angestellten. Gleichzeitig gibt es in vielen Branchen keine deutschen Bewerber mehr.“ Im Jahr 2022 habe die Einrichtung noch 130 vietnamesische Auszubildende an Partnerbetriebe vermittelt. „Im laufenden Jahr waren es schon über 200“, ergänzt Pham.

    Die Agentur V-Unite aus Regensburg hat sich auf die Vermittlung von Auszubildenden aus Vietnam spezialisiert.
    Die Agentur V-Unite aus Regensburg hat sich auf die Vermittlung von Auszubildenden aus Vietnam spezialisiert. Foto: Hendrik Schmidt, dpa (Symbolbild)

    Bevor die angehenden Auszubildenden nach Deutschland kommen, müssen sie zunächst tief in die Tasche greifen. Ein einjähriger Sprachkurs in Vietnam kostet sie inklusive Unterbringung sowie Verpflegung und dem anschließenden Flug nach Deutschland zwischen 6000 und 8000 Euro. Das ist deutlich mehr als das Jahreseinkommen vieler Vietnamesen.

    Die Vermittlung durch V-Unite ist für die Bewerberinnen und Bewerber laut Gründer Pham kostenlos. Stattdessen finanziere sich die Agentur über Online-Sprachkurse, die von den Auszubildenden nach ihrer Ankunft in Deutschland neben der Arbeit absolviert werden. Darin sollen die Vietnamesinnen und Vietnamesen ihre Deutschkenntnisse vertiefen und spezielles Fachvokabular für ihre Arbeit lernen. Bezahlt werden diese Kurse vom Arbeitgeber.

    Fachkräftemangel: Bis 2049 könnten 280.000 Pflegekräfte fehlen

    Noch dramatischer als in der Hotel- und Gaststättenbranche ist die Lage im Pflegebereich. Die Vereinigung der Pflegenden in Bayern prognostiziert, dass bis 2029 mehr Pflegerinnen und Pfleger in Rente gehen werden als Auszubildende nachkommen. Zwar entfallen aktuell über 90 Prozent der anerkannten Berufsabschlüsse aus dem Ausland auf den Gesundheitsbereich. Doch bis 2049 könnten bundesweit mindestens 280.000 Pflegekräfte fehlen, wie das Statistische Bundesamt schätzt.

    Damit mehr Menschen aus dem Ausland hierzulande der Einstieg in den Pflegeberuf gelingt, betreibt die Kolping-Akademie in Kempten seit 2019 eine internationale Pflegeschule. Die Einrichtung unterstützt Bewerber beim Beantragen eines deutschen Visums, bietet berufsbegleitende Sprachkurse an und hilft auch bei der Wohnungssuche, Integration und Prüfungsvorbereitung. 

    Internationale Kolping-Pflegeschule in Kempten: Nachfrage ist hoch

    Knapp 80 Schülerinnen und Schüler aus 27 Ländern absolvieren mittlerweile jedes Jahr die anspruchsvolle Ausbildung, darunter zum Beispiel Männer und Frauen aus dem Senegal oder der Mongolei. „Die Nachfrage von Bewerbenden sowie Pflegeeinrichtungen ist inzwischen so groß, dass wir jährlich zwei Ausbildungsgänge starten könnten“, sagt Kolping-Geschäftsführer Björn Panne. Warum die Schule ihr Angebot nicht ausweitet? Dafür fehlten ausreichend Lehrerinnen und Lehrer, außerdem seien Visa-Verfahren zu langsam, so Panne. 

    Wenn ausländische Pflegerinnen und Pfleger dagegen direkt in einem deutschen Krankenhaus anfangen, gibt es andere Hürden: Vor allem fehle der Freiraum, um sie ausreichend einzuarbeiten, beklagt die Präsidentin der Vereinigung der Pflegenden in Bayern, Kathrin Weidenfelder. „Es gibt viele gute Konzepte, um Fachkräften aus dem Ausland den Einstieg in den deutschen Pflegeberuf zu erleichtern. Durch Stress und Zeitdruck im Arbeitsalltag kann das jedoch häufig nicht umgesetzt werden. Wir brauchen aber nachhaltige Integration in Beruf und Leben“, sagt Weidenfelder.

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