Angesichts der hohen Zahl antisemitischer Straftaten in Bayern fordern der Antisemitismusbeauftragte und die Landtags-Grünen eine bessere Bildungsarbeit. Die polizeilich registrierte Zahl der antisemitischen Straftaten habe im vergangenen Jahr mit 538 dramatisch zugenommen, teilte der bayerische Antisemitismusbeauftragte Ludwig Spaenle (CSU) am Sonntag mit. Seit dem Überfall der Hamas auf Israel am 7. Oktober sei die Zahl deutlich nach oben geschnellt.
"Hier besteht großer Handlungsbedarf. Und zwar für die Bildungsarbeit und die damit mögliche Präventionsarbeit, aber auch für den wehrhaften Rechtsstaat - vor allem für die Strafverfolgung und die Justiz", forderte Spaenle. Allein im vierten Quartal - also von Oktober bis Dezember - war es ihm zufolge zu 218 Straftaten dieser Art gekommen.
Auch die Landtags-Grünen schlagen wegen der hohen Zahl antisemitischer Straftaten im Freistaat Alarm. "In Bayern vergeht fast kein Tag ohne eine antisemitische Straftat. Das ist erschreckend", sagte Landtagsfraktionschefin Katharina Schulze. 2022 waren es laut den Zahlen des Innenministeriums 358 Straftaten gewesen, 2021 hatte die Polizei 510 registriert.
"Es darf nicht sein, dass Jüdinnen und Juden sich nicht mehr sicher fühlen", sagte Schulze. Die Staatsregierung müsse entschiedener handeln. "Eine der Hauptaufgaben liegt darin, zu investieren und unsere Schulen und alle anderen Orte der Bildung fit zu machen und zu stärken bei entschiedenen Maßnahmen gegen radikales Gedankengut", sagte die Grünen-Politikerin und betonte: "Antisemitismus ist nicht angeboren. Es ist die Aufgabe von Politik und Gesellschaft, unsere Kinder vor Feindbildern, rechtsextremen Ideologien und Hass zu schützen."
Cemal Bozoglu, Sprecher der Grünen-Fraktion für Strategien gegen Rechtsextremismus, mahnte: "Jede antisemitische Straf- und Gewalttat ist eine zu viel." Er forderte darüber hinaus auch eine Reform bei der Erfassung und Dokumentation antisemitischer Vorfälle und Straftaten, "um das wahre Ausmaß des Problems besser abzubilden". Was zivilgesellschaftliche Stellen bereits leisteten, müssten auch die staatlichen Sicherheitsbehörden vorlegen: "ein detailliertes Lagebild für Bayern. Die verschiedenen Formen und ideologischen Motivationen von Antisemitismus müssen angemessen erfasst werden."
Der Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus Bayern (RIAS Bayern) sind laut Innenministerium im Jahr 2022 sogar 423 antisemitische Vorfälle bekannt geworden. Davon seien 225 antisemitische Vorfälle als nicht strafrechtlich relevant im Rahmen der bestehenden Gesetzgebung eingestuft worden.
(dpa)